Schokolade für dich (German Edition)
hoffte, dass hier einmal die ständige Anspannung von ihr abfallen würde und sie endlich tief durchatmen und sich fallen lassen konnte. Die Frauen, die hier zusammenkamen, würden sie verstehen, weil sie das Gleiche durchgemacht hatten. Niemand würde sie drängen, irgendwelche Veranstaltungen zu planen. Niemand würde sie fragen, ob sie schon bei Lupine Floral angerufen und sich erkundigt hatte, ob die bereit wären, Blumenschmuck für den Ball zu spenden, oder ob sie sich schon ein paar clevere Fragen für den Wettbewerb ausgedacht hatte. Hier konnte sie erzählen, wie sehr sie Waldo vermisste und wie verloren sie sich fühlte. Keine der Frauen würde nur so tun, als hätte sie Mitleid mit ihr. Sie alle wussten genau, wie es ihr ging.
Charley hatte ihnen gerade einen Tisch in einer Ecke zugewiesen, als Dot Morrison ankam. Sie war dünn, hatte ein entsprechend langes Gesicht mit einer spitzen Nase und trug die grauen Haare kurz geschnitten. Zugegeben, sie hat schöne Augen. Aber die schienen irgendwie immer zusammengekniffen zu sein, wahrscheinlich um sich gegen den ganzen Rauch zu schützen. Im Grunde sah Dot aus wie eine zum Leben erwachte Maxine, die alte Dame, die die Cartoon-Grußkarten zierte und flotte Sprüche zum Besten gab. Muriel hatte niemals Maxine-Karten gekauft.
Dot ließ sich, eingehüllt in eine Wolke von Zigarettenrauch,auf einen Stuhl fallen. „Was für ein Abend“, sagte sie. Ihre Stimme war so tief, dass sie ohne Weiteres den Bass in einem Quartett hätte singen können. „Wenn dieser verdammte Eisregen nicht bald aufhört, fangen wir noch an zu rosten.“ Erst jetzt schien sie Muriel entdeckt zu haben. „Wie ich sehe, haben wir ein neues Mäll-Mitglied. Obwohl ich darauf wetten würde, dass du nicht lange bei uns bleibst.“ Sie wandte sich Muriel zu.
Müll? Was sollte das denn heißen? Und wieso glaubte sie, dass Muriel nicht lange bei ihnen sein würde? Hatten sie vor, sie rauszumobben?
Sie lächelte steif. „Müll?“
„Nicht Müll, sondern Mäll. Es ist eine Abkürzung und steht für ‚Männerlos leben‘.“
Männerlos leben? Das klang irgendwie deprimierend.
„Es ist positiv gemeint“, sagte Olivia, als könnte sie Muriels Gedanken lesen, „um uns daran zu erinnern, dass unsere Ehen zwar zu Ende sind, nicht aber unser Leben.“ Sie lächelte Pat dankbar an. „Ich weiß nicht, wie ich es geschafft hätte, wenn Dottie und Pat mich nicht unter ihre Fittiche genommen hätten, nachdem George gestorben war. Den Jungs helfen, die Pension allein führen, das war alles so unglaublich anstrengend. Manchmal kam ich mir vor, als wäre ich unter einem Steinschlag begraben. Und manchmal fühle ich mich immer noch schrecklich einsam, aber in Wirklichkeit bin ich es nicht.“
Bis du abends allein ins Bett gehst, dachte Muriel.
„Trotzdem ist es hart, sich daran zu gewöhnen“, sagte Pat.
„Aber keine Angst“, meinte Dot zu Muriel. „Ich wette, du findest einen anderen Mann und bist in sechs Monaten schon wieder weg.“
Ich habe mich geirrt, dachte Muriel. Hier finde ich keinen Trost. Enttäuscht und irritiert fuhr sie Dot an: „Wie bitte?“
„Du bist immer noch jung und attraktiv“, sagte Dot, als hätte das Alter irgendetwas damit zu tun, ob man Liebe fand und als ob eine Frau einfach in den Park hinübergehen könnte, um in den Büschen nach einem neuen Seelengefährten zu suchen wie ein Kind nach Ostereiern.
Oder Dot wollte womöglich andeuten, dass sie nicht besonders wählerisch war. Was auch immer sie sagen wollte, Muriel fand ihre herablassende Haltung nicht gerade erbaulich. Auch wenn ihre Haut vom Rauchen vorzeitig gealtert war und sie graue Haare hatte, war Dot nicht viel älter als sie, also stand ihr die Rolle der weisen alten Frau nicht zu.
„Ich hatte das Glück, mit zwei wundervollen Männern verheiratet zu sein“, sagte Muriel aufgewühlt und ein wenig verärgert. „Ich habe nicht die Absicht, loszurennen und mich mit irgendwem zufriedenzugeben, nur weil ich einsam bin.“
Dot hob die Augenbrauen. Was übersetzt wohl hieß: Ach nein?
Was für eine Frechheit. Wenn die Unterstützung so aussah, konnte sie gut darauf verzichten. Muriel wollte gerade ein dringendes Anliegen erfinden, damit sie nach Hause verschwinden konnte, als Maria auftauchte, um ihre Getränkebestellung aufzunehmen.
„Hallo, meine Damen. Mal wieder Zeit für ein Mäll-Treffen?“
„Genau“, sagte Pat. „Also, bringen Sie uns Sekt.“
Maria nickte und eilte davon, während Pat
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