Schönes Leben noch! (German Edition)
wieder in der Stadt ist.“ Pam war in der Schule zwei Stufen über Jill gewesen und hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie für eine großartige Zukunft vorgesehen wäre, in der Los Lobos nicht vorkäme.
„Sie war nie weg.“ Tina ging langsam zur Tür. „Ich bin vorne, falls Sie mich brauchen.“
Jill sah sich im Büro um. Es war, als stünde sie inmitten eines Aquariums für verstorbene Fische.
„Hat Mr Dixon die alle selbst gefangen?“, fragte sie.
Tina nickte.
„Vielleicht möchte Mrs Dixon sie ja haben. Als Erinnerung an ihren verschiedenen Ehemann.“
„Das glaube ich nicht.“ Tina wich noch etwas mehr zurück. „Sie hat mir mal gesagt, dass sie sie gerne hier im Büro weiß. Gewissermaßen als Tribut.“
„Verstehe.“
Zwar wollte Jill keinesfalls auf der antiquierten Menagerie sitzen bleiben. Aber sie konnte es der Witwe auch nicht verübeln, dass sie die Fische nicht zu Hause haben wollte.
„Danke, Tina. Um wie viel Uhr kommt Mr Harrison?“
„Gegen halb zwölf. Ich muss heute Mittag weg und Jimmyzum Kieferorthopäden bringen.“
Warum war Jill nicht überrascht? „Natürlich. Kommen Sie danach wieder?“
Tina ließ die Schultern hängen. „Wenn Sie darauf bestehen.“
Jill betrachtete die Fische, die Paneelen, das Netz und die verblichenen Seesterne. „Ich bin mir sicher, dass wir auch ohne Sie klarkommen.“
Jill brauchte nicht mal zwei Stunden, um sich auf den aktuellen Stand von Mr Dixons laufenden Fällen zu bringen. Sie kontaktierte die Mandanten, bot ihre Dienstleistung an und war darauf vorbereitet, sie – falls erwünscht – an andere Anwälte weiterzuempfehlen.
Kein Einziger wünschte es. Alle machten einen Termin mit ihr, was höchst erfreulich gewesen wäre, wenn auch nur irgendjemand das kleinste Interesse an seinem juristischen Anliegen gezeigt hätte. Mrs Paulson brachte es auf den Punkt.
„Das olle Testament“, hatte die ältere Dame mit einem Lachen gesagt. „Das nehme ich nicht so ernst. Ich meine, schließlich werde ich dann tot sein. Was kümmert mich das Ganze dann noch? Aber natürlich, Schätzchen, wenn es Sie glücklich macht, halte ich meinen Termin ein.“
Statt der Frau zu erklären, dass nur weniges an der ganzen Situation sie glücklich machte, setzte sie im Terminbuch ein Häkchen neben Zeit und Datum und sagte Mrs Paulson, dass sie sich darauf freue, sie kennenzulernen.
„Ihr Daddy war ein feiner Mensch“, meinte die ältere Frau. „Und ein guter Richter. Ich bin mir sicher, dass Sie uns alle genauso stolz machen werden wie er.“
„Danke“, erwiderte Jill und legte auf. Da ihr Vater sie zu ihrem Aufenthalt in diesem Kaff überredet hatte, rangierte er auf ihrer Beliebtheitsskala momentan nicht besonders weit oben.
Nachdem alle Termine bestätigt waren, zog Jill eine Diskette aus ihrer Aktentasche und schob sie in den Computer. WenigeTastenanschläge später öffnete sie ihren Lebenslauf und begann, den Inhalt zu aktualisieren.
Mr Harrison traf pünktlich um halb zwölf ein. Tina machte sich nicht die Mühe anzuklopfen – sie öffnete einfach die Tür und führte ihn hinein.
Jill stand auf, um ihn zu begrüßen. In dem Terminbuch hatte es keinerlei Hinweis auf sein Anliegen gegeben, aber sie ging fest davon aus, dass sie damit auch unvorbereitet klarkäme.
„Ich bin Jill Strathern“, sagte sie, während sie um ihren Schreibtisch herumging und ihm die Hand hinhielt. „Schön, Sie kennenzulernen.“
„Ganz meinerseits“, erwiderte der ältere Herr.
Mr Harrison war einer dieser dünnen älteren Männer, die mit zunehmendem Alter zu schrumpfen schienen. Seine Haare waren weiß und voll, genau wie seine Augenbrauen. Falten übersäten sein Gesicht, aber seine blauen Augen schauten klar und scharf in die Welt, und er hatte einen festen Händedruck.
Nachdem er auf dem Lederstuhl vor ihrem Schreibtisch gleich rechts neben dem Fischernetz Platz genommen hatte, ging Jill zu ihrem Stuhl zurück und lächelte.
„Ich habe in Mr Dixons Aufzeichnungen keine Notizen zu ihrem Fall gefunden. Waren Sie vorher schon mal bei ihm?“
Mr Harrison tat den anderen Mann mit einer abfälligen Handbewegung ab. „Dixon war ein Idiot. Der hat sich doch nur fürs Angeln interessiert.“
„Tatsächlich?“, murmelte Jill höflich, als wäre sie sich all der Glupschaugen, die sie beobachteten, nicht bewusst. „Worum geht es denn?“
„Diese Hundesöhne haben mir ein Stück Land geklaut. Ihr Zaun steht circa sechs bis sieben Meter auf
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