Schoener Schlaf
sich ein. »Das macht die Sache ja so spannend.«
Die Pressekonferenz war blendend gelaufen, so die einhellige Meinung.
Kapitel 21
Der Kaffee war durchgelaufen. Als er die Butter auf dem Knäckebrot verteilte, zitterten ihm die Hände. Wenn ich weiter so saufe, dachte Kant grimmig, habe ich bald keine Probleme mehr.
Der Abend gestern war hart und promillereich gewesen und er hatte im Büro übernachtet.
Seine Laune war mies. Die Ermittlungen wiesen keine Erfolge auf, der Polizeipräsident wurde nervös und die Nachfragen der Medien bei der Pressestelle nahmen zu und wurden immer ungeduldiger.
Er schlug die Tageszeitung auf. Im Kulturteil wurden die Kunsthalle und die Freilegung eines Bildes gefeiert.
Auf dem dazugehörigen Foto posierte eine blonde Frau mit einem Gemälde in der Hand â eingerahmt von zwei älteren Männern, einem jüngeren â und Anna Stern.
Kant starrte auf das Blatt. Er fegte die Brotkrümel vom Papier und las den Text unter dem Foto:
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Sensation in der Kunsthalle: Dr.  Rebecca Leist (Mitte), stellvertretende Direktorin, und Direktor Dr.  Manfred Sucher (ganz rechts) präsentieren das geheimnisvolle Werk, das in kleinen Schritten freigelegt werden soll. Mit auf dem Foto: Chefrestaurator Heinz-Werner Meyer (zweiter von rechts), Angelo Salieri und Anna Stern, beide Mitarbeiter der Kunsthalle.
Kant las den Bericht zu Ende. Sommerberg wollte also anonym bleiben und nicht als Eigentümer der zwanzig Bilder in Erscheinung treten.
Das Telefon klingelte.
»Ich brauche Ihre Hilfe, Herr Hauptkommissar«, sagte Anna Stern.
Eine Viertelstunde später saà sie in seinem Büro. Er hatte die Dusche im Umkleideraum des Präsidiums benutzt, ein frisches Hemd aus seinem Spind geholt und sich rasiert.
Anna war blass und wirkte übernächtigt. Sie war ungeschminkt und hatte die Haare zu einem Zopf geflochten. Ohne Make-up sah sie jünger aus.
»Ich habe gerade einen Artikel über die Ausstellung der Bilder Ihres Onkels gelesen und das Foto gesehen, auf dem Sie abgebildet sind«, begann er mit dem Small Talk. »Das wird ja eine ganz groÃe Sache. Haben Sie viel Arbeit damit?«
»Ja, aber das macht mir sehr viel Freude«, entgegnete sie. »Am besten komme ich gleich zur Sache.«
Sie berichtete von den Rosen, der toten Maus und dem Wohnmobil direkt vor der Haustür.
»Sie scheinen einen heimlichen Verehrer zu haben«, stellte er fest. »Aber Sie fühlen sich bedroht, richtig?«
»Ja. Ich war sogar schon auf der Polizeiwache und habe dem Polizisten mein Problem geschildert. Er hielt es für einen Dummejungenstreich. Aber heute Nacht hat mein Telefon mehrfach geklingelt und niemand war dran. So langsam bringt mich die Geschichte um den Schlaf. Das kommt mir alles so krank vor.« Sie reichte ihm einen Zettel. »Das ist die Autonummer von dem Wohnmobil.«
Kant rief die Zulassungsstelle an.
»Eine Wohnmobilvermietung«, erklärte er nach einem kurzen Gespräch. »Ich werde mich später nach dem Mieter erkundigen. Diese Firmen geben am Telefon keine Auskunft wegen des Datenschutzes. Denen muss ich schon meine Polizeimarke zeigen.«
»Vielen Dank«, lächelte Anna. »Und ich dachte, mein Leben ändert sich zum Positiven, weil Onkel Hans wieder da ist.«
»Sonst ist aber doch alles positiv, oder? Wenn Ihr Onkel die Gemälde verkauft, hat er sehr viel Geld. Mehr Geld, als er für die Begleichung seiner Schulden braucht.«
Anna schrieb ihre Handynummer auf einen Zettel und reichte ihn Kant. »Bitte rufen Sie mich an, wenn Sie etwas wissen. Und noch mal danke, dass Sie sich darum kümmern.«
Er sah ihr nach. Die Mischung von Stärke und Angst, die sie ausstrahlte, verwirrte ihn jedes Mal, wenn er sie sah.
*
Der groÃe Augenblick war gekommen: Das Ammenbild durfte zum ersten Mal von Besuchern gesehen und bestaunt werden. Meyer zwei hatte eine weitere Ecke von Firnis und Ãbermalungen befreit. Eine helle Fläche, vermutlich eine Wand, war darunter aufgetaucht. Sie hatte einen zarten Blauton, der Maler hatte Bleiweià mit Azurit verwandt.
Sucher hatte das Gemälde in einem Glaskasten unterbringen lassen, in dessen Innerem ein angemessenes Klima herrschte. Das Bild sollte so gut wie möglich geschont werden. Ein Thermostat hielt die Temperatur konstant auf 20 Grad, ein Thermohygrograf sorgte dafür, dass die Luftfeuchtigkeit zwischen 45
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