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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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Kampfeslust war verraucht. »Hier, iss erst mal. Dann fühlst du dich bestimmt schon besser«, beruhigte ich ihn, obwohl ich mir nicht ganz sicher war, ob es diesmal stimmte. Das Kotelett hatte inzwischen täuschende Ähnlichkeit mit einer Schuhsohle, so dass er vermutlich stundenlang darauf herumkauen musste.
    »Bitte verzeih mir, Bella, aber ich muss da einfach mit so vielem zurechtkommen – es wird härter, als ich dachte. Könnte auch sein, dass ich öfter verreisen muss. Alle meine Kollegen scheinen die Hälfte ihrer Zeit unterwegs zu sein.« Er blickte zu mir auf. Dann lächelte er sein charmantes Lächeln, und ich vergaß den letzten Rest von Ärger, so schön war es, ihn hier zu Hause zu haben, zu zweit am Anfang unseres neuen Lebens zu stehen.
    Ich lächelte. Was hätte ich auch sonst tun sollen? »Mir tut es auch leid«, sagte ich. »Ich hatte eben gehofft, dass wir hier mehr Zeit zusammen verbringen können, als Familie. Schließlich sollte Europa doch weniger zeitaufwendig sein als all die Westminster-Querelen.«
    »Sollte man meinen, nicht wahr? Ich bin mir da allerdings nicht so sicher«, sagte Tom kläglich. »Zumindest am Anfang wird es eine Weile dauern, bis ich mich zurechtgefundenhabe. Bis ich weiß, welche Storys die guten sind, zum Beispiel. Ich meine, hier gibt es jeden Tag großartige Storys, aber manche davon kann ich der Zeitung zu Hause beim besten Willen nicht verkaufen. Nimm zum Beispiel diese neue Dienstleistungsrichtlinie. Das wird für alle in Großbritannien enorme Konsequenzen haben, genauer gesagt wird es unsere Herangehensweise grundsätzlich verändern. Aber der Auslandsredakteur will Geschichten über Würstchen, Marmelade und Schokolade.«
    »Schokolade?« Ich setzte mich kerzengerade auf. Um ehrlich zu sein, hatte ich nämlich Toms Ausführungen nur mit halbem Ohr gelauscht. Ich wusste, wie sein Chef reagierte, wenn man ihm EU-Politik präsentierte – alles sehr wertvoll, kein Zweifel, aber das lockt keinen Leser hinterm Ofen hervor. Schokolade hingegen ... also dieses Thema lag mir am Herzen.
    »Was ist mit Schokolade?«
    »Na ja, Bella, ich weiß ja, dass du besessen davon bist, aber ...«
    »Momentchen! Das ist nicht fair. Ich interessiere mich bloß dafür, wie jeder Konsument das täte.« Ich straffte die Schultern und setzte eine ernste Miene auf ganz der vernünftige, durchschnittliche Kunde eben.
    Tom sah mich lange an und machte dann »Hrmpf«. Ich entschied mich dafür, das Geräusch einfach würdevoll zu ignorieren und freundliches Interesse an seinem Bericht zu signalisieren. »Also, worum geht es denn bei dieser Schokoladen-Gesetzessache? Mal im Ernst, als Betroffene sollte ich informiert sein.« Ich beugte mich erwartungsvoll vor.
    »Ach, du weißt doch selber, dass es da seit Ewigkeiten dieseDiskussion über den Fettgehalt britischer Schokolade gibt ...« Halt. Wusste ich das? Jetzt, wo er es erwähnte, fiel mir wieder ein, dass ich kurz nach meinem Rauswurf etwas darüber gelesen hatte. Damals, als das Thema Umzug nach Brüssel zum ersten Mal auf den Tisch kam – oder besser gesagt, als ich die einstimmige Entscheidung getroffen hatte, das Land so schnell wie möglich zu verlassen. Ja, da kam irgendeine uralte Forderung wieder auf, den Briten sogar zu verbieten, das Wort chocolate zu verwenden. Wir sollten unser Zeug in vegelate umtaufen, fiel mir wieder ein. Doch ich hatte die ganze Sache als Euro-Unfug abgetan, der mich sowieso nie betreffen würde. Jetzt schien das doch der Fall zu sein.
    »Glaubst du wirklich, dass englische Schokolade zu viel Fett enthält?«
    »Na, du solltest es ja wissen, Bella«, erwiderte Tom mit dem Anflug eines Lächelns. Ich widerstand der Versuchung, ihm mit der leeren Bratenform eins überzuziehen. Er sah die Funken aus meinen Augen sprühen und ließ das Lächeln sein. »Nein, es geht nicht so sehr ums Fett generell, sondern um die falsche Sorte Fett.«
    »Du meinst, dass wir Pflanzenfett statt Kakaobutter verwenden? Ist das wirklich so schlimm?«
    »Nun ja, nicht für die Hersteller – es ist billiger. Aber für den Verbraucher ist es schlechter, weil es angeblich nicht so gut schmeckt.«
    Ich saß einen Augenblick schweigend da und ließ mir das durch den Kopf gehen. Dann kam mir eine förmlich göttliche Eingebung: »Weißt du, was das bedeutet?« Ich richtete mich auf und strahlte meinen Gatten an.
    Tom betrachtete mich ein wenig nervös. »Hm ... ?«
    »Wirmüssen eine Verkostung machen. Das bist du deinen Lesern

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