Schokoherz
schon bemerkten. Daher ist die Story nur zusammen mit ihrer Aussage interessant, dass in ihrem eigenen Fall eine Schwangerschaft in Ordnung war, bei allen anderen aber völlig inakzeptabel. Genau das macht sie zur Heuch-le-rin. Kapiert? Das hab ich Ihnen doch schon gestern erklärt. Um Himmels willen, kapieren Sie denn Ihre eigene Story nicht?«
Ich holte tief Luft und nahm mir vor, mich nicht auf das Niveau von Denises Gekeife herabzulassen. Immerhin hatte ich gestern selbst eine kleine Panikattacke gehabt, ehe mir mein Plan B einfiel. Also sagte ich ruhig und langsam: »Hören Sie, Denise. Das Gute ist, dass das Innenministerium unser Gespräch auch aufgezeichnet hat. Sie haben das Zitat selbst auf Band, so dass sie es überhaupt nicht abstreiten können«, sagte ich in dem Tonfall, in dem ich meine Kinder nach einem besonders schlimmen Alptraum tröstete.
Eine kurze Stille trat ein, und ich hoffte sehr, dass Denisedas Schlimmste überstanden hatte. Dann merkte ich, dass sie nur nach Luft geschnappt hatte. »Bella, wie dumm sind Sie eigentlich? Die streiten ab, dass sie jemals etwas in der Art gesagt hat. Natürlich haben sie ein Band, aber das werden sie uns nicht geben, vor allem, dann nicht, wenn es eine Story belegt, die sie dementieren wollen. Und dank Ihnen HABEN WIR KEINE VERDAMMTEN BEWEISE!« Ich hielt den Hörer wieder von mir weg und krümmte mich, als sie anfing, mich zu beschimpfen. Meine erste Sorge war die, wie Oliver und Maddie wohl ihre erste Begegnung mit schlimmen Schimpfworten verkraften würden. Sie hatten es offensichtlich überlebt. Dann erst begriff ich, was Denise gerade gebrüllt hatte.
»O Gott!«, flüsterte ich.
»Ganz genau. Jetzt hat sie es endlich kapiert«, meinte Denise trocken. »Wir sitzen voll in der Scheiße, ohne Scheißboot und Scheißpaddel.«
»Ich komme sofort und kläre das ...«, stammelte ich. Gleichzeitig überlegte ich, ob wohl Tom die Stellung halten konnte, bis Lorna kam.
»Nein!«, kreischte Denise. Ich wartete einen Moment, in dem sie hörbar nach Fassung rang. »Nein, nein, nein. Nein!«, wiederholte sie – Gott sei Dank nicht mehr ganz so schrill. »Nein, Bella. Kommen Sie nicht. Ich hatte tatsächlich noch die Hoffnung, dass Sie die Lösung aus dem Ärmel schütteln könnten. Dass Sie das Interview wie eine professionelle Journalistin aufgezeichnet hätten. Aber ich sehe, diese Erwartung war lächerlich. Sie sind einfach unzuverlässig, Bella, und nehmen uns hier nur Platz weg. Das bisschen Hirn, das Sie vielleicht einmal hatten, haben all die Babys, die Sie andauernd bekommen,anscheinend in Brei verwandelt. Wagen Sie es nicht, noch einmal in meine Nähe zu kommen. Nie wieder! Ach, und übrigens, nachdem sich meine schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet haben, kann ich Ihnen auch gleich noch etwas vom Verleger ausrichten.«
»Ach ja?«, murmelte ich wie betäubt. Es konnte jedenfalls nicht mehr schlimmer werden als Denises Tirade eben. »Was hat er gesagt?«
Denise stieß ein hohes, wahrhaft wahnsinniges Kichern aus: »Sie sind gefeuert!« Klack.
Ich hörte das Freizeichen. Gleichzeitig mampften Oliver und Maddie ihre Reiscracker, die Kaffeemaschine blubberte vor sich hin und im Hintergrund brummte der Geschirrspüler. Ein Morgen wie jeder andere. Nur dass meine Karriere in tausend Scherben zersplittert war wie ein kaputter Spiegel. Zufällig sahen die Kinder zu mir her und bemerkten erstaunt, dass mir – zu meiner eigenen Überraschung – eine große Träne über die Wange kullerte. So saß ich bewegungslos da und reichte ihnen nur ab und zu einen neuen Reiscracker, bis Tom mit zerzausten Haaren herunterkam.
»Bella, ich bin viel zu spät dran. Warum hast du mich nicht geweckt? Wo ist mein Kaffee? Und was ist hier um Himmels willen los?« Er stolzierte zum Fernseher, schaltete die Frühnachrichten ein und drehte den Ton leise. Er würde nur zuhören, wenn es um ein politisches Thema ging. Ich folgte seinem Blick und bemerkte erst jetzt, dass überall angebissene, abgelutschte oder einfach zerbröselte Reiscracker lagen. Er machte einen Schritt und fluchte, als er barfuß auf einen scharfen Reiscrackerbrocken trat. Hastig stand ich auf, wischte die Reis klumpenvom Tisch und warf sie in den Mülleimer. Das Telefon lag immer noch dort, wo ich es nach Denises abrupter Verabschiedung liegen gelassen hatte, und tutete leise vor sich hin. Ich legte auf, und sofort begann es zu. klingeln. »Bella, hier spricht Tim Caine vorn Star. Möchten Sie Ihre
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