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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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sagte, was Drake hören musste. »Wir haben absolut nichts in der Hand. Es sei denn, dieser Mann beschließt, sich zu stellen, und ich sage Ihnen, das wäre in Anbetracht der Dinge eine sehr schlechte Idee. Genauso gut können wir diese Geschichte zu den Akten legen und das Beweismaterial verbrennen.«
    »Wir haben immer noch die Pferde«, wandte Drake ein.
    »Eins davon ist tot. Und solange das andere nicht sprechen lernt …«
    Drake kaute sein Essen. Sheri sah ihm zu. »Haben die Sättel irgendetwas hergegeben?«
    »Die Sättel sind zu gewöhnlich. Auf der Karte war nichts markiert, und das GPS sah genauso sauber aus. Keine Fingerabdrücke von dem zweiten Mann auf irgendetwas. Der Junge hatte einen Autoschlüssel bei sich, bloß einen Schlüsselanhänger und einen Zündschlüssel.«
    »Ich wette, der passt zu dem Wagen oben am Silver Lake«, bemerkte Drake.
    »Den haben wir schon abgeholt und nach Seattle runtergeschafft. Nichts. Sieht aus, als wäre er nur dazu da gewesen, dort hinzukommen. Der Kleine war erst seit ein paar Wochen aus Monroe raus, als Sie ihn geschnappt haben.«
    »Im Ernst?«
    »Ist wahrscheinlich besser so. Der hätte mit Sicherheit im Flieger dahin zurück gesessen. Lieber kein Geld fürs Ticket zum Fenster rausschmeißen.«
    »Das ist aber gar nicht nett«, stellte Sheri fest.
    »Es ist die Wahrheit«, erwiderte Driscoll und schob seinen Teller weg. Er fragte, ob sie ein Dessert wollten.
    Sheri machte ein angewidertes Gesicht. »Ehrlich gesagt, ich bin ein bisschen müde. Ich würde gern ins Hotel zurückfahren.«
    »Hört sich gut an«, meinte Driscoll, »aber Sie haben doch bestimmt nichts dagegen, wenn ich mir Ihren Mann noch eine Stunde ausleihe? Ich würde mich gern ein bisschen mit ihm unterhalten, hören, was er über die ganze Sache denkt.«
    »Wenn wir morgen abreisen«, sagte Drake, »dann sollten wir wohl ins Hotel zurück, denke ich.«
    »Jetzt seien Sie doch nicht so, Drake«, brummte Driscoll und klaubte mit einem Zahnstocher, den er aus der Tasche gezogen hatte, die Essensreste zwischen den Zähnen heraus. »Setzen Sie sie in ein Taxi, und wir unterhalten uns.«
    »Ich glaube nicht, dass –«
    »Ist schon okay«, unterbrach Sheri ihn. »Du kannst ruhig noch ein bisschen reden. Ich komme schon klar. Wie gesagt, jetzt, wo der Junge tot ist, besteht ja keine Gefahr.«
    Driscoll wartete, während Drake Sheri in ein Taxi setzte. Als der Deputy zurückkam und sich setzte, bemerkte Driscoll: »Ich glaube, was ich zu sagen hatte, hat ihr wohl nicht gefallen.«
    ***
    Hunt nahm die Fahrt aus dem Boot und sah zu, wie in der Ferne die Fähre nach Victoria übersetzte. Die Sonne war untergegangen, und eine Stunde lang wartete er in einer kleinen Bucht südlich der Grenze. Langsam verblasste im Westen das Licht, und eine Weile saß er einfach nur da und sah zu, wie es verging, wie das Schwarz über ihn kam, und dort, wo sich Himmel und Erde begegneten, ein violetter Dunst.
    Obwohl Eddie sich klar und deutlich ausgedrückt hatte, behagte Hunt der Gedanke nicht, dass er jemandem sein Leben schuldete oder dass alles, worauf sie hingearbeitet hatten, jetzt jemand anderem gehörte. Der Gedanke, dass jemand einfach die Hand ausstrecken und ihn derart ausnehmen konnte. Ihn kontrollieren und ihm sagen konnte, wie die Dinge von nun an laufen würden. Eddie hatte ihm gesagt, es sei nur ein Mann, ein Anwalt, jemand wie Eddie, der ungewöhnliche Deals einfädelte. Es hatte nicht den Anschein, als sei das die ganze Geschichte. Hunt hatte da den einen oder anderen Verdacht. Was kontrollierte ein einziger Mann, das sie alle so handeln ließ? Er wusste, dass der Anwalt lediglich der Wortführer von etwas Größerem war, von irgendeiner internationalen Gruppierung. Menschen, die alles beherrschten, Menschen, die ihn und Eddie verschwinden lassen konnten. Er sann darüber nach, während er den Sonnenuntergang betrachtete und auf die Dunkelheit wartete. Er würde nie erfahren, für wen der Anwalt arbeitete, und vielleicht war es auch besser so. Und jetzt würden sie für diesen Mann Drogen schmuggeln, überallhin, wohin man es ihnen befahl, ohne bei dem Deal einen besonderen Anspruch anmelden zu können. Bei dem Gedanken sackte sein Brustkorb in sich zusammen. Er legte die Hand aufs Brustbein und atmete ein, fühlte, wie die Luft in seine Lunge drang. Er war vierundfünfzig Jahre alt. Was machte er hier? Die meisten Männer in seinem Alter hatten ihre Altersvorsorge bereits unter Dach und Fach. Hatten ein

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