School of Secrets. Verloren bis Mitternacht (German Edition)
zu sein. Ich war die Einzige, die wieder einmal nur Bahnhof verstand.
Was bitte war ein Scout? Was übernatürliche Gaben betraf, hatte ich diese Bezeichnung noch nie gehört.
Lediglich aus der Modebranche war mir das Wort ein Begriff. Es gab Model-Scouts: Menschen, die ein Gespür dafür besaßen, was ein gutes Model mitbringen musste, um erfolgreich zu sein.
»Was ist ein Scout?«, fragte ich schließlich.
Mr Chiave wandte sich zu mir.
»Die Gabe eines Scouts besteht darin, dass er auf den ersten Blick erkennt, welche Fähigkeiten ein Übernatürlicher hat. Wenn ich auf der Straße jemandem begegnen würde, der eine Gabe besitzt, dann könnte ich das sofort sehen.«
»So etwas gibt es?«, sagte ich beeindruckt. Also hätte Sarah ihm gar nicht erzählen müssen, dass ich ein Akkumulator war. Er wusste es bereits in dem Moment, als er mich zum ersten Mal gesehen hatte.
Jetzt meldete sich David zu Wort:
»Der letzte uns bekannte Scout starb vor etwa dreißig Jahren. Diese Fähigkeit ist sozusagen ausgestorben. Diese Gabe war extrem selten, und da sich auch die dunkle Seite für Übernatürliche mit dieser Kraft interessierte, lebten die meisten nicht lange genug, um Nachkommen zu zeugen.«.
»Weshalb interessierte sich die dunkle Seite für die Scouts?«, erkundigte sich Sarah neugierig.
»Liegt das nicht auf der Hand?« Benjamin schüttelte den Kopf. »Weil sie auf diese Weise andere Begabte aufspüren konnten. Neue Rekruten für das Böse.«
»So ist es«, stimmte Mr Chiave zu. »Auch ich hatte einmal das zweifelhafte Vergnügen, mit einem von diesen zwielichtigen Gestalten Bekanntschaft zu machen, aber diese Geschichte würde zu weit führen.«
»Mrs Jackson wird aus allen Wolken fallen, wenn wir mit einem waschechten Scout zurückkommen«, meinte Sean aufgeregt.
»Falls wir dieses Haus jemals lebend verlassen«, flüsterte ich leise.
KAPITEL 14
Als wir am nächsten Morgen vollzählig an dem großen Tisch in der Küche saßen und frühstückten, waren wir übermüdet, da wir uns fast die ganze Nacht unterhalten hatten. Keine gute Voraussetzung für unseren geplanten Aufbruch, wie ich mir eingestehen musste. Andererseits waren wir viel zu aufgewühlt gewesen, um zu schlafen.
Draußen war es noch dunkel, aber der Sonnenaufgang würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Mr Chiave saß am Kopfende des großen Holztisches und lächelte. In der einen Hand hielt er eine dampfende Tasse Kaffee, mit der anderen streichelte er irgendetwas auf seinem Schoß. Ich konzentrierte mich auf dieses gewisse Etwas und erkannte schließlich grau-braunes Fell sowie zwei kleine, spitze Ohren. War das eine Katze? Gab es so etwas in dieser Welt überhaupt?
»Das ist Shakespeare. Er ist ein Gubi«, erklärte Mr Chiave, der meinen verwirrten Blick bemerkt hatte.
»Ein was?«
»Ein Gubi«, wiederholte er und hob das Tier in die Höhe, damit ich einen besseren Blick darauf werfen konnte. Sarah und Mona kreischten entzückt, als sie das kleine Fellbündel erblickten.
»Mein Gott, ist der süß!«
Da musste ich ihnen recht geben. Dieser Gubi, was immer das sein mochte, war wirklich ungemein goldig. Er sah aus wie eine Mischung aus Katze, Otter und Erdmännchen.
Mit großen, schwarzen Kugelaugen blickte er neugierig in die Runde. Er besaß überdimensional lange Schnurrhaare, und sein grau-braunes Fell sah weich und gepflegt aus. Als Mr Chiave ihn zurück auf seinen Schoß setzte, stellte sich der kleine Kerl auf die Hinterbeine und sah musterte uns aufmerksam. Wie eines dieser putzigen Erdmännchen, die man immer wieder in Tierdokumentationen zu sehen bekam.
»Diese Dinger gibt es aber nur hier, oder?«, fragte Sean nach.
»Das ist kein Ding, sondern ein Gubi. Und ja, diese Wesen gibt es nur in dieser Welt, soweit mir bekannt ist«, verbesserte ihn Mr Chiave.
»Woher wissen Sie, dass es ein Gubi ist?«, wollte Sean wissen.
»Das weiß ich nicht. Ich habe diese Spezies einfach so genannt, als ich sie vor einigen Jahren entdeckte.« Mr Chiave streichelte dem Tier zärtlich über den Kopf, das daraufhin genüsslich die Augen schloss und wie eine Katze zu schnurren begann.
»Ich will auch so einen«, flötete Sarah in seine Richtung. Der alte Mann sah auf und schenkte ihr ein bedauerndes Lächeln.
»Daraus wird wohl leider nichts werden. Früher gab es hier viele, aber seit die Werwölfe die Gubis auf ihre Speisekarte gesetzt haben, sind sie so gut wie ausgestorben. Diesen kleinen Kerl habe ich in einer Baumwurzel
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