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Schottlands Wächter (German Edition)

Schottlands Wächter (German Edition)

Titel: Schottlands Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Gerlach
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überquerten sie einen kleinen Bach, der zwei Seen miteinander verband. Dahinter stieg das Gelände sanft an. Der Bewuchs wurde weniger, so dass Bryanna Kaylee einholen konnte. Auf der Kuppe des Hügels wuchsen nur kurze, scharfkantige Gräser. Bryanna sah sich um. In alle vier Himmelsrichtungen wuchsen niedrige Büsche, dornige Sträucher und Gras. Im Norden lagen die beiden durch den Bach verbundenen Seen wie glitzernde Edelsteine. Ringsum konnte Bryanna Felsen, Sand und Meer erkennen. Nur im Südosten setzte sich das Ödland fort. Ein Mensch war nirgends zu sehen.
    „Merkwürdig, es ist niemand da.”
    „Vielleicht hat sich der Seannachaidh geirrt, und es gibt hier gar keine Hexe.”
    Bryanna zuckte mit den Schultern. Sie blickte so lange in die Ferne, bis sich das doppelte Bild einstellte das ihr die Gegend auf der anderen Seite zeigte. Das buschige Ödland wurde von saftigen Wiesen überlagert, auf denen zahlreiche nasse Schafe im Regen grasten. Eine Straße führte von dem Sandberg hinunter nach Süden. Eine einsame Gestalt stieg auf ihr den Hügel hoch.
    Bryanna lächelte. „Wir sind hier richtig”, sagte sie. „Wir müssen nur auf die schottische Seite.” Sie schob am Gewebe der Welten und schlängelte sich hindurch auf die andere Seite. Kaylee folgte ihr.
    In Schottland regnete es. Ein starker Wind peitschte den Mädchen Tropfen ins Gesicht. Langsam stiegen sie den rutschigen Hang hinunter und gingen der Frau entgegen, die die Straße entlang gehumpelt kam.
    Noch bevor sie sie erreichten, riss der Himmel auf. Die Sonne ließ die Tropfen im Gras funkeln und verwandelte die Straße in ein glühendes Band. Bryanna schloss geblendet die Augen. Hinter sich hörte sie ein tiefes Schnauben. Sie sah sich um und erstarrte.
    Ein Wesen wie aus ihren schlimmsten Albträumen stand auf der Straße. Wäre es Bryanna nicht so nahe gewesen, hätte sie es für Pferd und Reiter halten können. Doch der Reiter hatte keine Beine und war mit dem Pferdekörper verwachsen. Sein gesichtsloser Kopf rollte auf den Schultern hin und her, als wäre das Genick gebrochen. Bryannas Blick irrte über den widerlich rosigen Körper des Wesens. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, was sie sah. Das Tier war nicht nur ohne Fell, es hatte auch keine Haut. Seine roten Muskeln zuckten, gehalten von weißen Bändern und durchsichtigen Muskelhäuten. Durch die Adern pulsierte dunkel das Blut. Bryannas Magen rebellierte. Als ihr das Pferdemaul faulig stinkende Gase ins Gesicht blies, stöhnte sie angewidert. Hilflos sah sie zu, wie sich die überlangen Arme des Reiterteils von den flossenartigen Vorderfüßen hoben und nach ihr griffen. Sie war unfähig, sich zu rühren. Ihre Arme, ihre Beine, nichts wollte gehorchen.
    Kaylee packte Bryannas Arm und zog sie aus der Reichweite der widerlichen Arme des Tieres. Das Wesen stieg mit den Vorderläufen in die Höhe und kreischte wütend. Bryannas Beine setzten sich in Bewegung, obwohl sie noch immer vor Angst und Ekel wie gelähmt war. Kaylee ging rückwärts, das Gesicht die ganze Zeit dem Albtraumwesen zugewandt. In der freien Hand hielt sie das Ebereschensträußchen der weisen Frauen und streckte es dem Wesen entgegen. Wütend, aber in sicherer Entfernung folgte ihnen das Tier.
    Endlich begann Bryannas Hirn wieder zu arbeiten. Erinnerungen an die Lesestunden mit ihrem unsichtbaren Freund Hob tauchten auf und ihr fiel ein, was für ein Wesen ihnen gegenüberstand.
    „Schnell, zum Loch. Das ist der Nuckelavie! Er mag kein Süßwasser.”
    „Wir können die Alte nicht im Stich lassen”, sagte Kaylee. Bryanna sah über ihre Schulter. Nicht weit entfernt stand die alte Frau in ihrem abgenutzten, gelben Ölzeug. Die Mädchen gingen rückwärts, bis sie die Frau erreicht hatten und nahmen sie in die Mitte. Gemeinsam verließen sie die Straße und näherten sich dem Ufer des Lochs. Der Nuckelavie wieherte drohend und streckte erneut seine Arme aus. Schnell hielt ihm auch Bryanna ihr Ebereschensträußchen entgegen. Wenige Schritte später lief ihr das eisige Wasser des Lochs in die Stiefel.
    „Spritzt”, rief sie und begann Wasser in Richtung des Untiers zu schaufeln. Der Nuckelavie kreischte, als würde er bei lebendigem Leib verbrannt. Als auch Kaylee anfing Wasser nach ihm zu schleudern, drehte er um und trabte davon, so schnell ihn seine Flossenfüße trugen. Erleichtert sah Bryanna, wie er durch einen Riss im Weltengewebe verschwand. Sie stellte sich eine Nadel vor und nähte die Fasern des

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