School of Secrets. Verloren bis Mitternacht (German Edition)
Marsch. Dort zog ich meine Wasserflasche aus dem Rucksack und nahm einen kräftigen Schluck. Als ich sie zurück in den Rucksack stopfte, fiel mein Blick auf die Wolldecke. Die würde ich hier ganz bestimmt nicht benötigen, so warm, wie es war.
»Die wirst du noch brauchen«, sagte David und setzte sich einige Meter neben mir auf einen Felsen.
»Was willst du schon wieder? Verschwinde!«
»Verbietest du mir etwa, mich an den Bach zu setzen?« Er fuhr mit einer Hand durchs Wasser und benetzte dann seinen Nacken. Ich beobachtete ihn argwöhnisch. Natürlich konnte ich ihm nicht verbieten, hier Rast zu machen, aber ich hatte auch keine Lust, mich mit ihm zu unterhalten.
»Ich wollte sowieso gerade gehen«, teilte ich ihm kühl mit, stand auf und ging zu den anderen, die es sich im Schatten der Bäume am Waldrand bequem gemacht hatten.
»Ärger im Paradies?«, flüsterte Mona fragend, als ich mich neben sie setzte.
»Ich werde aus dem Kerl einfach nicht schlau. Einmal ist er abweisend und beleidigt mich aufs Übelste, und dann kommt er plötzlich an und tut so, als wären wir gute Freunde«, erklärte ich.
»Vielleicht musst du ihn besser kennenlernen. Womöglich ist er schüchtern und überspielt seine Unsicherheit mit Arroganz.«
Ich schnaubte.
»Der und schüchtern? Das glaubst du doch selber nicht!«
»Wer weiß«, entgegnete sie grinsend und erhob sich. »Wir brechen auf«, verkündete sie lautstark.
Ich rappelte mich auf, warf mir den schweren Rucksack über die Schulter und sah hinauf zur Burg. Oje, den ganzen Berg mussten wir hinauf? Sofort bereute ich, dass ich überhaupt mitgekommen war. Hätte mir jemand gesagt, dass es sich bei dem Haus der Angst um einen beschwerlichen Wanderausflug handeln würde, wäre ich schreiend davongelaufen.
Wir überquerten den kleinen Bach und tauchten in den Wald ein, der am anderen Ufer begann und sich fast bis zum Gipfel erstreckte.
Bergab zu laufen war schon anstrengend gewesen und hatte weiß Gott keinen Spaß gemacht, aber jetzt wieder steil nach oben klettern zu müssen, war extrem deprimierend. Es dauerte nicht lange, bis meine Oberschenkel schmerzten und ich leichte Wadenkrämpfe bekam. Ich verfluchte alles und jeden und ganz besonders das Haus der Angst.
Plötzlich wurde es schlagartig dunkel, so als hätte jemand das Licht ausgeschaltet.
»Was soll das denn?«, hörte ich Sean fragen. Ich sah nach oben und stöhnte entsetzt auf. Der blaue Himmel und die Sonne waren verschwunden. Stattdessen erkannte ich Sterne am Nachthimmel und einen sichelförmigen Mond. Das konnte doch nicht möglich sein. Eben war noch helllichter Tag gewesen, und jetzt war innerhalb weniger Sekunden die Nacht hereingebrochen?
»Irgendetwas stimmt hier nicht«, flüsterte Mona gerade so laut, dass wir alle sie verstehen konnten. »Bleibt dicht zusammen und haltet Augen und Ohren offen.«
Jemand stellte sich dicht an meine Seite. Ich erkannte Tim, der aufmerksam die Gegend absuchte. Als mein Blick auf seine Hand fiel, sah ich den Feuerball, der nur wenige Zentimeter darüber in der Luft kreiste.
Tim hatte seine Fähigkeit aufgerufen und war jederzeit bereit, zuzuschlagen. Auch Sean war gewappnet. Um seinen Körper flackerten unzählige Lichtpunkte auf, so wie ich es schon einmal beobachtet hatte, als er sich in eine Katze verwandelt hatte. Ich fragte mich, in welches Tier oder Wesen er sich transformieren würde, falls man uns angreifen sollte. Doch momentan spähte er nur abwartend in den dunklen Wald um uns herum.
Ich kramte hektisch in meiner Hosentasche und zog ein Taschenmesser heraus, das ich aufklappte und schützend vor mich in die Höhe hielt. Ich hatte zwar noch keine Fähigkeit, aber so war ich wenigstens nicht ganz hilflos.
»Das wird dir im Ernstfall nicht viel helfen«, bemerkte David, der sich hinter mir positioniert hatte.
»Du schon wieder«, murmelte ich und konzentrierte mich auf das Geschehen vor mir. Vielleicht hatte ich mit dem lächerlichen Messer keine Chance gegen übernatürliche Wesen und deren Kräfte, aber es gab mir auf jeden Fall ein besseres Gefühl.
»Wir hätten uns niemals trennen sollen«, stellte Sean tonlos fest.
»Dafür ist es leider zu spät«, entgegnete Mona.
»Und was machen wir nun?« Die Lichtblitze um Sean herum flackerten hektischer als je zuvor.
Mona antwortete nicht. Stattdessen begann sie, mit dem Zeigefinger ein Siegel vor sich in die Luft zu malen. Gebannt beobachteten wir sie dabei. Als sie die letzte Verbindungslinie
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