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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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mich, ich muss immer am Ball bleiben. Es kostet Kraft, diese Hülle zu erhalten,und glaub mir, ich muss hart dafür arbeiten. Vielleicht gehört dein Gatte ja zu jenen wenigen Männern, die einen auch so lieben.« Sie hob ihre Augenbrauen einen Millimeter an. »Die meisten von ihnen tun's jedoch nicht, ganz egal, was uns der Feminismus oder was weiß ich gebracht haben soll. Bloß weil diese Germaine Greer behauptet, man dürfe ruhig 'nen Damenbart tragen, heißt das noch lange nicht, dass irgendein Typ es sexy findet, wenn wir nicht mehr zupfen. Tee?«
    Ich nickte sprachlos. Auf einen kleinen Begleitkeks zum Tee wagte ich besser nicht zu hoffen – Trudie hatte deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie nur zu speziellen Anlässen aß – aber mit Denkfutter hatte sie mich definitiv versorgt. Reduzierten Männer einen tatsächlich nach wie vor so sehr auf Äußeres? Und falls es so war, was bedeutete das dann in meinem speziellen Fall? Ich war nun wahrlich keine konventionelle Schönheit. Mein ganzes Leben hatte ich damit verbracht, genau das Gegenteil von dem zu tun, was Trudie predigte: Ich verließ mich auf meine gewaltigen Charakterstärken, während ich versuchte, meinen Körper nicht zu ähnlich starken Ausmaßen anwachsen zu lassen.
    Zum Glück hämmerte in diesem Moment Oliver von außen ans Fenster, und ich sprang auf, um ihn hereinzulassen, bevor er sich einen Weg durch die Scheibe schlug. Schnell wurde uns klar, dass selbst Trudies beeindruckend leeres Wohnzimmer nicht groß genug für meinen süßen kleinen Jungen war, der in Lolas Anwesenheit einen durch Testosteron angeheizten Anfall von Angeberitis entwickelte. Irgendetwas an diesem Haus hier schien stereotype Verhaltensmuster zu verstärken, dachte ich, während ich Lola beobachtete, die Olli von ihremPlatz auf dem Fußboden aus mit sphinxgleichem Blick betrachtete. Man konnte unmöglich erkennen, ob sie beeindruckt war oder nicht. Das stachelte meinen Sohn zu immer größeren Eskapaden an, in der Hoffnung, eine Reaktion zu provozieren.
    Zeit zu gehen. Es gelang ihm, nichts kaputtzumachen, während ich so rasch wie möglich meinen Tee schlürfte – Trudie hatte für uns beide irgendein grünes Gebräu aufgegossen, das ich als meine Fitnessbemühung für heute verbuchen würde. Es war keine Sekunde zu verlieren.
    Trotzdem tat es mir leid, meinen Plausch mit Trudie so abrupt beenden zu müssen. Sie war zwar ziemlich seltsam, aber gleichzeitig machte es auch Spaß, die Marotten eines anderen Menschen kennenzulernen. Mir wurde plötzlich bewusst, dass wir in unserem alten Leben in Fulham in die Falle getappt waren, uns lediglich an unsere alten Freunde zu halten und nicht mehr nach links und rechts zu schauen. Es war unheimlich bequem gewesen, alle paar Wochen Penny und Co zu treffen, doch irgendwann kannten wir die Meinungen der anderen so gut, dass keinerlei Herausforderung mehr blieb. Neue Bekanntschaften hatten da den Vorteil, dass sie zwangsläufig den eigenen Horizont erweiterten. Trudie würde sich vermutlich mit einem Brecheisen an meinem zu schaffen machen.
    Als wir an der Haustür standen, sagte sie plötzlich: »Ach, übrigens, wenn du noch mehr Mütter treffen willst, bei mir findet bald ein Kaffeekränzchen statt. Der Himmel steh mir bei, aber irgendwie hab ich mich dazu breitschlagen lassen. Aber vielleicht ist es ganz gut für Lola. Ich ruf dich an und sag dir Bescheid, wann.« EinKaffeekränzchen! Vor meinem inneren Auge entstand ein Bild von Frauen in Strickjacken, die sich über Windeldermatitis unterhielten, und eine Millisekunde lang erschien mir im Vergleich dazu sogar Yoga verlockend. Aber halt – es handelte sich nur um eine Millisekunde. Ich lernte doch gerne neue Leute kennen. Ich unterhielt mich gerne mit anderen. Beim Kaffeetrinken konnte ich auch locker mithalten. Und wenn es um Kekse ging, da war ich unschlagbar. Außerdem brauchten auch die Kinder Freunde. Die Sache war also geritzt. »Prima, ich freu mich darauf«, verkündete ich mit einem begeisterten Lächeln. Dann zogen wir munteren Schrittes von dannen. Schon ein erster Programmpunkt in meinem gesellschaftlichen Kalender. Rundum zufrieden schloss ich unsere hübsche neue Haustür auf, die in unser lauschiges neues Haus führte. Habe ich Haus gesagt? Nein, es war bereits ein Heim, beschloss ich, obwohl ich als Erstes über einen Stapel Bücher neben der Treppe stolperte und meine zwei Bälger sich sofort in die ungeräumten Winkel verkrümelten, um dort noch mehr Chaos

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