Schottische Disteln
Stränden baden, würden sich vergiften. Sie behaupten, wir verpesten die Luft, weil Abgase ungefiltert aus den Schornsteinen qualmen. Drittens töten wir Fische, weil wir Abfälle im Meer verklappen. Und viertens bringen wir Wale um, die durch das Getöse der Bohrtürme im Ozean orientierungslos werden und stranden. Und das Letzte: Wir baggern vergifteten Schlamm aus der Bucht, damit sie tief genug ist für den Transport unserer Bohrtürme aufs offene Meer, und lagern diesen Schlamm in der Nähe von Wohngebieten ab.«
Er sah sich um. »Nun, meine Herren was sagen Sie dazu?«
»Alles Unsinn, erstunken und erlogen«, rief einer, und andere nickten.
»Das mit dem Schlamm stimmt, aber das ist ein Problem der Stadtverwaltung.«
»Das Drama mit den Walen stimmt auch nicht, wieso verirren sich jährlich Hunderte von Walen in Tasmanien und an den Küsten Neuseelands, wo keinerlei Bohrinseln im Wasser stehen.«
»Den Reichtum vom Ölboom wollen alle genießen: die prachtvollen Straßen, die neuen Wohngebiete, die schönen Stadtparks, die Schwimmbäder, die wir jetzt haben, aber woher der Luxus kommt und wie er erarbeitet wird, das will keiner wahrhaben.«
»Nein, so einfach ist das nicht. So leicht können wir uns das leider nicht machen.« Ryan stand auf, trat an einen der Schränke, in dem eine Bar eingebaut war, und nahm sich ein Glas Mineralwasser.
»Bedienen Sie sich, wenn Sie etwas möchten.« Er zeigte auf die Bar. »Wir werden uns mit diesen Vorwürfen sehr genau auseinander setzen. Diese Leute behaupten immerhin, Beweise zu haben. Wir werden die Proteste genau prüfen. Und zwar heute noch. Wir haben die ganze Nacht lang Zeit. Und morgen werden wir die Unterzeichner dieses Briefes und die Medien zu einer Pressekonferenz und einer Werksbesichtigung einladen. Sie sollen prüfen und beweisen, was sie uns da in die Schuhe schieben.« Er fuhr sich mit beiden Händen durch sein Haar.
»An die Arbeit, meine Herren. Ich wünsche, dass Sie sich persönlich in den einzelnen Abteilungen um diese Vorwürfe kümmern.« Er trat ans Fenster und sah hinunter auf das Werftgelände, auf dieses so genannte Resultat seiner jahrzehntelangen Plagerei.
»Setzen Sie sich mit Ihren Mitarbeitern zusammen. Schließlich beschäftigen wir seit Jahren hoch bezahlte Experten für den Umweltschutz, damit so ein Schlamassel nicht passiert. Und wenn nur das kleinste bisschen stimmt, werde ich nicht zögern, den Verantwortlichen zur Rede zu stellen. Umweltschutz, und das wissen Sie, meine Herren, steht bei mir immer an erster Stelle, und wehe, ich entdecke irgendwo Schlampereien.«
Er drehte sich zu den Direktoren in ihren Designeranzügen um. »Wir treffen uns in sechs Stunden hier in diesem Büro. Die Zeit sollte für die ersten Prüfungen reichen. Danach sehen wir weiter.«
Und an seinen ersten Direktor gewandt: »Charles, sagen Sie den Medienvertretern, dass wir morgen eine Stellungnahme abgeben. Aber sprechen Sie nicht mit den Sensationsreportern draußen am Tor, sondern mit den Redakteuren in den Chefetagen.«
Ryan drückte auf den Summer für das Vorzimmer. Als Jane in der Tür stand, bat er: »Bitte lassen Sie Kaffee für mich kochen und ein Sandwich aus der Kantine holen.«
»Sofort Sir, ich kümmere mich persönlich darum.«
»Und sagen Sie in der Kantine Bescheid, dass wir morgen gegen zehn Uhr ein Frühstück für etwa dreißig Personen brauchen.«
»Jawohl. Welche Art von Frühstück, Sir?«
Ryan sah sie verblüfft an. »Wie meinen Sie das?«
»Es richtet sich nach den Gästen, die Sie erwarten, Sir.«
»Keine Delikatessen, wenn Sie das meinen. Ein Arbeitsessen, etwas Rustikales meinetwegen.«
Ryan setzte sich an seinen Schreibtisch und nahm noch einmal dieses Pamphlet der Umweltschützer in die Hand. Dabei starrte er immer wieder auf die Unterschrift dieser Karen Brendan. Mein Gott, wozu waren Frauen fähig, wenn sie abgewiesen wurden. Wie konnte eine Frau sich derart entblößen, und, was wichtiger war, wie konnte er damit fertig werden? Es war direkt ein Wunder, dass sie bei dieser ganzen verdammten Aktion nicht auch noch das Erschießen von Wildkaninchen angeprangert hatte. Und dann dieser Goldadler, wieso war der plötzlich tot und ölverschmiert? Er war doch handzahm und gehorchte ihr. Und da oben an der Südküste vom Moray Firth gab es weit und breit kein Öl im Meer. Sollte sie ihn selbst in ein Ölfass getaucht und getötet haben? Sie, die Tierschützerin? Ryan schüttelte den Kopf und damit auch die Gedanken
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