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Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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völlig in Ordnung war, wenn der Bankdirektor um Mitternacht in seine Bank wollte. Er ist immerhin unser Chef, nicht wahr? Liest du keine Zeitung? Siehst du nicht den goldenen Anzug? Außerdem hat er einen Schlüssel! Und warum sollte es ein Problem sein, wenn er einen großen, vollgestopften Beutel dabeihat? Immerhin kommt er damit herein, richtig? Wenn er damit hinausgehen würde, wäre das vielleicht etwas anderes - ha ha, nur ein kleiner Scherz, Herr, Entschuldigung, war nicht böse gemeint, Herr ...
     
    Es war erstaunlich, was man alles tun kann, wenn man nur die Nerven hat, es zu probieren, dachte Feucht, als er den Männern eine gute Nacht wünschte. Zum Beispiel hatte er so eifrig mit dem Schlüssel im Schloss herumhantiert, weil es ein Schlüssel vom Postamt war. Für die Bank hatte er noch gar keinen.
     
    Selbst die Rüstung in den Spind zurückzulegen war kein Problem. Die Wachen gingen ihre festen Runden, und das Gebäude war groß und nicht sehr gut beleuchtet. Der Umkleideraum war leer und wurde mehrere Stunden am Stück nicht bewacht.
     
    In seiner neuen Suite brannte noch eine Lampe. Herr Quengler schnarchte auf dem Rücken liegend mitten in seinem Ablagekorb. Eine Nachtlampe brannte neben der Schlafzimmertür. Eigentlich waren es sogar zwei Lichter, und zwar die roten, glühenden Augen von Gladys.
     
    »Möchtest Du, Dass Ich Dir Ein Sandwich Mache, Herr Lipwig?«
     
    »Nein, vielen Dank, Gladys.«
     
    »Es Wäre Kein Problem. Im Kühlraum Sind Noch Nieren.«
     
    »Vielen Dank, aber wirklich nicht, Gladys. Ich habe überhaupt keinen Hunger«, sagte Feucht und schloss vorsichtig die Tür.
     
    Er legte sich aufs Bett. Hier oben schien es, als wäre es im Gebäude völlig still. Er hatte sich an sein Bett im Postamt gewöhnt, in dem immer Geräusche aus dem Hof zu hören waren.
     
    Aber es war nicht die Stille, die ihn wachhielt. Er starrte zur Decke hinauf und dachte: Zu blöd, wirklich zu blöd! In einigen Stunden wurden die Wärter im Kittchen abgelöst. Sie würden sich nicht allzu sehr darüber wundern, dass Eulrich fehlte, bis der Henker auftauchte. Dann würde eine gewisse Hektik ausbrechen, während man entschied, wer zum Palast ging, um sich zu erkundigen, ob vielleicht die Möglichkeit bestand, noch heute Vormittag den Gefangenen zu hängen.
     
    Der Mann wäre längst über alle Berge, und nicht einmal ein Werwolf würde ihn in einer nassen und windigen Nacht wie dieser verfolgen können. Feucht konnte man nichts anhängen, aber im kalten feuchten Licht der tiefen Nacht um zwei Uhr Früh konnte er sich vorstellen, wie der verdammte Kommandeur Mumm über die Sache nachgrübelte und sie in seinem Dickkopf hin und her wälzte.
     
    Feucht blinzelte. Wohin würde der kleine Mann flüchten? Nach den Angaben der Wache gehörte er keiner Bande an. Er hatte einfach nur seine eigenen Briefmarken gemacht. Wer würde die Mühe auf sich nehmen, Briefmarken im Wert von einem halben Cent zu fälschen?
     
    Wer wäre zu so etwas imstande ... ?
     
    Feucht setzte sich auf. War es wirklich so einfach?
     
    Nun, es konnte durchaus sein. Eulrich war verrückt genug, auf seine leicht verwirrte Art. Er hatte den Blick eines Menschen, der es schon vor langer Zeit aufgegeben hatte, die Welt außerhalb seiner Staffelei verstehen zu wollen, eines Menschen, für den es keine offenkundige Verbindung zwischen Ursache und Wirkung gab. Wo würde sich ein solcher Mann verstecken?
     
    Feucht entzündete die Lampe und ging zum Wrack seines Kleiderschranks hinüber. Wieder entschied er sich für den schäbigen grauen Anzug. Für ihn war er mit sentimentalen Erinnerungen verknüpft; schließlich hatte man ihn darin gehängt. Und es war ein unauffälliger Anzug für einen unauffälligen Mann, wobei noch ein weiterer Vorteil hinzukam, dass er nämlich - im Gegensatz zu Schwarz - auch im Dunkeln nicht auffiel. Außerdem dachte Feucht weiter und ging in die Küche, um ein paar Staubtücher aus einem Schrank zu stehlen.
     
    Der Korridor war recht gut durch die Lampen ausgeleuchtet, die alle paar Meter angebracht waren. Aber Lampen erzeugten auch Schatten, und in einem solchen, neben einer riesigen Vase aus der Ping-Dynastie von Hunghung, war Feucht nur noch etwas Graues im Grau.
     
    Ein Wachmann ging mit heimtückisch leisen Schritten auf dem weichen Teppich vorbei. Als er sich entfernt hatte, eilte Feucht die Marmortreppe hinunter und verkroch sich hinter einer Topfpalme, die jemand dort aufzustellen für nötig

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