Schokoladenzauber - Roman
auch nicht jeden Tag Schokolade, im Moment schneide ich nur die Zettel zurecht, die ich ins Innere lege.«
Da er nicht auf der Stelle hinausgeworfen wurde, kam Raffy neugierig näher.
»Ich lasse die Sprüche auf dünnes, glänzendes Papier drucken und schneide sie dann selbst zurecht«, erklärte ich. »Es gibt viele verschiedene, und daher werden sich nie zwei identische Schachteln mit Wunschschokolade finden. Das geht nach Zufallsprinzip.«
»Und wie kommen die Zettel in die Schokolade?«
»Ich gieße die Formen in Hälften, dann lege ich den Zettel in eine hinein und klebe die andere mit geschmolzener Schokolade darauf.«
»Ganz einfach, wenn man weiß, wie’s geht.«
»Ja, aber man muss temperierte Schokolade nehmen, sonst zeigt sich an der Naht eine hässliche weiße Linie.« Ich sprach zu schnell, seine Anwesenheit machte mich nervös. Ich hatte ganz vergessen, wie groß er war, bis er nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt stand und auf mich heruntersah … »Ich verkaufe sie als ganzes oder halbes Dutzend.«
»Felix behauptet, dass du die Schokolade stapelweise verschickst und jeden Tag zur Post musst.«
»O ja, meine Wunschschokolade wurde in einem Artikel der Country at Heart erwähnt, und seither ist eine regelrechte Bestelllawine über mich hereingebrochen. Jetzt schalte ich dort regelmäßig Anzeigen. Es ist gut, die Bestellungen immer gleich abzuarbeiten, selbst wenn sie nicht dringend sind, und auf dem Rückweg springe ich dann meist bei Felix rein – da lockt die neue Kaffeemaschine.«
»Ich weiß, ich habe mir das auch angewöhnt, nur viel früher, gleich nach dem Morgengebet.«
»Musst du eigentlich jeden Tag eine Andacht durchführen, am Morgen und am Abend?«
»Ich muss nicht, aber ich will «, erklärte er mit einem Lächeln. »Übrigens, hat Jake dir erzählt, dass er mit seiner netten Freundin im Pfarrhaus war?«
»Ja, und er hat gesagt, du würdest bald ins Haupthaus ziehen.«
»Bin ich schon, in ein Schlafzimmer und einen kleinen Raum im Erdgeschoss, bis die Dekorateure den Rest erledigt haben. Jake ist ein interessanter junger Mann – lebhaft, intelligent und offen. Da hast du einen tollen Job gemacht, er war bestimmt kein einfaches Kind.«
»Nein, das war er sicher nicht«, bestätigte ich.
»Felix hat mir von seinen Streichen erzählt – sehr einfallsreich.«
Felix hatte ihm offenbar viel zu viel erzählt! »Die Phase hat er hinter sich, im Herbst geht er auf die Uni, vorausgesetzt, er lernt für seine Prüfungen und bekommt die entsprechenden Noten. Aber glücklicherweise ist seine Freundin eine ziemlich eifrige Schülerin. Die beiden bewerben sich an denselben Unis, mal sehen, ob das klappt.«
Mittlerweile hatte Raffy die Zauberformel entdeckt, die über der Schranktür hing. »Interessant!«
»Brummbart behauptet, das sei eine Beschwörungsformel der Maya, die bei der Schokoladenherstellung aufgesagt und von den Konquistadoren nach Europa gebracht wurde. Einer seiner Freunde ist Archivar und katalogisiert die Bücher und Papiere einer alten Adelsfamilie; dabei ist er auf das Manuskript gestoßen. Gemeinsam mit Brummbart hat er das meiste entziffert, und Brummbart besteht nun darauf, dass ich die Formel bei jeder neuen Produktion aufsage.«
»Und? Hältst du dich daran?«
»Ja, obwohl ich nicht an eine Wirkung glaube. Die beiden arbeiten im Moment an einem letzten Teil der Formel, doch das könnte eine spätere Ergänzung sein. Ich hoffe nur, sie finden danach nicht noch mehr, sonst murmele ich am Ende wie eine Hexe stundenlang Sprüche über dem Kessel.«
Raffy lachte aus tiefer Kehle. Ich hatte sein Lachen ganz vergessen, doch es brachte mein Herz auch jetzt wieder aus dem Takt. Offenbar aber hatte ich mich während unserer Unterhaltung langsam entspannt, denn vor mir lag ein Haufen glänzender Sprüchezettel, die ich offenbar völlig unbewusst zurechtgeschnitten hatte.
Raffy steckte eine Hand in die Tasche seines schwarzen Mantels und reichte mir ein kleines Päckchen, das in ein Papiertaschentuch eingewickelt war.
»Das hier wollte ich bei Zillah abgeben. Ich habe es in den Umzugskartons gesucht. Jake hat mir bei seinem Besuch in der Kirche erzählt, dass du Engel liebst, und als ich neulich hier war, ist mir aufgefallen, dass das ganze Cottage damit vollsteht, daher … Nun, ich dachte, du hättest vielleicht gerne noch ein Exemplar für deine Sammlung. Ich habe ihn im Ausland gekauft.«
Ich nahm das Tuch ab und enthüllte einen wundervollen
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