Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
sein wollte.
    Trotzdem gar kein schlechter Anfang für seinen ersten Tag. Darauf konnte er aufbauen.
    Es fing an zu regnen, nicht sehr stark, sondern so fein, dass man  fast  auf einen Schirm verzichten konnte. Keine Droschke machte sich die Mühe, auf der Zehntes-Ei-Straße nach Kundschaft Ausschau zu halten, aber in der Verlierenden Straße stand eine am Bordstein. Das Pferd hing schlaff im Geschirr, der Kutscher hatte sich in seinen Mantel verkrochen, die Lampen flackerten in der Abenddämmerung. Da der Regen ins tropfnasse Stadium überging, war das Ganze für nasse Füße ein willkommener Anblick.
    Er hastete hinüber, stieg hinein, und eine Stimme im Zwielicht sagte: »Guten Abend, Herr Lipwig. Es freut mich sehr, dich endlich kennen zu lernen. Ich bin Pucci. Ich bin überzeugt, dass wir gute Freunde werden ...« »Seht ihr, das war gut«, sagte Feldwebel Colon von der Wache, während die Gestalt von Feucht von Lipwig hinter der Ecke verschwand, wo sie immer noch an Tempo zulegte. »Er ist genau durchs Kutschenfenster gesprungen, ohne den Rahmen zu berühren, landete dann auf dem Kerl, der sich anschleichen wollte, wobei er sich vorbildlich abgerollt hat, und die ganze Zeit hat er den kleinen Hund im Arm gehalten. So was hat er bestimmt schon mal gemacht. Nichtsdestotrotz sehe ich mich genötigt, ihn alles in allem als Trottel zu betrachten.«
    »Die erste Droschke«, sagte Korporal Nobbs kopfschüttelnd. »Mann, o Mann. Von einem Kerl wie ihm hätte ich so etwas nicht erwartet.«
    »Meine Rede«, sagte Colon. »Wenn du weißt, dass du allenthalben Feinde hast, steig niemals in die erste Droschke. Ganz einfache Lebensweisheit. Selbst Wesen, die unter Steinen leben, wissen das.«
    Sie beobachteten den Typen, der sich eben noch an Lipwig angeschlichen hatte, wie er betrübt die Überreste seines Ikonografen einsammelte, während Pucci ihn aus der Kutsche anbrüllte.
    »Als die erste Droschke gebaut wurde, hat es bestimmt niemand gewagt, sie zu besteigen, wie?«, sagte Nobby fröhlich zu Colon. »Ich wette, der erste Droschkenkutscher ging jeden Abend hungrig nach Hause, weil alle Bescheid wussten, richtig?«
    »Oh nein, Nobby. Leute, die nicht allenthalben Feinde haben, hätten damit keine Probleme. Jetzt lass uns gehen und Bericht erstatten.«
    »Was bedeutet allenthalben überhaupt?«, fragte Nobby, während sie dem Wachhaus in der Kröselstraße und der sicheren Aussicht auf eine heiße Tasse Tee entgegenliefen.
    »Es bedeutet allerorten, allerseits, Nobby. Überall, wohin du deine Nase richtest. Vor allem deine.«
    »Auf jeden Fall ist sie allerhand, diese Pucci Üppig.«
    »Vor allem, wenn man diese Familie zum Feind hat«, fand Colon. »Wie stehen die Chancen?«
    »Chancen?«, fragte Nobby unschuldig.
    »Du wettest doch, Nobby. Du hast immer eine Wette laufen.«
    »Ich finde aber keine Mitspieler, Feldwebel. Es steht doch schon fest, wie die Sache ausgeht«, sagte Nobby.
    »Ach so. Vernünftig. Spätestens am Sonntag wird Lipwig unter der Erde sein?«
    »Nein, Feldwebel. Alle sind überzeugt, dass er gewinnen wird.«
    Feucht wachte in dem großen weichen Bett auf und unterdrückte einen Schrei.
    Pucci! Aaargh! Und in einem Zustand, den eher taktvolle Menschen als »leicht bekleidet« bezeichnen würden. Er hatte sich schon immer gefragt, was man sich genau darunter vorzustellen hatte, aber er hatte nicht erwartet, so viel davon auf einmal zu sehen. Selbst jetzt noch versuchten einige seiner Gedächtniszellen, vor Scham Selbstmord zu begehen.
    Aber er wäre nicht Feucht von Lipwig gewesen, wenn sich seine angeborene Unbekümmertheit nicht längst bemüht hätte, die Wunden heilen zu lassen. Immerhin war er entkommen. Oh ja. Es war schließlich nicht das erste Fenster gewesen, durch das er gesprungen war. Und Puccis Wutschrei war fast genauso laut gewesen wie das Krachen, mit dem der Ikonograf auf die Pflastersteine gefallen war. Das alte Spiel mit der Honigfalle. Ha! Aber es wurde wirklich Zeit, dass er etwas Illegales tat, um seinen Verstand wieder geradezubiegen. Noch vor einem Jahr hätte er niemals gleich die erste Droschke bestiegen, das war klar. Allerdings musste es schon ein merkwürdiger Richter sein, der glaubte, dass er Pucci Üppig attraktiv fand. Damit würde kein Ankläger vor Gericht durchkommen.
    Er stand auf, zog sich an und horchte hoffnungsvoll auf Lebenszeichen aus der Küche. Da sie ausblieben, kochte er sich selbst einen schwarzen Kaffee.
    Damit bewaffnet, machte er sich auf den Weg

Weitere Kostenlose Bücher