Schon in der ersten Nacht
Tee ein.
Als Farmer war Charlie Lacey bereits einige Stunden auf den Beinen. Jetzt saß er mit seiner Frau und seiner Tochter am Frühstückstisch.
"Nach allem, was man über Hope geschrieben hat, dachte ich, du hättest genug von dem ganzen Klatsch", antwortete er.
"Die arme Hope", sagte Beth Lacey nur.
"Sie ist weit genug weg. Aber wir müssen uns hier mit den spitzen Bemerkungen der Leute auseinander setzen." Charlie Lacey gefiel es nicht, dass in der kleinen Gemeinde so abfällig über die angebliche Affäre seiner Tochter geredet wurde.
"Wir wissen doch, dass es alles nicht stimmt. Du kennst ihn auch, Lindy, oder?"
"Wen?" fragte Lindy gleichgültig.
"Wann bist du gestern Abend von der Arbeit nach Hause gekommen?" Ihr Vater betrachtete ihr blasses Gesicht.
"Um halb zwölf."
"Und du bist vor mir aufgestanden."
"Ach Dad, ich habe Schichtdienst. Gestern Nachmittag hatte ich zwei Stunden frei."
"Zwei Stunden", wiederholte er verächtlich. "Du solltest dich richtig ausschlafen, du siehst schrecklich aus."
"Danke für das Kompliment." Obwohl Lindy die liebevolle Behandlung ihrer Eltern zu schätzen wusste, hatte es auch Nachteile, nach Jahren der Unabhängigkeit wieder zu Hause zu wohnen. "Über wen wird dieses Mal hergezogen, Mam?" wechselte sie das Thema.
"Über Sam Rourke. Die Titelseite ist voll von ihm." Beth Lacey reichte ihrer Tochter die Zeitung.
Entsetzt betrachtete Lindy das Foto. Man hatte es wirklich getan.
Lindy wurde ganz übel. Auch wenn Sams Vorwürfe unberechtigt waren, fühlte sie sich irgendwie verantwortlich für die ganze Geschichte. Sie brachte es nicht über sich, die fette Schlagzeile zu lesen.
"So etwas ist tragisch", fuhr ihre Mutter fort. "Der arme Junge.
Man weiß noch nicht, ob er überleben wird."
Lindy schreckte auf. "Was sagst du da? Wer wird nicht überleben?"
"Sam Rourkes Sohn wurde bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt."
Die Zeitung glitt Lindy aus der Hand. "Aber Sam liegt nicht im Sterben? Er ist nicht tot?" Plötzlich schluchzte sie auf und presste die Faust auf die Lippen.
"Nein, Liebes. Sein Sohn ist in einem kritischen Zustand. Mr.
Rourke ist sogleich zu ihm gefahren." Ihre Mutter lächelte sanft
"Wie viel Uhr ist es?" fragte Lindy und stand auf.
"Was hast du vor?" rief ihr Vater hinter ihr her, als sie aus dem Raum eilte.
"Ich muss zu ihm, ich nehme den nächsten Flieger", verkündete sie wie selbstverständlich.
"Dr. Lacey? Ich bin Fred Bohman", stellte der große, kräftige Mann sich vor und schüttelte Lindy die Hand. "Sie sind doch Ärztin, stimmt's?" Er musterte sie von oben bis unten.
"Ja, Dr. Bohman, mein Ehrenwort", sagte sie feierlich. Sie konnte selbst kaum glauben, dass sie schon hier war. Das hatte sie Adam zu verdanken. Sie hatte ihn nur angerufen, um ihm mitzuteilen, sie könne nicht kommen. Doch dann hatte sie sich ihm anvertraut. Statt zu versuchen, ihr die Idee auszureden, war es ihm gelungen, ihr im nächsten Flieger nach New York noch einen Platz zu reservieren. Um die nationalen Anschlussflüge hatte sie sich dann selbst gekümmert.
"Sie wissen, wie streng die Sicherheitsvorkehrungen sind?" Fred Bohman blickte sie an.
Adam hatte es ihr schon erklärt und zu ihrer Erleichterung hinzugefügt, er kenne jemanden von der Verwaltung.
"Ich kann Sie hereinlassen, Dr. Lacey." Der Arzt führte sie über den Parkplatz. "Aber danach müssen Sie sich selbst durchschlagen."
Sie nickte. "Was willst du tun, wenn Sam dich hinauswerfen lässt?"
hatte Adam sie gefragt.
"Ich weiß es nicht", hatte sie geantwortet. Glücklicherweise hatte Adam ihren spontanen Entschluss nicht kommentiert.
Vor dem Krankenhaus warteten viele Reporter. Im Inneren war jedoch von Sicherheitsmaßnahmen kaum etwas zu spüren. Jedenfalls wurde Lindy von niemandem angehalten, als sie neben dem autoritär wirkenden Arzt die Gänge entlangeilte.
"Sie würden staunen, wozu die Fans fähig sind, wenn sie Sam Rourke sehen wollen." Fred schüttelte den Kopf. "Der Mann sitzt am Sterbebett seines Sohnes, und jemand bittet ihn noch um ein Autogramm."
Als Lindy die Hinweisschilder auf die Intensivstation entdeckte, bekam sie Herzklopfen. Sie versuchte zu schlucken, aber ihr Mund war ganz trocken.
"Die Intensivstation ist geradeaus."
"Danke. Sie haben mir sehr geholfen."
"Grüßen Sie Adam von mir. Die Angehörigen des Jungen finden Sie im Aufenthaltsraum oder an seinem Bett."
Was, zum Teufel, mache ich eigentlich hier? überlegte sie, während sie weitereilte. Dann zog
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