Schöne Scheine
Feldwebel Angua hielt einen quietschenden Gummiknochen in der Hand, den sie gelegentlich geistesabwesend quietschen ließ. Die Lage schien sich gebessert zu haben, aber merkwürdig zu bleiben.
Sie tauschten Nettigkeiten aus, die gar nicht besonders nett waren, wenn er Nobby Nobbs und dem Anwalt, der nach Balsamieröl roch, so nahe war, doch als sie damit fertig waren, sagte Herr Schräg: »Ich glaube, du warst gestern zu Besuch bei Frau Tüppi Üppig, Herr Lipwig.«
»Oh ja. Äh, als sie noch lebte«, sagte Feucht und verfluchte sich selbst und den unbekannten Schreiber des Briefes. Er war dabei, es zu verpatzen, daran gab es keinen Zweifel.
»Wir ermitteln nicht in einem Mordfall, Herr«, sagte Feldwebel Angua ruhig.
»Bist du dir sicher? In Anbetracht der Umstände ...«
»Es ist unsere Aufgabe, ganz sicher zu gehen, Herr«, sagte Angua, »in Anbetracht der Umstände.«
»Also glaubt ihr nicht, dass es die Familie war?«
»Nein, Herr. Und du warst es auch nicht.«
»Ich?« Feucht reagierte mit angemessen erstaunt aufgerissenem Mund.
»Es war bekannt, dass Frau Üppig sehr krank war«, sagte Herr Schräg. »Und wie es scheint, war sie sehr von dir angetan, Herr Lipwig. Sie hat dir ihren kleinen Hund vermacht, Herrn Quengler.«
»Und dazu eine Tasche mit Spielzeug, Teppichen, Karojäckchen, Stiefelchen, acht Halsbändern, einschließlich eines mit Diamanten besetzten, und, ach, eine riesige Menge anderes Zeug«, sagte Feldwebel Angua. Wieder quietschte sie mit dem Gummiknochen.
Feucht schloss den Mund. »Den Hund«, sagte er mit tonloser Stimme. »Nur den Hund? Und sein Spielzeug?«
»Hast du mehr erwartet?«, fragte Angua.
»Ich hatte nicht einmal das erwartet!« Feucht blickte auf den Korb. Er war verdächtig still.
»Ich habe ihm eine von seinen kleinen blauen Pillen gegeben«, erklärte Nobby Nobbs. »Sie lassen ihn eine Weile schlafen. Funktioniert allerdings nicht bei Menschen. Sie schmecken nach Anis.«
»All das ist doch ein bisschen ... seltsam, nicht wahr?«, sagte Feucht. »Warum ist die Wache hier? Wieso das Diamanthalsband? Jedenfalls hätte ich gedacht, dass der letzte Wille erst nach der Beerdigung verlesen wird ...«
Herr Schräg hustete. Dabei flog eine Motte aus seinem Mund. »Grundsätzlich ja. Aber da ich den Inhalt ihres Testaments kenne, hielt ich es für umsichtig, zur Königlichen Bank zu eilen und unverzüglich die wichtigsten ...«
Es folgte eine sehr lange Pause. Für einen Untoten ist das ganze Leben eine einzige Pause, aber offenbar brauchte er so lange, um nach dem richtigen Wort zu suchen.
»... problematischen Nachlassangelegenheiten zu regeln«, vervollständigte er den Satz.
»Ja, ich kann mir vorstellen, dass das Hündchen gefüttert werden muss«, sagte Feucht, »aber ich hätte nicht gedacht, dass ...«
»Das ... Problem, wenn man es so bezeichnen möchte, ist in diesem Fall der Papierkram«, sagte Herr Schräg und zog eine dünne braune Brieftasche aus der Jacke hervor.
»Ein falscher Stammbaum?«, fragte Feucht.
»Es geht nicht um seinen Stammbaum«, sagte Herr Schräg. »Dir ist vielleicht bekannt, dass der verstorbene Sir Joshua Herrn Quengler einen Anteil an der Bank in Höhe von einem Prozent vermacht hat.«
Ein kalter, schwarzer Wind wehte plötzlich durch Feuchts Hirn.
»Ja«, sagte er. »Das ist mir bekannt.«
Die verstorbene Frau Üppig hat ihm weitere fünfzig Prozent vermacht. Nach den Richtlinien der Bank bedeutet das, dass er der neue Direktor ist, Herr Lipwig. Und er gehört jetzt dir.«
Moment mal, ein Tier kann doch nicht der Besitzer ...«
»Aber sicher, Herr Lipwig, aber sicher!«, sagte Schräg mit der Schadenfreude, die nur Anwälte an den Tag legen können. »Es gibt eine große Anzahl von Präzedenzfällen. Es gab sogar schon einen Esel, der zum Priester geweiht, und eine Schildkröte, der das Richteramt übertragen wurde. Offenbar sind die etwas schwierigeren Branchen nicht so stark vertreten. Bislang war zum Beispiel noch kein Pferd im Beruf des Zimmermanns tätig. Aber ein Hund in leitender Position ist durchaus nichts Ungewöhnliches.«
»Das ist doch völlig absurd! Sie hat mich kaum gekannt!« Doch eine Stimme in seinem Hinterkopf rief: Oh, doch, das hat sie! Sie hat dich mit einem einzigen Blick durchschaut!
Das Testament wurde mir gestern Abend diktiert, Herr Lipwig, in Anwesenheit zweier Zeugen und des Arztes von Frau Üppig, der ihr zwar keine körperliche, aber völlige geistige Gesundheit attestierte.« Herr
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