School of Secrets. Verloren bis Mitternacht (German Edition)
verabschiedete sich für einige Sekunden vollständig.
»Ich mich auch«, verriet ich leise.
Doch dann tauchte plötzlich Naomis Bild vor meinem geistigen Auge auf, und ich erinnerte mich an die vielen Male, wo sie und David so vertraut miteinander umgegangen waren. Wie er den Arm um sie gelegt und wie sie sich an ihn geschmiegt hatte.
»Was ist mit Naomi?«, fragte ich deshalb.
Sofort verhärteten sich seine Züge, und ein dunkler Schatten legte sich über seine Augen.
»Das ist kompliziert«, antwortete er knapp.
Ich sah ihn erstaunt an. Das ist kompliziert? War das alles? Was sollte das denn bedeuten?
War er etwa immer noch mit ihr zusammen, während er mich hier in Grund und Boden küsste und mir gestand, dass er sich in mich verliebt hatte?
»Was soll das heißen?«
»Nicht jetzt, Lucy«, wehrte er ab
.
Ich löste mich hastig aus seiner Umklammerung und trat einen Schritt zurück, um Abstand zwischen uns zu bringen. Außerdem wollte ich nicht, dass sein betörender Geruch mir die Sinne vernebelte.
»Ich kann es nicht glauben. Du küsst mich und erzählst mir was von Liebe, und nebenher hast du weiterhin was mit ihr?«
»Nein, so ist das nicht ...«, begann er.
Ich fiel ihm ins Wort.
»Dann erklär mir doch einfach, wie es wirklich ist, denn leider kann ich nicht hellsehen. Ich bin ganz Ohr.« Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust.
»Nicht jetzt!«, wiederholte er und klang verärgert.
»Mein erster Eindruck hat mich also doch nicht getäuscht. Du bist ein arrogantes und egoistisches Arschloch!«, fauchte ich und machte auf dem Absatz kehrt.
»Lucy, warte!«, hörte ich ihn hinter mir rufen, aber ich reagierte nicht, sondern stapfte wie ein wütender Elefant zurück zum Haus. Dabei kämpfte ich gegen die Tränen, die erneut in mir aufstiegen.
Was bildete dieser Typ sich eigentlich ein? Schnaubend blieb ich vor der Tür stehen, schloss für einen kurzen Moment die Augen und atmete tief durch. Als ich der Meinung war, meine Gefühle wieder halbwegs unter Kontrolle zu haben, öffnete ich die Tür und trat ein.
Ich stiefelte in die Küche, setzte mich an meinen Platz und starrte vor mich auf die Tischplatte. Alle Gespräche erstarben, und meine Freunde sahen mich fragend an.
»Was ist?«, schnauzte ich sie zornig an, und meine Augen funkelten angriffslustig. Sean hob beide Hände, als wolle er sich ergeben, und drehte sich wieder zu den Zwillingen. Christian schüttelte missmutig den Kopf, und Mona warf mir einen besorgten Blick zu.
Als kurze Zeit später David die Küche betrat, machten sich meine Freunde erst gar nicht die Mühe, ihre Gespräche erneut zu unterbrechen. Anscheinend war ihnen klar, dass er für meine miese Stimmung verantwortlich war. Sie nickten ihm kurz zu und unterhielten sich weiter.
David setzte sich neben Naomi, die ihm etwas ins Ohr flüsterte. Daraufhin lachte er laut auf, und sie stimmte kichernd mit ein. Ich war mir sicher, dass dieses Gelächter wieder einmal auf meine Kosten ging. Blödes Pack! Sollten die beiden doch miteinander glücklich werden.
Ich jedenfalls würde dem Arsch keine einzige Träne nachweinen. Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, schluckte ich schwer, denn ich merkte, dass es eine Lüge war.
Nichts hätte ich jetzt lieber getan, als mich in ein Loch zu verkriechen und zu weinen, bis ich vor Erschöpfung einschlief.
Um mich auf andere Gedanken zu bringen, versuchte ich Christians Vortrag zu folgen. Es klappte. Kurze Zeit später war ich vollauf damit beschäftigt, unser weiteres Vorgehen mit zu planen. Ich erfuhr, dass sich alle darauf geeinigt hatten, erst am Abend aufzubrechen.
Auf meinen fragenden Blick hin erklärte Christian: „Wir haben abgestimmt. Die Mehrzahl war dafür, dass wir diesen Tag noch nutzen, um auszuruhen und neue Kraft zu tanken. In der letzten Nacht haben wir wenig geschlafen, und es wäre zu gefährlich, in diesem Zustand den letzten Raum zu betreten. Wir wissen nicht, was uns erwartet, und deshalb ist es umso wichtiger, dass wir absolut fit sind.«
Ich sah zu den provisorischen Schlafstätten, die Mr Chiave mithilfe einiger Matratzen, Decken und Kissen an der Wand hergerichtet hatte.
Auch ich würde dort ein wenig ausruhen, denn das Bett, in dem ich nach meiner Heilung aufgewacht war, gehörte Mr Chiave.
Er hatte mir zwar angeboten, weiterhin darin zu schlafen, doch ich hatte dankend abgelehnt. Schließlich war ich wieder gesund, und es gab keinen Grund, dem alten Mann seinen Schlafplatz noch
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