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Schönes Chaos: Mein wundersames Leben (German Edition)

Schönes Chaos: Mein wundersames Leben (German Edition)

Titel: Schönes Chaos: Mein wundersames Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benoît B. Mandelbrot
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Für uns war es unvergesslich.
    Eine weitere, nicht gänzlich wissenschaftliche Auszeichnung war die Médaille de Vermeil der Stadt Paris, die im Rahmen einer großen Zeremonie vom Pariser Bürgermeister Jacques Chirac übergeben werden sollte. Doch 1995 befand Chirac sich im Wahlkampf um das Amt des französischen Präsidenten. Also wurden Verabredungen ständig verschoben, und am Ende wurde mir die Medaille von seinem Amtsnachfolger in einem der großen Säle des Hôtel de Ville überreicht.
    Eine spezielle Auszeichnung auf einem anderen Gebiet ist die Sierpinski-Medaille der Universität Warschau und der Polnischen Mathematischen Gesellschaft. Ich wurde 2005 ausgewählt und nahm die Auszeichnung in Warschau entgegen, womit ich mein Verhältnis zu Polen verspätet »abschloss«.
    Die letzte und angesehenste Auszeichnung war der japanische Preis für Wissenschaft und Technik der Komplexität, den ich 2003 erhielt.
    Er war mit einer vollen Woche verschiedener unterhaltsamer Ereignisse verknüpft, mit einem höchst belebenden Blick auf das kulturelle Japan. Ein lustiger Moment: Beim festlichen Diner anlässlich der Auszeichnung teilte man mir einen Dolmetscher zu, sodass ich mit der neben mir sitzenden Kaiserin von Japan sprechen konnte. Der Dolmetscher, der während des gesamten Essens hinter dem Tisch kniete, hatte einen sehr leichten Job. Wie sich herausstellte, sprachen sowohl Ihre Majestät als auch ich fließend englisch, und so führten wir ganz allein eine schöne Unterhaltung.

© Benoît B. Mandelbrot Archives

    Meine erinnerungswürdigste Auszeichnung war 1993 der Wolf-Preis für Physik, dessen Verleihung anscheinend durch die Konferenz in Saint-Paul de Vence über Fraktale in der Physik ausgelöst worden war. Der Preis ist mir aus zwei Gründen sehr wichtig. Erstens wurde er mir von Ezer Weizman überreicht – bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach seiner Wahl zum Präsidenten Israels. Zweitens erhielt ich ihn genau zu dem Zeitpunkt, als IBM, obwohl es über die Auszeichnung entzückt war, die reine Forschung zerschlug.
    Der Vollständigkeit halber muss ich noch berichten, dass dieser Preis meine Physikerkollegen in Yale, wo ich den Sterling-Lehrstuhl erhalten sollte, nicht beeindruckte. Sie nahmen keine Notiz davon.

Auszeichnungen führen häufig zu Rückschlägen
    Ein plötzlicher Erfolg ist fast immer problematisch. Der Erfolg von Die fraktale Geometrie der Natur vermochte es nicht, meine noch in den Kinderschuhen steckende Disziplin intellektuell, finanziell und organisatorisch zu stärken. Aber er reichte schon, dass sie zu einer potenziellen Bedrohung wurde. Der Physiker Hans Bethe war froh über einen (unfairen) Vorteil in seiner wissenschaftlichen Arbeit; in meinem Fall bestand der Vorteil in meinem scharfen Auge.
    Doch unlauterer Wettbewerb durch einen Außenseiter ist etwas, mit dem keine Gruppe sich rational auseinandersetzt. Für Die fraktale Geometrie der Natur wäre es die schlimmste Variante gewesen, wenn das Buch nicht bemerkt worden wäre. Die zweitschlechteste Möglichkeit wäre allgemeine Ablehnung gewesen. Und die dritte – es war die, die sich einstellte – war ein nicht ganz geheurer Spagat, mit dem zu leben ich erst lernen musste.
    Denn einerseits wurde ich damit zu einem weltweit renommierten Wissenschaftler, und das nicht durch Gefasel in den Medien. Offensichtlich weist mein Alleingang als Wissenschaftler Merkmale auf, die weithin attraktiv sind.
    Andererseits sah ich mich stets starker Feindseligkeit und Kritik gegenüber. Zu dem anhaltenden Strom begeisterter Besprechungen gesellten sich in der Tat der eine oder andere herabsetzende Kommentar und giftige Schmähungen.

Das Balzac-Bohr-Bialik-Syndrom: Zunge, Feder und Auge
    Es kann ein großer Aktivposten sein, gewandt schreiben zu können. Mozart war imstande, im Kopf eine ganze Oper zu komponieren und sie auswendig zu kennen, ehe er sich hinsetzte und sie niederschrieb. Ein entgegengesetzter Extremfall war der große Autor Honoré de Balzac. Unter Schriftsetzern war er berüchtigt für seine eigentümliche Vorwegnahme der Textverarbeitung im Rahmen des Bleisatzes. Nachdem er ein paar Seiten unverständlichen Gekritzels mit Korrekturen an allen möglichen Stellen geschrieben hatte, schickte er sie meist per Boten zum Drucker und erwartete, am nächsten Tag eine Druckfahne des am Vortag Geschriebenen zu erhalten. Diese versah er mit weiteren Korrekturen und Anmerkungen am Rand, wobei er fast nichts unangetastet ließ,

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