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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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betrachtete das Haus. Es war ein ganz normales Haus in einer Wohngegend, umgeben von Häusern derselben unaufdringlichen Bauart.
    Das Haus war ziegelrot gestrichen und im Stil der Fünfziger erbaut, eine eingeschossige Rahmenkonstruktion mit flacher Holzverkleidung über einem Betonfundament. Das Dach war fast flach, stieg jedoch zur Mitte und zu dem Zinkschornstein hin, der Dampf ableiten konnte, ganz leicht an. Im Keller sah er den gelben Schein einer nackten Glühbirne und gebogene Rohre. Als er wieder auf das Wohnzimmerfenster blickte, sah er, wie sich die Vorhänge bewegten, und er wusste, dass jemand ihn beobachtet hatte.
    Alles drängte ihn, von hier zu verschwinden. Ihm war schlecht, sein Magen krampfte sich zusammen, und er fühlte sich durch und durch unwohl. Als er losgehen wollte, stellte er fest, dass seine Beine sich nicht bewegen wollten. Die Spannung in seinem Innern ließ seine Gliedmaßen zucken. Am Fuß der Treppe hielt er inne, um sich zu sammeln.
    Hunt hatte erwartet, dass die Tür aufging. Nichts rührte sich. Er stieg die Stufen hinauf und stand auf der Veranda, atmete tief ein und versuchte, die Luft ganz nach unten zu drücken. Es war, als versuche er, seine Arme und Beine aufzublasen und sie aussehen zu lassen, als wären sie solide und fest. Als er anklopfte, höre er eine Bewegung hinter der Tür, und dann öffnete sie sich.
    ***
    Drake zog den Mantelkragen enger um seinen Hals und machte sich auf den Weg vom Auto zu dem Haus. Jetzt lag der Schnee zwei Zentimeter tief, unberührt bedeckte er den Boden. Er hielt nach den DEA-Beamten Ausschau, die Driscoll abgestellt hatte, um das Haus zu überwachen. Unwillkürlich rückte er das Gewicht seiner Dienstwaffe am Gürtel zurecht, dann blickte er zu dem Haus hinüber. Auf beiden Seiten der Straße standen Autos, stumme, schneebedeckte Hügel, eins hinter dem anderen, die Windschutzscheiben nichts als ein Flickenteppich aus Schnee und Glas.
    Das Haus bot keinen besonderen Anblick, doch er hatte sich schon gedacht, dass es keine mit Drogengeld finanzierte große Villa sein würde. Es war ziegelfarben gestrichen, mit Schindelverkleidung und Betonstufen, die zu einer Veranda hinaufführten, die halb so breit war wie das Haus. Er hielt inne und betrachtete das Ganze.
    Was hatte er erwartet? Er hatte eine Adresse auf einem Stück Papier, die ihm ein verurteilter Mörder gegeben hatte, ein Drogenschmuggler, und er, der Polizist, versuchte, diesen Mann festzunehmen. Jetzt war ihm klar, dass das Ganze nichts anderes als Wunschdenken war, etwas, das Hunt ihm erzählt hatte, um das Telefongespräch mit Drake zu beenden.
    Der Anblick der einsamen Glühbirne im Kellerfenster und der Lichtschein tiefer im Innern des Hauses waren die einzigen Anzeichen dafür, dass hier jemand wohnte. Drake stand im Schatten eines Leitungsmastes und beobachtete das Haus. Nichts rührte sich. Ein Flugzeug zog über ihm dahin, der Maschinenlärm veränderte sich, als es zum Landeanflug auf den nahen Flughafen ansetzte. Eine vom Schnee und dem Lärm eines darüber hinwegfliegenden Jets weichgezeichnete Welt, und dann nichts, wieder Schnee und der simple Trost von Verandalampen, die entlang der Straße angingen.
    Drake fühlte, wie die Kälte ihm in die Schuhe drang. Er zitterte, stand hier draußen in der Kälte, ohne richtig angezogen zu sein. Wieder sah er zu dem Haus hinüber und ging dann weiter. Sein Vater hatte ihm nichts gesagt, womit er etwas anfangen konnte. Er wusste nicht, was er erwartet hatte. Eine Antwort? Ein Teil von ihm fühlte sich genauso wie immer, doch ein kleines Stück von ihm sagte, dass das ganz in Ordnung sei. Es war, wie es eben war, und es war in Ordnung.
    Hunt war wahrscheinlich tot. Nora auch. Der Killer verschwunden. Das Heroin weg. Alles weg. Nichts mehr übrig, außer grauer Finsternis, um daran herumzurätseln.
    Er schlang die Arme um den Körper und ging noch ein wenig weiter an der Reihe der Autos entlang, drückte frische Spuren in den Schnee und behielt das Haus über die Straße hinweg im Auge. Im Vorbeigehen fiel ihm an einem der schneebedeckten Autofenster ein Schatten auf, dick wie Molasse, wie Öl unter Sägemehl. Er kam näher, musterte den Schatten am Fenster, blauschwarz im Halogenlicht von oben.
    Irgendetwas sickerte durch ein Loch aus dem Autofenster auf den frisch gefallenen Schnee heraus, und er berührte es mit dem Finger und hob ihn dann dicht vors Gesicht. Das Licht über ihm verlieh der Flüssigkeit auf seinem Finger eine

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