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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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Blödsinn keine Gedanken mehr machen. Hier lag ich zu nachmittäglicher Stunde faul auf meinem Sofa, während – aua – meine zwei zauberhaften Kinder auf mir herumhüpften.
    Dieser Gedanke weckte erneut meine Lebensgeister, so dass wir uns, nach einer ausgiebigen Kuschelrunde, mit Begeisterung weiter ans Auspacken machten. Bald brach die Dämmerung über Brüssel herein, woraufhin die altmodischen Straßenlaternen draußen vor einem Himmel leuchteten, der genau dieselbe nachtblaue Farbe hatte wie die Turnhose meiner einstigen Schuluniform. Und das Haus war wie verwandelt. Na gut, hier und da lag noch ein wenig Treibgut herum, das noch kein Zuhause gefunden hatte. Es hatte auch einige üble Überraschungen gegeben. Zum Beispiel war ich in einer großen Umzugskiste auf unseren alten Küchenmülleimer gestoßen, komplett mit stinkendem Inhalt. ImGroßen und Ganzen jedoch hatten wir jetzt einen Überblick. Auch wenn es sich um dieselben Möbelstücke handelte wie in Fulham, wirkten sie in dieser neuen Umgebung irgendwie edler, reifer. Gemütlich wie eh und je, aber auf erwachsene Art. Zufriedenheit hüllte mich ein wie der traumhafte zimtfarbene Paschminaschal, den ich verloren geglaubt und dann in der Ecke eines Kartons wiedergefunden hatte.
    Ihrer Mummy zu »helfen« hatte die Kinder völlig erschöpft, und bald brachte ich sie ins Bett. Sie mochten die neuen Zimmer, waren aber doch froh über die Vertrautheit ihrer alten Betten. Die weichen Bäckchen rundeten sich zu einem zufriedenen Lächeln, als ich ihnen ihre Gutenachtküsse gab. Unten im Wohnzimmer legte ich eine CD mit Fugen von Bach ein und zündete einige strategisch platzierte Kerzen an – das hatte ich mir bei Trudie abgeschaut, auch wenn die vielen Gegenstände und Bücher in unseren Regalen sie sicher entsetzt hätten. Zumindest stand nun alles an seinem Platz oder war in dem geräumigen Schrank unter der Treppe untergebracht, um in ein paar Jahren ausgepackt zu werden, wenn mich der nächste Energieschub überkam. Ich kochte etwas Einfaches – Schweinekoteletts in Honig-Senf-Marinade – ein Gericht, das brav vor sich hin schmorte und keinen Arger machte, wenn es eine halbe Stunde länger im Ofen blieb.
    Und das war auch gut so, denn selbst eine Dreiviertelstunde später war von Tom immer noch nichts zu sehen. Nach einer Stunde ging mir Bach mit seinen ermüdenden mathematischen Tonfolgen gewaltig auf den Keks, und ich drückte entschlossen den Aus-Knopf. Im Vorbeigehen bemerkte ich, dass Kerzenwachs über den Kaminsimsauf den Parkettfußboden getropft war. Na, toll. Noch eine aufregende Aufgabe für den morgigen Tag. Ich marschierte in die Küche und verbrannte mir fast die Finger, als ich die glühend heiße Form aus dem Ofen hohe. Dann klatschte ich mir missmutig meine Portion auf den Teller.
    Zum Glück schmeckte es immer noch köstlich. Das Essen besänftigte mich, und mein Ärger verrauchte. Stattdessen wurde daraus ein Keim der Sorge, der langsam wuchs und dem immer neue Horrorszenarien entsprangen, während ich durch die nach wie vor vorhanglosen Fenster in den pechschwarzen Garten hinausstarrte. Die Straßen waren wirklich fürchterlich hier – die Leute fuhren wie die Irren. Was, wenn Tom die priorite a droite vergessen hatte? Womöglich lag er in irgendeinem belgischen Krankenhaus, an zig Infusionen angeschlossen, und erinnerte sich nicht mehr an seine neue Adresse.
    Meine vage Sorge hatte sich in einen riesigen, drückenden Angstknoten verwandelt, als ich schließlich hörte, wie Tom mit seinem Schlüssel in dem unbekannten Schloss herumstocherte. Sofort machte sich die Sorge vom Acker und die Wut nahm ihren Platz in der Mitte der Bühne ein. Ich stand nicht auf Musste ich auch gar nicht. Tom kam direkt in die Küche und trug einen zerknirschten Gesichtsausdruck zur Schau. »Tut mir leid, Schatz, aber ich habe komplett die Zeit vergessen. Du hättest mich ja auch anrufen können«, begann er vorwurfsvoll.
    »Ich hätte dich anrufen können? Nun ist es also meine Schuld? Das ist ganz schön dreist.« Ich erhob mich vonmeinem Stuhl, knallte einen zweiten Teller auf den Tisch und holte das brutzelnde Kotelett wieder aus dem Ofen. Mit Genugtuung stellte ich fest, dass es inzwischen ziemlich vertrocknet aussah. Geschah ihm recht.
    Ich wollte ihm gerade den gefüllten Teller hinstellen, als ich ihn in seinem Stuhl hängen sah, den Kopf in die Hände gestützt. Der arme Kerl wirkte völlig erschöpft. Ich ließ die Schultern sinken, und alle

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