Schoener Schlaf
Die letzten Einstellungen zeigten Fabrys wutverzerrtes Gesicht und die erhobene Axt. Dann wurde das Display schwarz.
Ups, dachte Schaumkuss, das war knapp. Er setzte sich hinter das Steuer seines Wagens, startete den Motor und flüchtete.
*
»Hast du das hier schon gelesen?« Akif Neumann warf seinem Kollegen die Zeitung zu.
Kay Schaumkuss hatte es mit seinem Artikel auf die erste Seite seiner Zeitung geschafft. Ist dieser Mann der Serienkiller? , titelte das Blatt. Darunter war das Foto von Fabry mit erhobenem Arm und der Axt zu sehen, das Gesicht wütend verzerrt. Der schwarze Streifen über den Augen war so schmal, dass der Mann ohne Weiteres zu erkennen war. Als Quelle der Aufnahme war Privat angegeben und selbstverständlich hatte die Redaktion Fabrys Namen geändert.
»Lachhaft«, konstatierte Weingarten. »Das Gesicht zeigen, aber den Namen verfälschen. Wo ist denn da bitte der Persönlichkeitsschutz?«
Neumann zuckte die Schultern. »So arbeiten die Schmierer nun mal.«
Jetzt trudelten auch Karlo Kant und Heidi Busch ein.
»Hier! Der Reporter pfuscht uns ins Handwerk«, begrüÃte Weingarten seinen Chef. »Und er macht es noch nicht mal schlecht. Wenn Fabry das liest, kriegt er die Krise.«
Kant las den Artikel quer. Schaumkuss hatte Belinda Storks Tod und ihren Besuch in Berghof bei Fabry in der Story miteinander verbunden und ihr einige Aussagen in den Mund gelegt, die sie natürlich weder bestätigen noch dementieren konnte, weil sie tot war.
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Hat der mutmaÃliche Serienmörder seine späteren Opfer über seine Tante kennengelernt? Fest steht, dass Belinda Stork den Mann fürchtete. Gegenüber unserer Zeitung hatte die Theaterfrau bestätigt, dass der Verdächtige auch mit dem ersten Opfer, Maja Schneider, Kontakt hatte. Es war leicht für den Mann, an schöne, junge Frauen heranzukommen, denn sie gingen bei seiner Tante ein und aus.
Kant gab die Zeitung zurück. Er hatte ein schlimmes Wochenende hinter sich. Nach dem Rausschmiss bei Anna hatte er eine halbe Flasche Wodka gekippt. »Schaumkuss hat eine blühende Fantasie. Aber vielleicht liegt er ja nicht mit allem so falsch. Zurück zu den Fakten. Was gibt es Neues?«
Akif Neumann war zu der Stelle am Fluss gefahren, an der Maja Schneiders Wagen im Wasser gefunden worden war. Hundertfünfzig Meter entfernt gab es eine Haltestelle.
»Hier könnte der Täter in den Bus gestiegen sein«, erläuterte Neumann und legte ein Foto auf den Tisch. »Ein Serienkiller, der öffentliche Verkehrsmittel benutzt. Ãkologisch sehr vorbildlich.«
Die Kollegen grinsten müde.
»Ich habe noch eine gute und eine schlechte Nachricht für euch«, fuhr Akif Neumann fort. »In den Bussen dieses Verkehrsbetriebes sind Kameras installiert. Jeder Fahrgast wird gefilmt. Das soll zu mehr Sicherheit und weniger Vandalismus führen. Die Qualität dieser Farbbilder ist verblüffend. Die Kamera hat einen Weitwinkel und erfasst den kompletten Innenraum.«
»Das war die gute Nachricht«, schlussfolgerte Kant. »Und die schlechte?«
»Die Aufzeichnungen werden nach achtundvierzig Stunden automatisch überschrieben«, antwortete Neumann. »Der Fahrer kann allerdings einen Knopf bedienen, wenn eine verdächtige oder gefährliche Situation entsteht. Dann entsteht eine Alarmaufzeichnung. Die Sequenz wird dann für eine spätere Auswertung von Polizei oder Staatsanwaltschaft gespeichert.«
»Wir müssen uns die Aufzeichnungen der letzten Wochen ansehen«, sagte Kant. »Vielleicht entdecken wir doch etwas. Das ist eine Aufgabe für dich, Heidi.«
Sie zog einen Flunsch. »Immer ich. Kann ich sonst noch was für euch tun?«
»Mach doch mal einen Vorschlag«, grinste Neumann.
»Kaffeekochen, eure Anzüge ausbürsten oder Schnittchen schmieren?«
*
Auch Fabry hatte die Zeitung gelesen, doch der Artikel lieà ihn kalt. Er lebte schlieÃlich in einem Rechtsstaat und da galt, dass man ihm schlüssig nachweisen musste, dass er irgendwelche Frauen getötet hatte. Den Reporter und die Zeitung würde er verklagen. Auch wenn sein Name nicht genannt worden war, war es schlieÃlich ein Leichtes, ihn zu erkennen.
Fabry ging ins Arbeitszimmer und öffnete die Geheimtür des Schreibsekretärs. Das Fotoalbum hatten die Polizisten bei der Durchsuchung nicht entdeckt, und selbst wenn sie es gefunden
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