Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schottische Engel: Roman (German Edition)

Schottische Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schottische Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
Vom Netzwerk:
kamen Nachbarn, die das Polizeiauto gesehen hatten, viele Nachbarn, zum Schluss habe ich die Klingel abgestellt, weil ich Tatjana ins Bett bringen wollte. Und dann klingelte dauernd das Telefon, sogar Reporter von der Zeitung hatten durch die Polizei schon von dem Unfall gehört und wollten mit mir reden. Die gnädige Frau war ja sehr bekannt in der Stadt, und hier bei den Nachbarn mochte man sie und ihre Partys gern.«
    David winkte seinen Sekretär zu sich ins Haus. »Clark, Sie übernehmen die Haustür und die Telefone. Keine Kommentare, keine Auskünfte. Wir packen so schnell wie möglich ein paar Sachen und fahren nach ›Lone House‹.« Und zu Melanie gewandt: »Packen Sie die nötigsten Sachen für Tatjana und für sich ein, später können wir alles andere holen. Und jetzt will ich zu Tatjana.« Er nahm Mary, die sich sehr überflüssig vorkam, an die Hand. »Komm und schau dir meinen Engel an.«
    Melanie führte sie in das Kinderzimmer, und Mary war verblüfft von der Pracht, die das kleine Kinderbett umgab. Von künstlichen Palmen bis zu lebensgroßen Plüschtieren, von Seidenblumen bis zu rosa Rüschen über dem Bettchenhimmel und den Gardinen fehlte es an nichts. Vorsichtig trat sie neben David an das Kinderbett. Unter einer duftigen Daunendecke schaute ein roter Lockenkopf hervor, und Mary dachte als Erstes: ›Dann ist das Haar der Mutter tatsächlich echt.‹
    David strich dem Kind so lange über die Wange, bis es wach wurde. Das Mädchen sah mit großen Augen den Vater an, dann weinte es und rief: »Melli, Melli.«
    »Sie erkennt mich nicht«, flüsterte David traurig. »Wie damals in Glasgow bei meinem letzen Besuch.« Er streckte die Arme nach ihr aus, aber sie verkroch sich unter der Decke und schluchzte: »Melli, Melli.« Schließlich nahm Melanie sie auf den Arm und versuchte, sie zu beruhigen. Aber Tatjana schluchzte weiter. »Du hast mich weinen gemacht, du hast immer telefoniert, und wann kommt Mum nun endlich?« Von Mary nahm sie keine Notiz.
    »Mum ist noch ein bisschen verreist«, versuchte David zu erklären. »Und wir verreisen jetzt auch.«
    »Ich will aber nicht weg, ich will auf Mum warten.« »Wir fahren zu mir, und deine Mum kommt dann auch dorthin.«
    »Und wo ist das?«
    »In den Bergen und an einem See, und auf den Wiesen gibt es viele kleine Lämmchen, die du streicheln kannst.«
    Langsam beruhigte sich das Kind. »Weiße Lämmchen?«
    Ratlos sah David Mary an. »Weiße? Du hast sie doch schon gesehen.« Es war das erste Mal, dass er Mary in das Gespräch mit einbezog.
    »Weiße und ein paar sind auch schwarz.« Sie hielt sich absichtlich im Hintergrund. Das Kind musste genug verkraften, da sollte nicht auch noch eine fremde Frau im Vordergrund stehen.
    David drehte sich um und nahm Melanie das Kind ab. »Sie müssen jetzt die Koffer packen. Nur das Nötigste, alles andere kaufen wir später.« Dann drehte er sich zu Mary um und reichte ihr Tatjana. »Bitte zieh sie an, ihre Sachen werden hier in den Schubladen liegen.«
    ›Es fängt schon an‹, dachte sie traurig. ›Es ist schon selbstverständlich, dass ich mich um das Kind kümmere.‹ Sie nahm die Kleine und stellte sie auf einen Tisch, damit sie still stand. Diesen Trick hatte sie von ihrer Großmutter gelernt, die sie selbst immer auf einen Tisch gestellt hatte, wenn sie sich nicht an- oder auskleiden ließ. »Da oben haben die Kinder Angst und stehen still«, hatte die alte Dame erklärt, und Mary wagte sich nicht zu rühren. Anders Tatjana. Sie wollte sofort hinunterklettern, riss sich los, als Mary sie festhielt, und begann zu schreien. »Geh weg, du, ich will zu Melli.«
    Mary versuchte es mit Zureden. »Wir wollen doch zu den Lämmchen fahren, da musst du ein Kleid anziehen. Wenn die Lämmchen dich im Pyjama sehen, laufen sie alle weg.«
    »Ich will aber kein Kleid anziehen, ich will zu Melli.« Und schon riss sie sich los und rannte schreiend aus dem Zimmer.
    Unten in der Halle stand David und unterhielt sich mit dem Sekretär. »Clark, Sie kümmern sich um das Haus, sobald wir fort sind. Strom, Wasser, Heizung, die Türen, die Fenster, es muss alles gesichert werden. Melden Sie die Telefone ab und benachrichtigen Sie die Post, die alles nachschicken soll. Melanie soll die Milch und die Zeitung abbestellen. Dann holen Sie den Wagen von Miss Barkley aus der Garage und kommen mit dem Kindermädchen und dem Gepäck nach ›Lone House‹ hinterher.«
    Unwirsch drehte er sich um, als das schreiende Kind die Treppe

Weitere Kostenlose Bücher