Schoener Schlaf
darüber geredet. Hat dieser Fabry etwas damit zu tun?«
»Ich kann es nicht ausschlieÃen«, antwortete er. »Seien Sie vorsichtig und rufen Sie mich an, wenn etwas Ungewöhnliches passiert.«
»Habe ich doch, aber Sie helfen mir ja nicht.«
»Es ist nicht strafbar, ein Wohnmobil zu parken und Frauen, die man verehrt, Rosen zu schenken. Aber ich werde Herrn Fabry noch mal einen Besuch abstatten, vielleicht zeigt ihm das seine Grenzen auf. Wäre Ihnen das recht, Frau Stern?«
Anna nickte. »Es tut mir übrigens leid, dass unser Abendessen damals so unerfreulich endete.«
»Mir auch«, sagte Kant verbindlich. »Vielleicht könnten wir ja einen neuen Versuch unternehmen?«
Sinnend schaute sie ihn an. Eine ganze Weile. Dann stand sie auf und nahm ihre Tasche. »Klingeln Sie bei mir.«
»Wann?«
»Wenn dir danach ist.«
Das Du haute ihn um.
Kapitel 22
Meyers Träume waren neuerdings gelb. Er hatte damit begonnen, den oberen linken Teil des Werkes von den Ãbermalungen zu befreien, und es erschien zunächst ein Fenster und dann das Gesicht einer Frau. Das Fenster war bleiverglast und es lieà Licht in den Raum, bestes Vermeer-Licht!
Meyer folgte der Richtung, die die Helligkeit in den dargestellten Raum nahm. Nach vorsichtigem Abtragen der verdeckenden Farbschichten legte er eine weiÃe Haube frei, dann eine Stirn und schlieÃlich das Gesicht der Frau. Der Kopfbedeckung nach war die Dargestellte eine Magd oder ein Küchenmädchen. Der Gesichtsausdruck erschien ein wenig einfältig, wie sie da so durchs Fenster ins Freie schaute. Der Kragen des Kleides war gelb. Es war der schönste Gelbton, der im 17.  Jahrhundert bekannt war: Bleizinngelb â oder Masticot oder Jaune de plomb étain, â es gab viele Namen für diese Farbe. Vermeer hatte dieses Gelb dem Neapelgelb, das damals populär war, vorgezogen.
Bleizinngelb war durch eine einfache mikrochemische Analyse nachzuweisen, denn es handelte sich um Zinnoxid, das mit Mennige kalziniert wurde.
Meyer kratzte winzige Spuren ab und machte den Versuch. Nach einiger Zeit sah er durch das Mikroskop und fand auf dem Objektträger die typischen fedrigen Kristalle.
Seine Freude wurde durch das Erscheinen von Dr.  Leist getrübt, die den Raum betrat, ohne zu klopfen.
»Na, Meyer, wie geht es voran?«, fragte sie forsch.
»Wie es angebracht ist«, antwortete er zugeknöpft und schaute weiter durchs Mikroskop.
»Ich habe mehrere Anfragen von Fachjournalisten, die Ihnen bei der Arbeit zusehen wollen«, berichtete sie. »Wann könnten die Herren denn mal vorbeikommen?«
»Gar nicht.«
»Wie bitte?« Leist traute ihren Ohren nicht.
Meyer zwei schaute Leist böse an. »Wer mir in meiner Werkstatt bei der Arbeit zusieht, das bestimme ganz allein ich. Und nur ich.«
Leist seufzte. Sie hatte geahnt, dass Meyer Schwierigkeiten machen würde. Nach dem Köder, selbst im Medieninteresse zu stehen, hatte er nicht geschnappt.
»Wenn Sie Zicken machen, Meyer«, sagte Leist scharf, »dann suchen wir uns einen anderen Restaurator. Sie sind ja nicht der Einzige, der ein bisschen Farbe von einem Bild abkratzen kann.«
»Versuchen Sie es doch.« Meyer blieb ruhig. »Ich bin der Chefrestaurator dieses Hauses, so steht es sogar in meinem Vertrag. Wenn Sie also jemand anderen mit den Arbeiten betrauen wollen, dann finden die nicht in diesem Hause statt und mit Sicherheit nicht in dieser Werkstatt.«
»Das werden wir ja sehen!« Leist konnte sich nicht länger zusammenreiÃen. »Ich bin es wirklich leid, mir von Ihnen Knüppel zwischen die Beine werfen zu lassen. Ich will diese angestaubte Kunsthalle international berühmt machen.«
Der Restaurator atmete durch. Eine solche Szene wie diese war längst überfällig. Jahrelang hatte er versucht, Frau Dr.  Schlau möglichst aus dem Weg zu gehen, aber heute war Schluss damit.
»Wenn Sie mir das Bild wegnehmen«, sagte Meyer mit heiligem Ernst, »werde ich mich mit Herrn Sommerberg in Verbindung setzen. Er scheint ein sehr vernünftiger Mann zu sein. Und ich werde die Presse informieren, dass ich einen Vermeer entdeckt habe. Was glauben Sie, was dann hier los ist?«
»Wollen Sie mir drohen, Meyer?«, zischte Leist.
»Nennen Sie es, wie Sie wollen.« Er wandte sich wieder dem Mikroskop zu. »Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe meine Arbeit
Weitere Kostenlose Bücher