Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schossgebete

Schossgebete

Titel: Schossgebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Roche
Vom Netzwerk:
ist es nämlich sehr warm, die Temperatur ist für Nackte bestimmt. Und er würde sich schon mal lockermachen und rücklings aufs Bett legen. Wir dagegen bleiben stocksteif auf der Bettkante sitzen.
    Endlich geht die Tür auf, und sie kommt rein. Sie sieht schön aus und hat kiloweise Parfüm aufgetragen. How does a cliché become a cliché? Puh. Wahnsinn. Das gehört wohl dazu. Ein schwerer, süßlicher Geruch erfüllt das Zimmer, sie dominiert den Raum, mit ihrem Körper, ihrem Geruch, ihrem breiten, zahnigen Lachen. Sie fixiert mich und kommt auf mich zu. Das kenne ich alles schon. Eine gute Nutte wickelt natürlich die Frau um ihren Finger, der Mann ist schon ohne ihr Zutun komplett um den Finger gewickelt. Die Frau könnte abspringen, alles platzen lassen, der Mann nicht. Der Mann zieht das eisenhart durch, der würde niemals abbrechen, nicht mal, wenn es brennt.
    Sie sagt: »Ich heiße Lumi.«
    Und schüttelt meine Hand. Wir werden in ein paar Minuten Sex haben, und sie schüttelt meine Hand. Lustig! Deutschland. Meine Hand liegt locker in ihrer, ich bewege mich fast gar nicht, sie bewegt mich. Da soll die sich schon mal dran gewöhnen, dass ich gleich von ihr bewegt werde. Sie muss viel mehr machen als wir, sie wird dafür bezahlt. Sie ist ziemlich schwarz. Hat einen Bob, viel Lippenstift, große, liebe braune Augen. Sie ist kein bisschen kaputt. Das kann ich nämlich gar nicht leiden, wenn die was Kaputtes haben. Sie trägt einen japanischen Kimono in Türkis, mit schönen Goldregenblüten in Goldgelb und Blaulila. Das hier ist ein teurer Puff, da haben die schöne Sachen an, die Damen. Ich kann durch den Kimono sehen, dass sie kleine, feste Brüste hat, mit großen, harten Nippeln, kenn ich, hab ich auch.
    Ist für meinen Mann das Sicherste, bei meinen Komplexen, nicht drübergehen in der Größe, bei der Auswahl. Das ist aber auch immer ein bisschen komisch, dadurch habe ich das Gefühl, mit mir selber zu schlafen. Na ja, selber schuld! Sie hat lange Beine und einen richtig rausstehenden super Po. Sie trägt hohe schwarze Schuhe. Mann, bin ich erleichtert, sie ist gut, sie sieht schön aus, sie ist nett, alles. Puh.
    »Schöne Frau hast du«, sagt sie zu meinem Mann. Standard. Sagt jede, immer. Würde die auch sagen, wenn ich aussehen würde wie hingeschissen. Schwamm drüber. Dienstleistung pur. Ich lächele sie an, sie hat fett eingecremte Hände. Sag ich doch, Nutten schmieren sich immer voll ein, damit alles flutscht.
    Sie sagt uns, wir sollen uns entspannen. Sie möchte sich noch frisch machen, das bedeutet, glaube ich, dass sie das Sperma von unserem Vorgänger wegwaschen will. Man tut ja so, als wäre man noch Jungfrau bei so einem Treffen. Eine reine, unberührte Jungfrau. Sperma von grade drin? Nein, nein. Und schwebt, uns zuzwinkernd, wieder raus. Kurz darauf hören wir das Wasser im Badezimmer rauschen. Wir legen uns zurück und gucken an die Decke, wir halten wieder Händchen, wir müssen uns doch gemeinsam unterstützen in dieser schwierigen Lage. Ich sage meinem Mann, dass er sie gut ausgesucht hat. Er ist erleichtert. Ich kann mir sehr gut vorstellen, mit dieser Frau zu schlafen, gleich, für meinen Mann die übliche Show abzuziehen. Heiße Leckschwestern, von der Insel Lesbos, nur hübscher als die üblichen Lesben. Sie auf jeden Fall! Gleich verschlingen wir uns ineinander, zu einem menschlichen Knäuel, und kommen erst nach Stunden wieder raus aus dem Rausch. So geht das jedes Mal.
    Die Chefin kommt rein und gibt uns jedem ein Glas Sekt. Na gut. Sie lässt uns wieder allein. Wir ziehen die Schuhe aus und setzen uns richtig aufs Bett. Georg zieht schon mal seinen Pulli aus und knöpft sein Hemd auf, etwas. Ich stehe auf und untersuche das Zimmer, wie immer. Wegen meiner Zeitungsparanoia, ich gucke hinter Bilder, in den Stoff des Himmelbetts, überall, wo man eine winzige Kamera verstecken könnte. Clear . Lache Georg an. Er verdreht die Augen, findet immer, ich übertreibe. Ich setze mich wieder aufs Bett. Manchmal kann ich gar nicht glauben, wie ich Eifersuchtshammel das eigentlich hinkriege. Ich glaube wirklich, dass das uns viele Jahre länger zusammenbleiben lässt, weil mein Mann sich immer wieder die Hörner abstoßen kann, an einer anderen Frau, erlaubterweise, das schweißt zusammen, hoffentlich. Hoffentlich. Hoffentlich. Bleibt der dann für immer bei mir!
    Das dauert ganz schön lange, bis Lumi wiederkommt. Mann, muss die viel Sperma wegwaschen. Georg und ich sprechen nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher