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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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können. Und anfangs will ich gerne erst einmal alles lernen. Aber wenn ich mich eingearbeitet habe, möchte ich, dass Sie mich wie versprochen in die Lehre nehmen«, sagte ich vorsichtig.
    »In die Lehre?« Claras leuchtend blaue Augen blickten missbilligend drein. Ihrer Ansicht nach hatte sie bereits mächtig nachgegeben. Da war es unerlässlich für ihre Selbstachtung, dass sie mir von jetzt ab alles so schwer wie nur möglich machte. Dass ich ihr im Grunde einen Gefallen damit tat, den Laden in einen Ort zu verwandeln, den Leute betreten konnten, ohne um ihr Leben zu fürchten, war dabei völlig unwichtig.
    »Schokolade natürlich. Ich will lernen, wie man die macht.« Ich begegnete Claras Blick und hielt ihm stand.
    »Sie? Schokolade machen?« Sie hätte nicht überraschter klingen können, wenn ich verkündet hätte, dass ich ab jetzt als Zirkusclown auftreten wollte. Doch ich gab nicht nach. Das gehörte alles mit zum Spiel. Sie musterte mich kritisch von Kopf bis Fuß. Mein Gott, wie gruselig! Doch nach einigen Momenten höchster Anspannung nickte sie fast unmerklich. Sieg! Meine innere Salsa-Königin setzte prompt noch ihren Federhaarschmuck auf, passend zum paillettenbestickten Outfit, und drehte eine Runde Pirouetten.
    Doch Clara, die sah, wie ein nicht unterdrückbares Lächeln meine Mundwinkel umspielte, hob mürrisch die Hand. »Ah, aber bevor ich Ihnen irgendetwas über Schokolade beibringe, bringe ich Ihnen bei, wie man lebt.«
    »Leben?«Ich lachte. »Aber das tue ich doch längst. Was gibt es da noch zu wissen?«, entgegnete ich fröhlich.
    Und außer dem dachte ich bei mir: Was in aller Welt glaubte Clara mir da beibringen zu können? Schließlich war sie wohl kaum ein Musterbeispiel für Ausgeglichenheit.
    Listig sah sie mich an. »Sie glauben, ich habe Ihnen nichts beizubringen. Da irren Sie sich. Es gibt Dinge in Ihrem Leben, vor denen rennen Sie davon. Aber wenn man gute Schokolade machen will, darf man nicht davon rennen. Man muss zufrieden sein mit dem, was man ist. Ich bin sehr zu frieden mit mir, deshalb mache ich gute Pralinen. Es sind nur diese schrecklichen Kunden, die meinen Laden durcheinander bringen, die mich ärgern. Sie werden schon sehen. Wir werden reden, Sie und ich, und ich werde Ihre Medizin sein. Und wenn es Ihnen besser geht, lasse ich Sie in meine Kü he. Da werden Sie Pralinen machen. Vielleicht.«
    Ich sah Clara überrascht an. Davon rennen? Was meinte sie bloß? Und sie selbst war doch sicher mindestens so verrückt wie ich. Allerdings schien sie tatsächlich vor Selbstsicherheit nur so zu strotzen und war absolut davon überzeugt, dass ihre Einstellung stets die richtige war. Konnte ich das selbe von mir selbst behaupten? Ich rührte mit Claras Speziallolli in meiner Tasse und zwirbelte ihn da bei wie eine Balletttänzerin en pointe , wodurch die schäumende Milch von Schokoladenspuren durchzogen wurde. Niemand konnte behaupten, ich sei nicht selbstbewusst. Andererseits konnte auch niemand behaupten, die vergangenen fünf Monate seien störungsfrei gewesen. Und so ungern ich es auch zu gab, die schlimmsten Katastrophen waren hauptsächlich meine Schuldgewesen. Ich blickte in Claras clevere Äuglein und dachte nach. Na gut, wie schlimm konnte es schon werden? Schließlich wäre ich ja auf jeden Fall hier, konnte mich in diesem wunderbaren Café mit Clara unterhalten und jeden Tag köstliche heiße Schokolade genießen. Ich musste nichts tun, was ich nicht wollte. Ich musste ihrem Gefasel ja noch nicht einmal zuhören, oder? Ich konnte alles über mich hinwegziehen lassen. Ein Kinderspiel. Ich nickte, und Clara verzog ihre rosaroten Lippen zu einem furchtbaren Grinsen. Der Deal war perfekt.
    An jenem Nachmittag eilte ich voller Pläne, voll herrlicher Zukunftsvisionen nach Hause. Als ich aber die Tür aufschloss, kam es mir vor, als verschwinde die Sonne plötzlich hinter einer Wolke. Es gab da nämlich einen Faktor in meinem neuen, aufregenden Leben, den ich bisher schändlich vernachlässigt hatte: Tom.
    Was würde Tom von diesem Plan halten? Für eine ehemalige Journalistin war das ein ziemlich radikaler Richtungswechsel, den ich da gerade in Erwägung zog. Egal, die Planungsphase hatte ich ohnehin längst hinter mir gelassen und befand mich bereits in der Umsetzung, ohne ihn wenigstens darüber in Kenntnis gesetzt zu haben
    Tom war kein sonderlicher Schokoladenfan. Das sollte nicht heißen, dass er nicht hie und da mal ein Eckchen aß, aber mehr auch nicht. Ein

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