Schottisches Feuer
wünschte.
Wie es schien, war keiner von ihnen bereit, einen großen Vertrauenssprung zu wagen. Ihrem Herzen zu folgen, hatte sie schon einmal fast vernichtet – das konnte sie ihrem Sohn nicht antun.
Doch sie hoffte, dass Jamie Campbell ihm helfen …
Gütiger Gott! Warum hatte sie nicht schon eher an diese Möglichkeit gedacht? Panik fuhr ihr in die Glieder, und sie versuchte, ihrer Stimme einen ruhigen Klang zu verleihen, obwohl jeder Nerv ihres Körpers vor Gefahr vibrierte. Es gab keinen Grund zu glauben … Die Campbells hatten viele Burgen. Dennoch klang ihre Stimme schrill, als sie fragte: »Dann gehst du also nach Ascog Castle?« Bitte, bitte, bitte sag ja.
Mit eigenartigem Blick sah er sie an. » Nay. In ihrem letzten Brief erwähnte meine Schwester Lizzie, dass Jamie und seine neue Frau den Winter auf Castleswene verbringen werden.«
Nein! Furcht legte sich über sie. Dougall war auf Castleswene.
Ihr Herz klopfte so heftig, dass er es sicher hören konnte. Das Geräusch schien ihr laut in den Ohren zu hämmern. Trotz der kalten Nachtluft trat ihr Schweiß auf die Stirn, und ihre Hände wurden feucht. Duncan würde Dougall sehen. Panisch krampfte sie die Finger in den Samt ihres Morgenrocks. Alles in ihr sträubte sich gegen diese Möglichkeit. »Ich komme mit dir«, platzte es aus ihr heraus.
Seine Augen verengten sich. Ihr plötzlicher Sinneswandel weckte seinen Argwohn. »Warum solltest du das tun wollen?«
Das wusste sie nicht, doch sie musste irgendetwas unternehmen. Vermutlich würde sie nicht verhindern können, dass sie sich über den Weg liefen, aber vielleicht konnte sie ihn ablenken. Sie wusste nur, dass sie nicht hierbleiben und darauf warten konnte, dass die Katastrophe eintrat.
Ihre Miene blieb ausdruckslos, denn die Angst hatte sie innerlich zu Eis erstarren lassen. »Wenn du als einer meiner Wachmänner reist, ist es unwahrscheinlicher, dass du entdeckt wirst. Außerdem«, fuhr sie beiläufig fort, »würde ich gerne meinen Sohn sehen. Nach allem, was du für Ella und mich getan hast, ist es das Mindeste, was ich für dich tun kann.« Das war zumindest die Wahrheit.
»Und kümmert es dich denn, ob man mich entdeckt?«
Ihre Augen suchten seinen Blick, und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Es schmerzte, dass er das von ihr denken konnte, doch was sollte er sonst glauben? »Ich wollte nie, dass du verletzt wirst, Duncan«, sagte sie leise. »Ich versuche nur, meine Familie zu schützen. Die Familie, die du anscheinend so fest entschlossen zerstören willst.«
Er bedachte sie mit einem langen Blick, und seine durchdringenden blauen Augen wurden beinahe schwarz. »Ist das der wahre Grund, warum du mit mir kommen willst, Jeannie? Um zu verhindern, dass ich den Ruf deines Vaters und deines Mannes in den Schmutz ziehe?«
Sie zuckte zusammen. Daran hatte sie überhaupt nicht gedacht, doch vielleicht war es besser, wenn er das glaubte. Sie würde alles tun, um ihn von dem wahren Grund abzulenken: nämlich, dass ihr bei dem Gedanken, ihn auch nur innerhalb einer Meile von ihrem Sohn zu wissen, eiskalte Schauer des Entsetzens über den Rücken liefen.
Ich würde niemals zulassen, dass ein Kind von mir ohne meinen Namen aufwächst. Seine Worte hallten durch ihren Kopf.
Entschlossen hob sie das Kinn, ohne seine Anschuldigung zurückzuweisen. »Glaub, was du willst, aber ich werde nach Castleswene gehen, ob du nun mit mir reiten willst oder nicht.«
Kapitel 16
Letztlich war Duncan mit ihr geritten, obwohl das ihre Abreise um einen Tag verzögert hatte, da sie einen Reisetrupp zusammenstellen mussten – oder eine Beerdigungsprozession, je nachdem, ob sein riskantes Spiel sich auszahlte.
Jeannies Einschätzung der Situation war treffend gewesen. Sich an seinen Bruder zu wenden und ihn um Hilfe zu bitten, war ein Risiko, allerdings eines, das er eingehen musste. Er hatte keine andere Möglichkeit mehr. Jeannie würde ihm nicht helfen. Er konnte nur hoffen, dass Lizzies Einschätzung ihres Bruders sich als zutreffender erwies als manche der Gerüchte, die er gehört hatte. Wenn er sich irrte, war er ein toter Mann. Genauso gut könnte er sich höchstpersönlich selbst dem Scharfrichter ausliefern.
Obwohl die wahre Gefahr erst am Ende ihrer Reise wartete, war auch der Weg nach Castleswene nicht ohne Risiko, und Jeannies Angebot, ihn als einen ihrer Wachmänner mit sich reisen zu lassen, war zweifellos eine große Hilfe. Doch er wollte nicht, dass sie sich irgendeiner Gefahr aussetzte. Er
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