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Schönheit der toten Mädchen

Schönheit der toten Mädchen

Titel: Schönheit der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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sie war zu teuer.
    Der Strahl tastete die Wände ab, lief über den Boden, verharrte.
    »Gütiger Himmel!« piepste der Pförtner. »Sinka.«
    Der Lichtkreis griff das unnatürlich weiße Gesicht einer jungen Frau mit offenen, starren Augen aus der Dunkelheit.
    »Wo ist das Schlafzimmer des Hausherrn?« fragte Fandorin scharf und rüttelte den versteinerten Pförtner an der Schulter. »Führ uns hin. Rasch!«
    Sie stürzten ins Wohnzimmer, aus dem Wohnzimmer ins Kabinett, und von dort ins Schlafzimmer.
    Man sollte meinen, Tulpow hätte sich in den letzten Tagen an verzerrte tote Gesichter gewöhnt, doch etwas derart Ekelhaftes hatte er noch nicht gesehen.
    Ishizyn lag im Bett, mit weit aufgerissenem Mund. Die unglaublich herausgequollenen Augen verliehen ihm Ähnlichkeit mit einem Frosch. Der gelbe Strahl huschte hierhin und dahin, beleuchtete kurz irgendwelche dunkle Häufchen neben dem Kissen und glitt zur Seite. Es roch nach Fäulnis und Unsauberkeit.
    Der Strahl kehrte zu dem schrecklichen Gesicht zurück. Der elektrische Kreis verengte sich, wurde heller und schärfer und beleuchtete jetzt nur den Kopf des Toten.
    Auf der Stirn war der dunkle Abdruck eines Kusses zu sehen.
     
    Erstaunlich, was für Wunder meine Meisterschaft zu vollbringen vermag. Man kann sich schwer ein widerwärtigeres Wesen als diesen Beamten vorstellen. Die Widerwärtigkeit seines Benehmens, seiner Manieren, seiner Redeweise, seiner greulichen Physiognomie war so absolut, daß sich anfangs Zweifel in meine Seele schlichen – ist es denkbar, daß auch dieses Scheusal im Innern so schön ist wie die übrigen Kinder Gottes?
    Und mir ist es gelungen, ihn schön zu machen! Natürlich reicht der männliche Körperbau nicht an den weiblichen heran, aber jeder, der den Untersuchungsführer Ishizyn nach Vollendung meiner Arbeit sehen könnte, müßte zugeben, daß er sich zu seinem Vorteil verändert hat.
    Er hat Glück gehabt. Diese Auszeichnung wurde ihm für seine Bravour und Beflissenheit zuteil. Und dafür, daß er mit seinem
häßlichen Spektakel in meinem Herzen schmerzende Begierde geweckt hat. Er hat die Begierde geweckt, und er hat sie gestillt.
    Ich bin ihm nicht mehr böse, ihm ist verziehen, auch wenn ich seinetwegen Dinge vergraben mußte, die meinem Herz teuer waren – Flakons, in denen kostbare Mementos aufbewahrt waren, die mich an Minuten höchsten Glücks erinnerten. Der Spiritus ist ausgegossen, jetzt werden meine Reliquien verfaulen. Aber da kann man nichts machen. Es ist gefährlich geworden, sie noch länger aufzubewahren. Die Polizei kreist über mir wie ein Schwarm Krähen.
    Ein häßlicher Dienst – auszuschnüffeln, nachzuspüren. Damit beschäftigen sich extrem häßliche Menschen, als würden sie extra danach ausgesucht: mit stumpfem Maul, Schweinsäuglein, blaurotem Genick, vorspringendem Adamsapfel, abstehenden Ohren.
    Nein, das ist vielleicht ungerecht. Einer von ihnen ist zwar grundhäßlich, aber wohl noch nicht ganz verloren. Auf seine Art ist er sogar sympathisch.
    Er hat ein schweres Leben.
    Ich müßte dem Jüngling helfen. Noch ein gutes Werk tun.

Stenographischer Bericht
    7. April, Karfreitag
    »… Unzufriedenheit und Sorge. Der Imperator ist äußerst beunruhigt über die furchtbaren, unerhörten Verbrechen, die in der alten Hauptstadt geschehen. Es ist ein einzigartiger Vorfall, daß der allerhöchste Besuch zu den Ostermessen im Kreml abgesagt wurde. Besonders indigniert waren Seine Majestät über den Versuch der Moskauer Administration, die Mordserie, die, wie sich nun herausstellt, schon einige Wochen anhält, vor dem Zaren geheimzuhalten. Als ich gestern abend zur Aufklärung der Geschehnisse aus Sankt Petersburg abreiste, war der letzte Mord, der ungeheuerlichste von allen, noch nicht geschehen. Die Tötung des Beamten der Staatsanwaltschaft, der die Untersuchung leitet, ist ein für das Russische Imperium beispielloses Ereignis. Und die Umstände dieser Untat, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen, rütteln an den Grundfesten der gesetzlichen Ordnung. Meine Herren, meine Geduld ist erschöpft. In Voraussehung der berechtigten Entrüstung Seiner Majestät treffe ich aus eigenem Willen und kraft meiner Befugnisse folgende Entscheidung …«
    Die Worte fielen schwer, langsam, bedrohlich. Der Redner überflog mit hartem Blick die Gesichter der Anwesenden – die angespannten Gesichter der Moskauer, die strengen der Petersburger.
    An diesem trüben Karfreitagmorgen fand bei dem

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