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Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Titel: Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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zu kommunizieren, wollen andererseits aber auch unter sich sein und Fremde sprachlich ausgrenzen.
    Die Entwicklung der Sprache ermöglichte es den Menschen nicht nur, Informationen über das Auftauchen von Beutetieren oder Gefahren zu übermitteln oder sich gegenseitig ihrer Zuneigung (oder Abneigung) zu versichern. Sie konnten nun auch Gedanken über abstraktere Probleme wie die Frage, warum das Wetter mal schlecht, mal gut ist, austauschen. Es ist interessant, dass noch heute die Diskussion des Wetters eines der häufigsten Gesprächsthemen auf Partys ist, obwohl es für uns kaum noch eine praktische Bedeutung hat. Noch bis vor etwa hundert Jahren war das Wetter für unsere Vorfahren eine Naturgewalt, die über Hunger oder Sättigung, Tod oder Leben entschied.
    Solcher Austausch muss zu verschiedenen Erklärungsversuchen geführt haben. Daraus entstanden wohl die ersten Vermutungen über höhere Wesen, die Wolken erscheinen oder sich verziehen lassen konnten und die, wenn sie zornig waren, Stürme und Unwetter schickten.
    Sprache wurde auch genutzt, um die Erinnerung an bedeutende Ereignisse zu verstärken, die sonst bald in Vergessenheit geraten wären. Im Leben eines einzelnen Individuums hat »Lernen durch Erfahrung« vielleicht einen begrenzten Einfluss auf seine Überlebenswahrscheinlichkeit. Doch wenn diese Erfahrung weitergegeben werden kann und somit zur Erfahrung nicht eines Individuums, sondern einer Gruppe wird, steigt ihre Bedeutung erheblich an.
    Schon früh in der Geschichte der Menschheit muss sich eine Neigung, die Erfahrungen der Vergangenheit durch Sprache zu bewahren, als vorteilhaft für das Überleben erwiesen haben. Beispielsweise konnte die dramatische Erzählung einer Begegnung mit einem Höhlenbären andere Gruppenmitglieder vor der Gefahr warnen und ihnen gleichzeitig den Mut geben, es wie der Held der Geschichte zu machen und nicht einfach wegzulaufen, sondern sich der Gefahr zu stellen. Ein derart vorbereiteter Stamm von Steinzeitmenschen hatte wahrscheinlich eine größere Chance, aus einem realen Kampf mit einem Höhlenbären siegreich hervorzugehen beziehungsweise geringere Verluste zu erleiden.
    Frühmenschen mit einer genetischen Neigung, solche Geschichten aufzunehmen und weiterzugeben, hatten also eine größere Selektionschance. Dies erklärt wahrscheinlich unsere Vorliebe für spannende Abenteuergeschichten, und es erklärt vielleicht auch, warum die meisten Männer lieber Krimis und Thriller lesen, während viele Frauen Liebesromane, Biographien oder Lebensschicksale bevorzugen. Denn auch wenn dies nicht mehr in unser modernes Rollenverständnis passt, waren es nun einmal Frauen, die in der Urzeit vor allem für den sozialen Zusammenhalt in der Gruppe sorgen mussten, während die Männer die Gefah-ren der Jagd auf sich nahmen. So lässt sich vermutlich der geschlechterspezifische Unterschied in der bevorzugten Literatur erklären, den Ihnen jede Buchhändlerin gerne bestätigen wird.
    Der Schriftsteller und Mythenforscher Joseph Campbell hat sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit den Ursprüngen der Heldenepen und Legenden beschäftigt. Dabei entdeckte er eine immer wiederkehrende Struktur, die er »Monomythos« nannte, und die sich nach seiner Auffassung in praktisch allen großen Heldenepen und auch vielen religiösen Mythen spiegelte. Einige dieser wiederkehrenden Elemente sind:
    »Die Geburt« - Fast immer ist die Geburt des Helden mit besonderen, mysteriösen Umständen verbunden, die seinen besonderen Status hervorheben und manchmal einen eigenen Monomythos bilden.
    »Der Ruf« - Der Held wird durch einen äußeren Umstand oder einen Boten ins Abenteuer gerufen. Er kann diesen Ruf bereitwillig oder zögerlich annehmen, aber er muss ihm folgen.
    »Der Helfer oder das Amulett« - Meist bekommt der Held zu Beginn Unterstützung von einem - oft übernatürlichen - Helfer oder einem magischen Gegenstand.
    »Das Tor« - Durch das Tor tritt der Held von der gewöhnlichen, uns bekannten Welt in die mystische Welt des Abenteuers über, wo er sich unbekannten Gefahren stellen muss. In der Regel muss der Held hier einen Test bestehen oder einen Torwächter überwinden.
    »Das Abenteuer« - Im Verlauf der Geschichte muss der Held außergewöhnliche Gefahren und Aufgaben meistern. Er bekommt dabei manchmal weitere Hilfe und trifft auf seinen Gegenspieler, den er schließlich in einer finalen Schlacht besiegen muss.
    »Der finale Konflikt« - Am Ende gerät der Held an

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