Schottisches Feuer
die Karte nur durch Zufall in die Hände bekommen hatte. War Francis auch daran beteiligt gewesen? Schon allein sich diese Frage zu stellen, fühlte sich an wie Untreue. »Das beweist gar nichts.«
Seine Augen flammten gefährlich. »Es beweist, dass dein Mann darin verwickelt war.«
»Es beweist nur, dass mein Vater meinem Mann die Karte geschickt hat. Wir wussten bereits, dass mein Vater sie den Gordons gab. Das ändert nichts. Francis hatte nichts damit zu tun, dass du wegen Hochverrat angeklagt wurdest.« Sagte sie das, um ihn zu überzeugen oder sich selbst? Und wenn Francis tatsächlich dahintergesteckt hatte, änderte sich dadurch wirklich etwas? Schließlich hatte er sie und ihren Sohn dennoch beschützt.
Duncan musterte eindringlich ihr Gesicht. »Was hat er getan, um solche Loyalität zu verdienen?«
Sie hörte die heftige Emotion in seiner Stimme und musste sich abwenden, damit sie nicht in Versuchung kam, es ihm zu erzählen. Stattdessen wendete sie seinen eigenen Vorwurf gegen ihn. »Warum schließt du so schnell darauf, dass es Francis war? Mein Vater schreibt doch sogar, dass die Karte unerwartet in seine Hände kam.«
»Und wie kam sie zu ihm?«
In ihrer Brust verspürte sie einen Stich. Seine Frage sollte sie nicht so schmerzen. »Ich habe sie ihm nicht gegeben, wenn es das ist, was du meinst.«
»Wer war es dann?«
»Gab es denn sonst niemanden, der dazu Gelegenheit hatte?«
»Ich legte meinen Sporran nur zweimal ab. Einmal bei dir und einmal, als ich in mein Zelt zurückkehrte.«
»Und hast du da allein geschlafen?«
Er bedachte sie mit einem langen Blick. »Mein Vater, mein Bruder und ein paar der engsten Vertrauten meines Vaters schliefen ebenfalls in dem Zelt.«
»Und dennoch nimmst du sofort an, dass ich es war?«
»In Anbetracht dessen, wie dein Vater an jenem Tag gehandelt hatte, warst du am wahrscheinlichsten. Aber ich zog auch andere Möglichkeiten in Erwägung.«
»Und?«
Er antwortete nicht.
»Bin ich immer noch am wahrscheinlichsten?«
Er zögerte einen langen Augenblick. »Das will ich nicht glauben.«
Sie suchte seinen Blick. Er sah sie an, als wollte er das wirklich nicht. »Was glaubst du hier drin?«, fragte sie und deutete auf ihre Brust.
Er biss die Zähne zusammen. »Nichts.«
Sein Herz hatte ihn schon einmal in die Irre geführt.
Als sie nichts erwiderte, fragte er: »Und was ist mit dem Brief? Willst du immer noch leugnen, dass dein Vater in den Verrat an mir verwickelt war?«
Sie senkte den Blick zu Boden. »Er hätte alles Mögliche meinen können.« Das klang selbst in ihren eigenen Ohren falsch. Ihr Vater war daran beteiligt gewesen. Das wusste sie genauso gut wie er.
Duncan hielt ihren Blick noch einen Augenblick länger fest, so als wartete er darauf, dass sie ihre Meinung änderte. Dass sie eine andere Wahl traf. Dass sie sich für ihn entschied.
Gott, wie sehr sie das tun wollte! Wenn sie so dicht vor ihm stand, allein, und seine Stärke spürte, die sie einhüllte, dann sehnte sie sich danach, ihn zu berühren, Zuflucht zu finden in der kraftvollen Verbindung zwischen ihnen. Alles in ihr schrie danach, sich ihm in die Arme zu werfen, die Wange an seine Schulter zu schmiegen, seinen warmen, würzigen Duft zu atmen und ihre Sorgen zu vergessen.
Er würde sie küssen.
Die Erinnerung an seine Lippen auf ihren reichte beinahe aus, um jede Vorsicht in den Wind zu schießen. Sie wusste, wie es sich anfühlen würde. Wie er schmecken würde. Wie die Lust wie eine Welle über sie hereinbrechen würde und alles andere bis auf die sinnlichen Empfindungen auslöschen würde. Ihre Sorgen würden sich auflösen wie Dunst in der Morgendämmerung. Für einen Augenblick. Doch wie der Dunst würden sie zurückkehren, sobald die Dunkelheit kam.
Sie musste mit dem Kopf denken und nicht mit ihrem Herzen. Die Tatsache, dass er sie ausspionierte, sie beschuldigte, sagte ihr, dass es richtig gewesen war, ihm ihr Geheimnis nicht anzuvertrauen.
Sie würde nicht leugnen, dass etwas zwischen ihnen war. Dass sich in den letzten paar Wochen ihre alten Gefühle wieder geregt hatten. Dass sie viele neue bewundernswerte Züge an dem Mann entdeckt hatte, zu dem er geworden war. Dass sie, wenn er sie küsste, mehr Leidenschaft, mehr Gefühl verspürte, als sie in den letzten zehn Jahren empfunden hatte. Dass sie selbst in diesem Augenblick fürchtete, verloren zu sein, wenn er sie in die Arme riss.
Doch obwohl die alten Gefühle immer noch da waren, das Misstrauen war es
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