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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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vorwärtszubewegen, tief geduckt und dicht am Boden. In den Fenstern war nichts zu sehen. Nicht einmal ein Licht oder das Flackern eines Fernsehers.
    Er kniete sich hin und setzte die AR-15 zusammen. Dann holte er zwei Reservemagazine aus dem Koffer und verstaute sie in seinen Taschen. Mit dem Zielfernrohr konnte er ins Haus sehen, und er kniete dort und beobachtete alles eine halbe Stunde lang. Nichts rührte sich. Der Stall befand sich am gegenüberliegenden Ende des Grundstücks, und er ging dorthin, nutzte erst den Zaun und dann das Gebäude selbst als Deckung. Er konnte nur hoffen, dass jemand im Haus war.
    Als er durch den Stall ging, sah er, dass drei Pferde auf die eingezäunte Weide gebracht worden waren. Fünf Minuten lang stand er im Schatten des Stalles und benutzte das Zielfernrohr, um aus einem anderen Winkel in die Fenster des Hauses zu spähen. Noch immer rührte sich nichts. Er ging zum Zaun, in den weiten, offenen Garten und betrachtete das Haus. Die Außenwände waren mit dem Alter von Weiß zu Cremefarben gedunkelt, wie die Erlenrinde ringsum. Das Dach war in gutem Zustand, und alle Zimmer hatten Fenster. Er konnte die Räume anhand ihrer symmetrischen Plazierung zuordnen. Die Küche, die Hintertür, durch die man die Haustür an der Vorderseite des Hauses sehen konnte, ein Wohnzimmer, und die Schlafzimmer und das Bad im Obergeschoss. Die Pferde beobachteten ihn aus der Ferne, und er rief nach ihnen, doch sie kamen nicht. Er hob das Gewehr und visierte sie mit dem Zielfernrohr an; ihre großen Augen blickten zurück, das ständige Mahlen ihrer langen Unterkiefer, während sie mit dem Fressen beschäftigt waren. Er ließ das Gewehr sinken und ging zum Haus.
    Mit dem Kolben der AR-15 schlug er eine der Glasscheiben in der Hintertür ein und griff hinein, um das Schloss zu öffnen. Drinnen fand er ein Haus mit Holzfußboden vor. Er lauschte – nichts außer dem Geräusch seines eigenen Atems und dem kurzen Verlagern seines Gewichtes auf dem Fußboden. Die Couch war als Bett zurechtgemacht. Grady ging hin und zog die Bettdecke weg, er schaute unter die Kissen, dann kniete er nieder und sah unter der Couch nach. Er wusste nicht, wonach er suchte. Noch immer hielt er die AR-15 in der Hand, und jetzt klinkte er den Kolben aus und hielt die Mündung auf den Rest des Hauses gerichtet. Als er sich aufrichtete, konnte er auf der Straße ein Auto am Haus vorbeifahren sehen. Die Rollos waren offen, und er sah, wie sich auf dem Rücksitz ein Kind umdrehte und ihn ansah. Er hielt noch immer das Gewehr in der Hand, machte jedoch keinerlei Anstalten, es zu verbergen. Er sah zu, wie das Auto vorbeifuhr und die Straße hinunter zwischen den Bäumen verschwand.
    Er fand ein kleines Esszimmer. Zwei der Stühle waren nicht an den Tisch geschoben. Er schob sie unter den Tisch, dann zog er sie wieder heraus und setzte sich auf den einen, gegenüber dem anderen. Im Obergeschoss fand er ein Bett, das nicht gemacht war. Er sah es an, ging zum Schrank und betrachtete die Kleidungsstücke. Er konnte das Parfum einer Frau riechen. Behutsam ließ er eine Seidenbluse durch die Finger gleiten. Er suchte nach einem Koffer, doch das Einzige in dieser Art, was er fand, war ein Seesack. Ein Weilchen lag er auf dem Bett, das Gewehr neben sich. Über sich hörte er, wie Regen zu fallen begann und aufs Dach klopfte. Grady schaute zur Decke hinauf, dann rollte er sich auf die Seite und bemerkte das Telefon. Er wählte *69 und wartete auf das Freizeichen.
    ***
    Das Mädchen schwitzte das Bettzeug durch. Nancy hielt mit einer Schüssel voll Eiswasser bei ihr Wache. Jetzt warteten sie ab und hofften, dass sie es überstehen würde. Thus Augen waren nur noch weiße Schlitze, in denen ein schmaler, dunkler Streifen der Iris zwischen den Lidern zu sehen war. Ihr Gesicht war gerötet, wo Nancy sie eben geohrfeigt und sie angeherrscht hatte: »Komm schon!« Sie geohrfeigt und sie dann an den Schultern gepackt und geschüttelt hatte, bis sich ihre Augen öffneten. »Bleib wach, verdammt noch mal!«
    Hunt konnte die Umrisse von Thus Körper unter der Decke sehen. Er sah den Schweiß, der sie von oben bis unten bedeckte, sah ihn aus den Poren ihres Gesichts quellen wie Wasserperlen, die sich vereinigten und aufs Bett hinunterliefen, wo sie dunkle Flecken auf dem Laken hinterließen. Sein Handy vibrierte erneut. Nancy blickte auf. Hunt wusste nicht, wo Roy steckte.
    »Wer ist da?«, fragte Hunt, das Telefon in der Hand. Der Anruf kam von seinem

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