Schottische Ballade
ich, und ein weiterer war schwer verwundet, ehe sie mich zu Fall brachten. Niemals hatte ich mich so allein, so machtlos gefühlt, als ich dalag und sie auf mich zukamen, um meinem Leben ein Ende zu bereiten.“
„O Lion ...“
„Ja.“ Lion war erleichtert, ihr Entsetzen zu sehen. Er hatte niemals geglaubt, dass sie mit dem Anschlag etwas zu tun hatte. „Wenn du mir noch immer nicht glaubst, dann fühle das.“ Er nahm ihre Hand und fuhr damit über seine Rippen, über eine dicke Narbe.
„Lion.“ Tränen liefen Rowena über die Wangen, als sie die Wunde spürte. „Wie hast du überlebt?“
„Ein Spähtrupp hörte den Lärm und kam, um nachzusehen. Sie vertrieben die Angreifer und retteten mir das Leben.“
„Doch ... doch warum hatte man mir nichts gesagt, als ich nach Kinduin kam und nach dir fragte?“
„Das überrascht mich nicht. Alles war ein wenig ... unsicher. Du musst wissen, die Männer, die mich angriffen, trugen Munro-Tartans.“
„Munros! Ich dachte, die Fehde der Sutherlands mit ihnen endete schon vor Jahren.“
„So war es auch, doch Laird Alain Munro war gerade verstorben, und sein Vetter sollte den Clan anführen, bis sein Sohn alt genug war. Es gab Gerüchte, dass dieser Seamus so gierig und ruchlos sei wie der alte Laird, von dem er seinen Namen hatte.“ „So war dein Vater aufgebrochen, Rache an den Munros zu nehmen?“
„Nein, das Netz war enger gewebt. Die Angreifer trugen zwar Munro-Plaids, doch die zwei Toten, die man zurückließ, waren nicht von deren Clan. Sie waren Fremde. Mein Vater dachte, jemand wolle Zwist zwischen unseren beiden Clans stiften, so wartete er ab, ob ich die Männer erkannte, die davonkamen.“
„Und?“
Lion nickte, seinen Blick auf sie gerichtet, und beobachtete ihr Verhalten.
„Der Mann, der sie anführte, war dein Bruder.“
„John? John versuchte, dich zu töten? Warum?“
„Ich dachte, er wäre gegen unsere Liebe.“
„Er wusste nichts davon. Zumindest hatte er niemals etwas gesagt. Mutter wusste, dass ich dich beim Sippentag kennen gelernt hatte, und warnte mich davor, dich wieder zu sehen, denn sie meinte, ich könnte sonst Schaden nehmen. Deshalb sagte ich es niemandem ..." Rowena schüttelte den Kopf. „Das muss ein Irrtum sein. Der Schreck über den Überfall, die Angst, du könntest sterben ..."
Lion zuckte die Schultern. „Ich dachte, es war John.“
„Warum griff dein Vater uns dann nicht an?“
„Weil ich nichts sagte. Der große Blutverlust hatte mich geschwächt, und ich litt furchtbare Qualen, doch ich schwieg, da ich Angst hatte, mein Vater könnte eben dies tun.“
„O Lion.“ Rowena barg das Gesicht an seiner Brust. „All die Jahre habe ich dich dafür gehasst, dass du von mir gingst, und dabei hast du mich und die meinen beschützt.“
Er strich ihr über das Haar. „Ich sagte doch, dass ich nicht so ein übler Bursche sei“, neckte er sie.
Rowena hob den Kopf. „Wie kannst du darüber scherzen?“
„Es ist Vergangenheit, Rowena.“
„Ich kann nicht glauben, dass mein Bruder so etwas tat. Vielleicht waren es wirklich die Munros. Du warst schwer verwundet und könntest dich geirrt haben.“
Lion gab einen unverständlichen Laut von sich. Er konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob John das Schwert gegen ihn erhoben hatte, doch er hatte ihn gesehen, wie er aus dem Schatten alles beobachtete.
„Oh.“ Rowena legte die Hände um sein Gesicht, die Augen leiderfüllt. „Wenn ich denke, du wärst gestorben, und ich hätte nichts davon gewusst. Ich dachte ..."
„Ssch.“ Lion küsste sie sanft. „Ich bin zu hartgesotten, um zu sterben.“ Obgleich er dem Tode sehr nahe gewesen sein musste, wie seine Eltern sagten.
„Ich ... ich verstehe nun, warum du mir keine Nachricht sandtest.“ Ihre Lippe bebte. „Du hast zweifellos gedacht, dass ich ... ich versuchte, dich zu ... “
„Das dachte ich niemals. Doch mein Vater war besorgt, die Munros könnten nochmals versuchen, mich zu töten, und so hatte man die Nachricht verbreitet, ich sei bereits nach Frankreich abgereist. Durch den hohen Blutverlust und das Fieber, das mich ergriffen hatte, war ich fast drei Wochen ohne Bewusstsein. Als ich meine Sinne wieder beisammen hatte, warst du bereits mit Padruig vermählt und nach Hillbrae gezogen.“ Er suchte in ihren Augen nach Antworten. „Du hast dich mit ihm vermählt, nur um mich zu ärgern. So musste es sein, denn du liebtest ihn nicht.“ Das Herz wurde ihr schwer, und Rowena nickte. „Ich
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