Schoener Schlaf
dem 17.  Jahrhundert für eine Ausstellung zur Verfügung gestellt zu bekommen. Das Besondere an dieser Ausstellung ist, dass diese Bilder noch nirgends gezeigt wurden und auch in der Literatur fast unbekannt sind. In der Pressemappe finden Sie Fotos der Werke.«
»Wo haben Sie die Bilder her?«, fragte ein Journalist.
»Sie sind in Privatbesitz. Der Eigentümer will allerdings unerkannt bleiben. Das sollten wir akzeptieren«, antwortete Leist.
»Haben Sie überprüft, ob die Werke gestohlen wurden?«, wollte ein anderer Journalist wissen. »Vielleicht stammen sie ja aus dem Nachlass der Witwe Kujau.«
Gelächter machte sich breit.
»Kujau? Auf dieses Niveau möchte ich die Pressekonferenz eigentlich nicht absinken lassen«, meinte Leist mit Schärfe in der Stimme. »Aber zu Ihrer Frage: Die Bilder sind weder gefälscht noch gestohlen. In etwa einem Monat werden wir die Werke einem breiten Publikum präsentieren â bis dahin ist die Provenienz lückenlos dokumentiert, die Bilder werden untersucht und â wenn nötig â auch restauriert sein.«
Leist hielt inne.
»In der Einladung ist von einer Sensation die Rede«, sagte Reporter Kay Schaumkuss. »Worauf spielen Sie an, Frau Dr.  Leist?«
»Mit einem Bild der Sammlung stimmt etwas nicht. Eine erste Analyse hat etwas sehr Interessantes zutage gefördert. Was es ist, wird Ihnen Herr Meyer erläutern. Er ist unser Chefrestaurator. Bitte, Herr Kollege.«
Leist winkte Meyer zwei zur Staffelei, auf der das Ammenbild wartete â eingehüllt in ein weiÃes Tuch.
»Bitte weder Filmlampen noch Blitzlichter«, mahnte Leist. »Wir stellen Fotomaterial zum Download bereit.«
»Wir wollen Herrn Meyer während seines Vortrags filmen«, erklärte ein TV-Reporter.
»Ich auch«, kam es von einem Fotografen. »Das Gemälde schneide ich später ab. Versprochen.«
Gelächter. Prompt flammten Blitzlichter auf, Kameraleuchten gingen an und Rekorder wurden eingeschaltet.
»Zuerst einmal kann ich Ihnen versichern, dass alle zwanzig Gemälde aus dem 17.  Jahrhundert stammen«, sagte Meyer. »Kein Kujau oder sonst wer. Das hat die von mir durchgeführte Analyse von Bildträgern und Farben zweifelsfrei ergeben. Und das betrifft alle Werke. Ein Bild ist mir allerdings schon bei der ersten Infrarotanalyse besonders ins Auge gefallen, weil es starke Ãbermalungen aufweist. Und um dieses Bild geht es hier heute vor allem.«
»Können Sie das weiÃe Tuch nicht mal wegnehmen?«, fragte ein Fotograf.
»Kein Blitzlicht und keine Filmlampen. Wir haben eine spezielle Glasscheibe vor das Bild montiert. Wer blitzt oder filmt, erhält eine Aufnahme von gespiegeltem Blitzlicht. Polfilter nützen Ihnen auch nichts. Sie wissen ja, wo Sie die Bilder finden. Halten Sie sich also bitte zurück.«
Leist zog das weiÃe Tuch ab. Das Ammenbild präsentierte sich noch fast ursprünglich: Lediglich in der oberen rechten Bildhälfte fehlte Firnis und es war Farbe abgetragen worden.
»Von diesem Bild erwarten wir die Sensation. Es wird der Werkstatt des Delfter Malers Cornelis de Man zugeschrieben â unter dieser Hausnummer hat es der Besitzer jedenfalls erworben«, referierte Rebecca Leist. »Es zeigt eine typische Interieurszene: zwei Ammen, eine Frau, einen Mann und zwei Babys in einer bürgerlichen Wohnstube. Stilles familiäres Glück. Der gekachelte Kamin fehlt genauso wenig wie der Blick in den Hof des Wohnhauses.«
Leist deutete auf die beschriebenen Details, die Objektive der Kameras hielten jede ihrer Bewegungen fest.
»Dieses Bild verbirgt etwas«, übernahm Meyer zwei das Wort. »Der Besitzer hat uns die Erlaubnis gegeben, dieser Frage auf den Grund zu gehen. Die Komplettübermalung stammt aus dem 17.  Jahrhundert, was in der Kunstgeschichte sehr selten ist.«
»Wir geben der Ãffentlichkeit die Möglichkeit, bei der Freilegung des ursprünglichen Werkes dabei zu sein. Jedes Wochenende werden wir das Bild in dieser Halle ausstellen. Natürlich streng bewacht. In einem Flyer, der ausliegt, werden die einzelnen Schritte der Restauration und Enthüllung ausführlich beschrieben. Gibt es noch Fragen?«
»Ja, hier«, meldete sich Kay Schaumkuss.
»Bitte, Herr Schaumkuss.«
»Wer hat das übermalte Bild gemalt?«
»Das wissen wir nicht«, schaltete Sucher
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