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Schossgebete

Schossgebete

Titel: Schossgebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Roche
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du machen?«
    Das mache ich immer so, ich bestimme solche Sachen nicht gerne. Essen gehen, Ausflüge und Ähnliches sind sein Gebiet. Es regt ihn immer auf, dass ich nicht mal was vorschlage, immer muss er es machen. Ja, so ist das. Aber ich arbeite dran, auch darin besser zu werden.
    »Nein, du sagst jetzt, worauf du Lust hast, Elizabeth.«
    Wusst ich doch, dass das wieder kommt. Ich muss mir jetzt krampfhaft was ausdenken. Oh, Mann, wie im Bett, wenn ich so tun muss, als hätte ich eigene Wünsche, nur damit er den Mund hält!
    Ich sauge mir was aus den Fingern: »Wir gucken natürlich heute noch im Internet, wer im Paradise alles arbeitet morgen, für unser Abenteuer.« Sehr mutig von dir, Elizabeth, damit von alleine anzufangen. »Also bleiben wir heute Abend zu Hause, bestellen Indisch und beim Videotaxi einen Film.«
    »So machen wir das. Schön.«
    Er setzt sich neben mich auf unsere Designerpaartherapiecouch und legt seinen Kopf in meinen Schoß. Ich glaube, auch er vermisst eine gute Mutter, die er nicht hat. Nur scheint das bei ihm nicht so viele Schäden verursacht zu haben wie bei mir. Oder er macht nicht so viel Brimborium drum. Könnte auch sein.
    Ich streichele über sein schütteres Haar und knete ganz leicht sein speckiges Ohrläppchen zwischen meinen Fingern. Das mache ich immer, wenn sich die Gelegenheit bietet. Da spüre ich meinen Darm, weil ich aufgeregt bin wegen unserem Sexausflug morgen. Puh.
    Wir waren am Anfang nur im Ausland bei Prostituierten. Wir fühlten uns verfolgt wegen der Druck -Zeitungsleute, obwohl das Jahre her ist. Mein Leben wird bestimmt davon, ob die, meine größten Feinde, was rauskriegen können. Jeden Tag vor dem Badezimmerspiegel stelle ich mir vor, dass sie unserer Putzfrau Geld angeboten haben, viel Geld, sonst würde sie das nicht machen, für Nacktbilder von uns, und sie nur zur persönlichen Belustigung in der Redaktion haben wollen. Ich habe nach wie vor das Gefühl, ich darf nicht machen, was ich will, frei bestimmen, weil sie es mir sonst mit einem Fotoapparat wegklauen. Das, was mein Persönlichstes ist.
    Nach und nach wurden wir aber mutiger mit der Auswahl unserer Puffs. Bis wir in der eigenen Stadt gelandet sind. Man gewöhnt sich an alles. Unser Lieblingsort ist das Lulu in der Altstadt. Dort herrscht eine sehr familiäre Atmosphäre. Wir kennen da jede Frau. Und Frauen als Freier oder auch nur als Gäste an der Theke sind herzlich willkommen. Wenn wir dort sitzen, kommen wir uns so zwanzigerjahremäßig vor. Wie richtige Lebemänner und -frauen. Im Lulu hatten wir eine der schönsten Erfahrungen mit einer brünetten Frau. Die Damen dort cremen sich immer den ganzen Körper ein. Die sind viel weicher als Frauen wie ich, die mit ihrem Körper kein Geld verdienen müssen. Ich habe schon raue Stellen hier und da. Am Knie, die Ellbogenhaut oder auch unter dem Po, die Sitzfläche. Die Damen in der Bar aber nicht. Sie riechen immer gut, überall, und cremen sich wie verrückt ein. Grace hieß die tolle Erfahrung. Sie war lustig, was für uns immer das Wichtigste ist. Und konnte ziemlich gut Deutsch. Sie war klug und vor allem nett zu mir. Das hat sie psychologisch schlau gemacht, weil ich es ja schon oft habe kippen lassen, aus lauter verzweifelter, unsinniger Eifersucht. Sie musste mich erst beschwichtigen, danach durfte sie machen mit meinem Mann, was sie oder er wollten. Als sie mich auf ihrer Seite hatte, konnten beide machen, was sie wollten, ich war dann sehr locker, ausnahmsweise mal, und stand über den Dingen, ich war nicht misstrauisch und argwöhnisch, kontrollierte jeden Finger und wo der reingeht und wie lange der wo drin bleibt.
    Unten in der Bar haben wir Grace kennengelernt. Getränke für einen selbst kosten das Vierfache vom normalen Kneipenpreis. Wenn man eine Dame einlädt, zahlt man locker das Zehnfache. Nur damit die schöne Frau mit uns spricht. Das ist so ähnlich, als würde man einem unbeliebten Kind ein paar Salamis um den Hals binden, damit wenigstens die Hunde mit ihm spielen. So ist das eben in einem Etablissement. Man kann sich nicht einreden, dass man nett und beliebt ist und die Damen einen bestimmt auch so abschleppen würden. Nein, man muss für jeden Pups bezahlen.
    Wir kauften ihr also eine Flasche Sekt. Sie gab den Kolleginnen noch was, damit die auch schneller leer ist und wir bald eine neue kaufen müssten. Und sie fing direkt an, mich zu küssen. Sie hatte warme, weiche Lippen. Ich versank förmlich in ihnen, mit meinen

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