Schossgebete
mal sehen, wie ein Mann sich Strapse anfummelt. Unmöglich.
Wir fahren in die Stadt und setzen uns in das Café Fleur zum Frühstück. Von dort aus haben wir Blick auf den Eingang des Puffs.
Ich kann nicht viel essen, mein Mann aber. Er mag die Aufregung, ich hasse sie. Er verabschiedet sich von mir und geht schon mal vorrecherchieren in dem Massagesalon, so nennen sich die Puffs ja gerne. Ich warte im Café und werde immer nervöser.
Er klingelt, und als der Summer angeht, winkt er mir noch mal zu. Er weiß sehr genau, dass er seinen Hausdrachen, nämlich mich, befrieden muss. Er muss die ganze Zeit versuchen, mich im Boot zu halten, damit wir das gemeinsam als Paar durchstehen. Er fährt dort mit dem Aufzug hoch in die dritte Etage, die ganze Etage gehört zum Paradise . Die Chefin macht ihm dort auf, sie begrüßt ihn höflich, wie immer, führt ihn in einen separaten Raum, damit ihn die anderen Freier, die da nackt rumturnen, nicht sehen, man will ja keinen Geschäftspartner oder seinen Notar oder Anwalt dort treffen. Er wartet, und nacheinander stellen sich alle Damen leicht bekleidet vor, drehen sich einmal um sich selbst, in Zeitlupe, damit man den Po und alles noch mal angucken kann, und dann wird er eine für uns zum Ficken auswählen. Bis jetzt hat er immer gut ausgewählt, sehr gut sogar. Sie gefielen mir alle, ich fand sie schön, sexy und sympathisch. Glück gehabt bis jetzt, oder passe ich mich einfach in meinem Frauengeschmack meinem Mann an? Keine Ahnung. Ist auch scheißegal. Er sagt der Chefin, dass er in einer Stunde mit mir wiederkommt. Die er ausgesucht hat, soll dann frei sein. Bis gleich.
Ich starre die ganze Zeit auf die Tür, bis mein Mann dort breit grinsend rauskommt. Was für ein unverschämtes Grinsen. Er setzt sich wieder auf seinen Stuhl und ist aufgeregt wie ein kleiner Junge. Er hat rote Durchblutungsbacken und glänzende Augen. Ich bin stolz, dass ich ihm so was ermöglichen kann.
Er plappert drauflos: »Also, sie ist Brasilianerin, Hammerkörper, super nettes Gesicht, fließend Deutsch, voll lustig. Wirklich, wenn die reinkommt, geht die Sonne auf, gab kein Vertun, die isses.«
Ich versuche Fassung zu bewahren, aber alle Alarmglocken gehen an: Achtung, Achtung, pass auf deinen Mann auf, die schnappt dir den weg. Ich rede mit mir selbst: Nein, nein, keine Prostituierte kann mir den Mann wegnehmen, das ist nur deine Angst, Elizabeth, der macht das nicht, weil der eine neue Frau sucht, der will nur mal jemand anderes bumsen. Keine Gefahr. Tief durchatmen.
»Gut, dann essen wir schnell auf und gehen rein. Kann sie direkt?«, sage ich mit einem geschauspielerten Lächeln, um Lockerheit vorzutäuschen.
»Ja, sie wartet auf uns, ich habe sie für drei Stunden geblockt.«
Oh, Mann, drei Stunden, auch noch? Da hat man ja jede Stellung viermal durch. Egal, wir dürfen ja auch früher gehen.
Er fasst meine Hand und guckt mich verliebt und dankbar an, meint er jetzt mich oder die Brasilianerin, keine Ahnung? Frühstück wird in den Mund getan, wir bestellen zum Anturnen ein Glas Sekt, das wir uns teilen, sonst kämen wir uns vor wie Alkoholiker, jeder eins am Morgen geht nun wirklich nicht. Das ist zu dekadent. Wir zahlen schnell, nehmen uns bei der Hand und gehen mit wackeligen Knien zum Eingang. Wir klingeln, er spricht unseren echten Namen in die Sprechanlage, was haben wir auch schon zu verbergen? Wenn man mit seiner eigenen Frau in den Puff geht, dann braucht man keine Angst vor gar nichts zu haben. Außer Tripper vielleicht. Wir kommen oben rein, die Chefin, mit ihren langen roten Locken, begrüßt mich, Georg hat sie ja schon vorher begrüßt. Sie führt uns in das teuerste Zimmer, man bezahlt das immer zusätzlich, wenn man ein besonderes will. Mit allem Klischeebrimborium. Riesenspiegel über dem hellblauen Himmelbett, Rieseneisbärfell mit Kopf dran vorm Kamin, alles in Silber-Hellblau. Vor den ganzen bodentiefen Fenstern kleben diese Folien, alles komplett blickdicht, weil gegenüber Leute wohnen, und die sollen das nicht sehen, was hier gleich passiert.
Wir setzen uns wie nervöse Schulkinder aufs Bett und warten. Fuck, wie ich Aufregung hasse hasse hasse! Wirklich, von diesem Herzrasen bleibt mein Herz gleich stehen. Das kann nicht gesund sein. Die Chefin schließt hinter sich die Tür. Wir sind allein. Wir gucken uns ratlos an und müssen lachen. Weil wir so bescheuert höflich sind. Wir sind echt uncoole Freier. Ein cooler Freier würde sich jetzt schon ausziehen, hier
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