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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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mich heute Abend zum Essen ein?« Nun sah die Welt gleich ganz anders aus.
    »Nicht dich. Eine Kontaktperson. Dich seh ich später. «
    Zack. Nach meinem kurzen Aufblühen sank ich zurück in den Stuhl. Und wieso klang sein letzter Satz eher wie eine Drohung denn ein Versprechen?
    Zeit,das Haus zu verlassen, beschloss ich und schüttelte die betörende Präsenz des Geschäftsmannes ab. Ich konnte ja schlecht den ganzen Tag hier sitzen und von Fremden träumen. Oder? Olli stieß plötzlich ein Geheul aus. Nein, konnte ich nicht.
    Aber das war eigentlich auch gut so. Denn ich hatte einen ziemlich wichtigen Plan.
    Wenn ich jetzt sage, dass ich mich zielstrebig zu Chocolat Chaud de Clara begab, werden Sie denken, ich hätte lediglich wieder mal meinen Gelüsten nachgegeben, stimmt's? Aber mitnichten, so war es nicht. Na gut, vielleicht würde ich nebenbei eine Praline oder auch zwei naschen, aber der Hauptgrund für meinen Besuch war ernst. Ich hatte Clara nämlich einen Geschäftsvorschlag zu unterbreiten.
    Bisher habe ich nämlich noch nicht erwähnt, dass Clara während unserer täglichen Besuche hatte durchklingen lassen, sie habe die Nase voll von Schokolade. Ja, ich weiß, das ist ein erschreckender Gedanke. Deshalb konnte ich ihn vermutlich auch nicht gleich aufschreiben. Sally in ihrem patenten Strickpulli hatte gar nicht so danebengelegen mit ihrer Prophezeiung, dass das Café bald schließen würde. Das darf man sich gar nicht ausmalen, oder? Clara in ihrem Juwel von einem Laden, wo die gestärkten Tischdecken einen solch köstlichen Gegensatz zu den locker ausgestreuten Pralinen im Schaufenster bildeten und die gemütlichen Sessel so gar nicht zu Claras unbequemer Art passen wollten. Hier schuftete sie vor sich hin: Morgens machte sie Pralinen, und nachmittags verkaufte sie sie – ein wertvoller Dienst an der Gesellschaft, so wichtig wie der eines Richters, Polizisten oder Herzchirurgen – und trotzdemwar sie unglücklich und sehnte sich danach, das Geschäft aufzugeben. Das hatte mir viel Stoff zum Nachdenken gegeben, so viel ist sicher.
    Claras Problem war, dass nicht alle sie so gerne mochten wie ich. Wie wir ja bereits wissen, fürchteten sich die ausländischen Mütter, die ich bei Trudie kennengelernt hatte, allesamt vor Claras Rottweilertum. Ihre Gelüste nach Schokolade reichten leider nicht aus, um diese Furcht zu überwinden. Im Grunde konnte ich sie durchaus verstehen. Obwohl ich noch nicht viel von Brüssel gesehen hatte, wusste selbst ich, dass es in dieser Stadt vor Chocolaterien nur so wimmelte, ungefähr so wie in London vor amerikanischen Coffeeshops. Es gab mindestens drei belgische Schokoladenfabrikanten mit weltweitem Renommee: Godiva, Neuhaus und Leonidas. Dann waren da noch Chocolatiers, die sich außerhalb von Belgien langsam einen Namen machten und national bereits enorm berühmt waren. Dazu gehörten Firmen wie Pierre Marcolini, Galler und Wittamer. Nicht zu vergessen die zahllosen aufstrebenden Wichtigtuer, winzige Unternehmen wie Mary, Irsa oder Passion Chocolat, die entweder in die obersten Ränge aufsteigen wollten oder sich damit zufriedengaben, köstliche Schokolade für Kenner herzustellen. Außerdem gab es die eher industriellen Hersteller wie Corné und Guylian, Produzenten der berühmten pralinégefüllten Meeresfrüchte – für viele Nicht-Belgier das einzig bekannte Schokoladenwunder dieses Landes. Einige dieser Chocolaterien waren ausgezeichnet. Einige waren nur sehr, sehr gut. Alle waren besser als das, was man in England bekam. Und keine davon wurde von einem Drachen geführt, der einen mir nichts, dir nichts auf die Straße setzte.
    Meinerster Gedanke war gewesen, dass man vielleicht Claras Einstellung ihren Kunden gegenüber ändern könnte. Sie schien davon auszugehen, dass es sich, dabei um eine Horde hoffnungsloser Taugenichtse handelte (selbst wenn sie ein Kilo Pralinen kauften), deren einziges Ziel darin bestand, ihren Laden zu bevölkern und ihr Kummer zu bereiten.
    Jetzt, wo ich Clara besser kannte, hatte ich mich von dieser optimistischen Vorstellung verabschiedet. Sie würde sich gewiss nicht ändern. Manche Dinge, wie zum Beispiel Tod, Steuern und Claras Griesgrämigkeit, waren schlicht unabänderlich, und selbst jemand mit meinen Fähigkeiten konnte da nichts ausrichten. Aufhalten ließ ich mich davon jedoch nicht. Stattdessen suchte ich nach kreativen Lösungsansätzen. Clara musste in den Hintergrund treten, und ich würde den Laden für sie

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