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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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Dann schlüpfte er unter die Decke und streckte die Zehen in die Tiefe des Bettes; das Gefühl verschluckte ihn fast. Die Sauberkeit dieses Gefühls.
    Mittlerweile zu müde, um sich die Zähne zu putzen, um sich von den Schlacken zu säubern, von diesem Tag, all den ruinierten Leben, die im Laufe der letzten paar Tage zurückgelassen worden waren. Er wollte, doch er konnte das alles nicht loslassen, brachte es alles mit ins Bett, unter die Decke, verharrte darin und fühlte es nicht auf der Haut, sondern irgendwie darunter, als wäre eine Schicht zu seinem Inneren hinzugekommen, dick und klebrig.
    »Sheri?«, sagte er, die Lichter der Stadt wie Sternenschein auf ihrem abgewandten Körper. Er streckte die Hand aus, um sie zu berühren, fühlte seine kalten Finger auf ihrem warmen Rücken. Sie rollte sich herum und drückte einen Augenblick lang erschrocken die Decke gegen die Brust; ihre Augen sahen ihn an, das stumpfe blau-silberne Leuchten der Stadt auf ihr. »Sheri«, sagte er noch einmal, schob einen Arm unter ihr Kopfkissen, den anderen über die geschwungene Senke ihrer Seite, die Hand auf ihrem Rücken, fühlte die Wärme. »Sag mir, dass ich ein guter Mensch bin.«
    »Das bist du.« Ihre Augen waren offen, blinzelten nicht, erwiderten seinen Blick.
    Drake wusste, dass er betrunken war, dass er sich albern benahm, doch es schien ihm wichtig zu sein, das alles, alles, was in den letzten paar Tagen geschehen war. Er konnte es nicht erklären. Er wollte nur, dass ihm jemand sagte, dass er ein guter Mensch war, dass er seinen Job gemacht hatte, dass es irgendwie von Bedeutung war.
    Er zog sie dichter an sich und drückte die Lippen von unten gegen ihr Kinn, während seine Arme sich fester um sie schlossen. Sheri ließ ihn gewähren, bog den Hals zurück, bis er Nase und Lippen unter ihrem Kopf in die Wärme ihres Körpers drücken konnte, sauber und nach Äpfeln und Seife duftend. Für Drake fühlte es sich an, als kämen zwei Welten zusammen, die Vergangenheit und die Gegenwart, wie der kleine Obstgarten seines Vaters. Mit der alten 22er Äpfel von den Bäumen schießen. All das, bevor er fortgegangen war, aufs College, vor einer ganzen Menge Dinge, alle miteinander vermengt, Pulverdampf trieb durch Obstgartenlicht, zerfetzte Äpfel im nassen Abendgras, der Geruch nach Kordit und gerade eben abgefeuerten Gewehren.
    ***
    Der Anwalt hatte Grady Zeit und Ort des Treffens genannt. Er hatte nur einen Satz Koordinaten und ein GPS. Grady überprüfte das GPS. Der Wind kam über das Cockpit gefegt und zerrte ihm das Haar nach hinten; seine Haut war rot und gereizt von der Geschwindigkeit. Überall um sich herum hörte er das Klatschen des Wassers unter dem Rumpf. Er machte ungefähr fünfunddreißig Knoten, weißer Schaum führte in einer Spur hinter ihm her.
    Er hatte Hunt am Steg umbringen wollen, doch das war nicht das, worum gebeten worden war. Er sollte Hunt die Übergabe durchführen lassen, ihn töten, die Drogen an sich nehmen und das Boot versenken. Es aussehen lassen wie einen Unfall. Es war leicht, einen Mord unter einem knappen Kilometer Wasser zu verstecken.
    Bei ihrer Unterhaltung am Anleger war ihm klargeworden, dass Hunt nie und nimmer der Typ war, der ihn an sich heranlassen würde. Er hatte seinen Namen nicht genannt, hatte Grady kaum nahe genug herankommen lassen, um ihm die Hand zu geben. Nicht wie der letzte Mann, den Grady getötet hatte, ein Ex-Sergeant der Reserve, jemand, der mit ihm in einer Bar ein Bier getrunken hatte. Jemand, der irgendwann mal mit dem Anwalt im Geschäft gewesen war, der ein Schmuggler gewesen war, genau wie Hunt. Grady war dafür bezahlt worden, ihn zu vertreiben, ihm Angst zu machen, ihm vielleicht sogar einen oder zwei Finger zu kappen und es damit gut sein zu lassen. Doch der Sergeant war simpler gewesen, betrunken, war zu seinem Wagen hinausgestolpert, um in der kühlen Nachtluft zu pissen, Grady dicht hinter ihm. Jemand, der nicht vermisst werden würde, das konnte Grady sehen. Keine Kinder, keine Frau, nur eine Reihe falscher Entscheidungen, die den Anwalt eine beachtliche Stange Geld gekostet hatten. Grady hatte dem Ex-Sergeant hinter der Bar die Kehle durchgeschnitten, die Hose des Mannes offen und der Penis in seiner Hand. Blut und Urin sammelten sich in einer Lache auf dem Asphalt des Parkplatzes. Der Anwalt hatte ihn gut dafür bezahlt, dass er den Mann verschwinden ließ. Spielte es eine Rolle, wie er das bewerkstelligte?
    Gradys Handy lag vor ihm auf einer

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