Schöne Scheine
Schließlich setzten sie doch nur in die Tat um, woran viele Priester angeblich glaubten: dass der Körper lediglich ein recht schwerer Anzug aus billigem Stoff war, der als Bekleidung für die unsichtbare, unvergängliche Seele diente, und deshalb konnte es doch nicht schlimm sein, einzelne Stücke wie Ersatzteile auszutauschen, jedenfalls nicht schlimmer, als ein Geschäft für gebrauchte Kleidung zu führen. Für die Igors war es immer wieder erstaunlich und verletzend, dass die Leute nicht erkannten, wie vernünftig und vorausschauend so etwas war, zumindest bis zu dem Moment, wenn ihnen mal die Axt ausrutschte und sie jemanden brauchten, der ihnen ganz schnell eine Hand reichte. In solchen Momenten war sogar ein Igor attraktiv.
Ansonsten waren Igors meist bloß ... nützlich. Mit ihrer Unempfindlichkeit gegen Schmerz, ihren wunderbaren Mitteln zur Wundheilung und der faszinierenden Fähigkeit, sich selbst mit Hilfe eines Handspiegels zu operieren, waren sie sehr wohl etwas anderes als ein untersetzter Butler, den man einen Monat lang im Regen hatte stehen lassen. Igorinas sahen ausnahmslos hinreißend aus, aber es gab unvermeidlich das eine oder andere Detail — eine hübsch geschwungene Narbe unter einem Auge, einen dekorativen Ring aus genähten Stichen rund um das Handgelenk -, das sie unverwechselbar machte. Das konnte irritierend sein, aber ein Igor hatte sein Herz immer am rechten Fleck. Oder zumindest ein Herz.
»Äh, nun ja ... gut gemacht, Igor«, stieß Feucht mit Mühe hervor. »Bist du also bereit, es jetzt mit der Dollarnote zu probieren, Herr ... äh ... Klemme?«
Das Lächeln von Herrn Klemme war wie Sonnenstrahlen. »Schon fertig!«, verkündete er. »Hab sie heute Früh gezeichnet!«
»Unmöglich!«
»Aber sicher! Komm her und sieh selbst!« Der kleine Mann ging zu einem Tisch hinüber und nahm ein Blatt Papier in die Hand.
Die Banknote schimmerte in Purpur und Gold. Sie verstrahlte geradezu Geld. Es schien wie ein kleiner Zauberteppich über dem Papier zu schweben. Es raunte von Reichtum und Geheimnis und Tradition ...
»Wir werden haufenweise Geld machen!«, sagte Feucht. Und zwar schnellstens, fügte er in Gedanken hinzu. Wir müssen mindestens 600 000 davon drucken, sofern ich keine größeren Einheiten einführen kann.
Aber da war sie, so schön, dass man hätte weinen können, dass man möglichst viele davon haben und sich in die Brieftasche stecken wollte.
»Wie hast du das so schnell geschafft?«
»Also, ein Großteil ist einfach nur Geometrie«, sagte Herr Klemme. »Herr Igor war so freundlich, mir ein kleines Gerät zu bauen, das mir sehr geholfen hat. Natürlich ist der Entwurf noch nicht fertig, und mit der Rückseite habe ich noch gar nicht angefangen. Ich glaube, das werde ich jetzt machen, solange ich noch frisch bin.«
»Du meinst, du kannst es noch besser machen?«, sagte Feucht voller Ehrfurcht in Gegenwart eines Genies.
»Ich fühle mich so energiegeladen!«, sagte Klemme.
»Das dürfte am elektrischen Fluidum liegen, würde ich meinen«, sagte Feucht.
»Nein, ich meine, dass ich ganz deutlich sehe, was noch getan werden muss! Vorher war alles nur eine schreckliche Last, die ich stemmen musste, aber nun ist alles klar und leicht!«
»Es freut mich, das zu hören«, sagte Feucht, obwohl er sich nicht ganz sicher war, ob das stimmte. »Entschuldige mich bitte, ich muss jetzt meine Bank führen.«
Er eilte unter den Bögen hindurch und betrat den Hauptsaal durch die unauffällige Tür gerade rechtzeitig, um beinahe mit Beuge zusammenzustoßen.
»Ach, Herr Lipwig, ich hatte mich schon gefragt, wo du bist ...«
»Geht es um etwas Wichtiges, Herr Beuge?«
Der Hauptkassierer wirkte beleidigt - als würde er Feucht jemals mit Dingen belästigen, die nicht wichtig waren.
»Vor dem Münzamt stehen viele Männer«, sagte er. »Mit Trollen und Karren. Sie behaupten, du hättest den Auftrag gegeben« - Beuge erschauderte - »dort eine Druckmaschine aufzubauen!«
»Richtig«, sagte Feucht. »Sie sind von Wimmler und Rolle. Wir müssen das Geld hier drucken. Das sieht offizieller aus, und wir können kontrollieren, was durch die Türen nach draußen geht.«
»Herr Lipwig! Du verwandelst diese Bank in einen ... einen Zirkus!«
»Tja, ich bin der Mann mit dem Zylinder, Herr Beuge, also bin ich wohl der Zirkusdirektor!« Er sagte es lachend, um für etwas bessere Laune zu sorgen,
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