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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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er: »Weißt du was, Bella. Du kannst diesen Schlamassel nicht mit Schokoladenentzug entschuldigen, und du kannst es auch keinem anderen in die Schuhe schieben, weder dieser Gemma Crampton noch Jane Champion selbst. Ich fürchte, es ist ganz und gar deine eigene Schuld.«
    Verstört brach ich in Tränen aus. Ungeschickt tätschelte er meine Schulter. In diesem Moment trennten uns die zehn Jahre Altersunterschied wie ein tiefer Graben. Jeder Gleichaltrige hätte mich verdammt noch mal in den Arm genommen. Die Unterlippen der Kinder begannen aus Mitgefühl zu zittern, und ich umarmte sie, wenn das schon niemand mit mir machte. Toms Miene war starr. Schließlich, als aus meinem Schluchzen ein Schnüffeln geworden war, sagte er zu mir: »Tut mir leid, Bella, aber ich muss jetzt los. Ich hab um neun Uhr eine Sitzung. Versuch, es von der positiven Seite zu sehen – wenigstens musst du jetzt nicht zur Arbeit.«
    Das reichte, um mich wieder in Tränen ausbrechen zu lassen. »Was soll ich nur tun? Du verstehst überhaupt nicht, wie grauenvoll das alles ist! Jeder denkt, ich Idiot hätte alles vermasselt, dabei kann ich überhaupt nichts dafür. Das ist alles so peinlich!«, heulte ich. Tom sah mich an. »Was soll ich nur tun?«, wiederholte ich.
    »Ich weiß es auch nicht. Warten, bis sich der Sturm gelegt hat.«
    »Bis sich der Sturm gelegt hat? Es kommt sogar in den Nachrichten!«, schrie ich und deutete auf den Fern seher,aus dem mich Jane Champion mit strengem Gesichtsausdruck anstarrte.
    Der Bildtext unter ihrem Foto war vielsagend: »Kein Kommentar«.
    »Jetzt übertreib mal nicht. Das gerät schon wieder in Vergessenheit ... jedenfalls irgendwann«, wiegelte Tom ab, während er hastig Telefon und Schlüssel zusammensuchte und einen schnellen Abgang vorbereitete.
    »Das kann nicht dein Ernst sein! Ich werde mich zur Fremdenlegion melden müssen«, jammerte ich. Tom zerzauste mir im Vorbeigehen die Haare, küsste die Kinder – und war verschwunden. Ich strich mir notdürftig die Haare glatt. Wahrscheinlich konnte er nicht anders mit der Situation umgehen. Armer Tom. Immerhin würde auch er die Folgen zu spüren bekommen. Bestimmt würden sie ihn heute gnadenlos mit seiner Frau und ihrem geräuschvollen Versagen aufziehen ... was so was von unfair war, denn ich hatte nicht versagt. Die Kassette allerdings schon. Oder die Schokolade. Oder Gemma. Oder irgendjemand. Jedenfalls nicht ich! Am liebsten hätte ich einfach losgeplärrt, so wie damals Oliver, als der DVD-Spieler nicht funktionierte und wir nachher herausfanden, dass ein dickes Fischstäbchen vom Mittagessen den Mechanismus blockiert hatte.
    Uff. Das Gespräch mit Lorna war ganz schön schwierig gewesen. Sie hätte nicht entgegenkommender sein können – sie war ein großartiges Mädchen, das hatte ich immer gewusst. Und sie war mit einem Bündel Bargeld als
    Abfindung sofort einverstanden. Normalerweise kündigten die Kindermädchen ihren Arbeitgebern und nicht umgekehrt. Bald würde ich eine neue Stelle finden, und dannmüssten wir uns abstrampeln, um Lorna zurückzubekommen. Sie versprach, sofort zurückzukehren, falls wir sie wieder brauchen sollten, in Kontakt zu bleiben und als Babysitterin einzuspringen, wenn Tom und ich mal einen Abend für uns benötigten. Wir hatten so etwas ganz dringend nötig, aber ich bezweifelte, dass es in nächster Zeit dazu kommen würde. An der Haustür gab es einen traurigen Abschied, und auch die Kinder weinten wieder ein bisschen, obwohl sie nicht verstanden, was vor sich ging. Sie begriffen nur, dass ihre süße Lorna wieder ging, anstatt ihnen den lieben langen Tag über jeden Wunsch zu erfüllen.
    Plötzlich fragte ich mich, was ich tun sollte, falls Denise, kaum dass ich Lorna weggeschickt hatte, ihre Meinung ändern würde. Oder falls der Verleger sich gegen sie stellen und mich bitten würde zurückzukommen. Immerhin war ich eine ausgezeichnete Journalistin. Vielleicht nicht unersetzlich – wer war das schon? – aber doch eine der besten, die sie hatten. Doch als die Stunden verstrichen, begann ich allmählich etwas einzusehen. Es war wie einer dieser Momente, in denen man merkt, dass es in der gemischten Pralinenschachtel (okay, ich weiß, ich verdrücke alles, das nennt man Allesfresser), die man für halb voll hielt, nur noch die Sorte mit Orangencreme gibt. Also, aus meiner geistigen Pralinenschachtel war das leckere Haselnusskonfekt längst verschwunden. Da gab es nicht einmal mehr eine Praline mit

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