Schottisches Feuer
Flehen. Mit zusammengebissenen Zähnen riss er sich gewaltsam von ihr los. Von unkontrollierbarem Schluchzen geschüttelt sank sie kraftlos zu Boden. »Verlass mich nicht!«, stieß sie erstickt hervor.
Ohne ein weiteres Wort, ohne einen weiteren Blick glitt er zurück in den Schatten, so lautlos, wie er gekommen war. Einen Augenblick später hörte sie, wie sich die Tür öffnete und schloss.
»Nein!« Doch da war niemand mehr, der sie hätte hören können. Er war fort.
Duncan war nicht bewusst gewesen, wie verzweifelt er an ihre Unschuld hatte glauben wollen, bis er erkannte, dass sie ihn verraten hatte. Der Mann, der aus jenem Zimmer ging, war nicht mehr derselbe, der es betreten hatte. Er war älter. Desillusioniert. Eine harte Hülle. Im Innern kalt.
Ich hätte es wissen müssen. Er hatte sie mit ihrem Vater gesehen – hatte er wirklich geglaubt, sie würde all das für ihn aufgeben?
Vielleicht konnte er versuchen, ihre Loyalität dem Vater gegenüber zu verstehen, aber die Karte, die nun, wie sie selbst zugegeben hatte, im Besitz ihres Vaters war, konnte er nicht erklären. Ebenso wenig konnte er ihre Verlobung mit einem anderen Mann erklären.
Er verspürte ein seltsames Brennen in der Brust, ein quälendes Gefühl, das man nur als Eifersucht beschreiben konnte. Dass er den Mann kannte – und wenn sie nicht auf gegnerischen Seiten stünden, würde er ihn vielleicht sogar bewundern –, machte es nur noch schlimmer. Francis Gordon war ein begabter Politiker, ein geübter Krieger, wohlhabend und, wenn Duncan dem Urteil der Damen bei Hofe Glauben schenkte, ungewöhnlich gut aussehend. Die perfekte Wahl für die Tochter eines Chiefs. Im Gegensatz zu ihm.
Er fühlte sich wie ein Narr! Warum sollte sie ihn heiraten wollen, wenn sie mit dem Sohn eines der mächtigsten Männer Schottlands verlobt war? Dem legitimen Sohn. Duncan hatte sich selbst etwas vorgemacht mit dem Glauben, eine Frau wie sie könnte über den Makel seiner Geburt hinwegsehen.
Hatte ihr Vater sie benutzt, um ihn abzulenken? Das war vermutlich die Schmach, die am schwersten zu schlucken war. Dass er die Anzeichen für Grants Verrat übersehen und dadurch seine Pflicht seiner Familie gegenüber versäumt hatte, weil er wie ein verliebtes Hündchen hinter einem Mädchen hergehechelt war.
Das passierte, wenn man mit seinem Schwanz dachte. Den Fehler würde er nicht noch einmal begehen. Sein Schicksal lag auf dem Schlachtfeld, nicht bei einer Frau. Das hätte er schon vor langer Zeit erkennen sollen.
Und doch weigerte sich ein Teil von ihm zu glauben, dass alles eine Lüge gewesen war. Leidenschaft wie diese ließ sich nicht vortäuschen. Aber vielleicht war das alles, was es gewesen war: Leidenschaft. Vielleicht hatte sie ihn fallen gelassen, als sie etwas Besseres fand. Hatte er sich nicht genau darüber Sorgen gemacht? Dass sie ihrem Herzen folgen würde, sobald der nächste Impuls sie traf?
Energisch verdrängte er die Erinnerung. Selbst wenn ihre Gefühle nicht völlig gespielt waren, hatte sie ihre Wahl getroffen, als sie sich auf die Seite ihres verräterischen Vaters schlug.
Und er hatte die seine getroffen. Er würde zu seinem Vater zurückkehren und Archie seinen Fall darlegen.
Duncan dachte über die Indizien nach, die gegen ihn sprachen, und wusste, dass sie vernichtend waren. Die Nachricht. Die Karte. Das Gold. Die Wut auf seinen Vater. Der Ärger darüber, dass ihm kein Kommando übertragen worden war. Vielleicht ließen sie sich einzeln erklären, aber zusammengenommen waren sie ein überzeugender Beweis für seine Schuld. Er konnte nur hoffen, dass Archie, sobald er ihm die Tatsachen unterbreitet hatte, ihn nur der Narrheit für schuldig hielt und nicht des Verrats.
Es war kurz vor dem Morgengrauen, als Duncan zu Fuß durch das Tor von Drumin Castle schlüpfte. Sein Pferd – und seine Kampfkleidung – hatte er nicht weit entfernt zurückgelassen. Den stählernen Helm, die Waffen und seine Rüstung hatte er sorgfältig versteckt und sie durch ein schlichtes Plaid und ein Bonnet ersetzt, das er sich tief in die Stirn zog, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Sie suchten nach ihm. Das hatten ihm die drei Patrouillen, denen er unterwegs ausgewichen war, verraten. Doch da die Tore nicht so streng bewacht wurden, vermutete er, dass sie nicht mit seiner Rückkehr rechneten.
Er versteckte sich in den Ställen und verbrachte den größten Teil des Tages damit, jedem aus dem Weg zu gehen, der ihn erkennen könnte, und
Weitere Kostenlose Bücher