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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Bruchköbel.«
    »Das nennt man Altersweisheit«, entgegnete Brandts Vater schmunzelnd.
    »Ja, ja. Ich bin jedenfalls weg. Tschüs, Mäuschen«, sagte er zu Michelle und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Bis morgen. Und schlaf gut oder wie die Engländer sagen – Good night, sleep tight, don’t let the bed bugs bite. Und träum was Süßes.«
    »Nacht.« Sie sah ihn aus ihren großen braunen Augen an, die einen ungewöhnlichen Kontrast zu ihren blonden Haaren bildeten und ihr einen besonderen Ausdruck verliehen. Er erinnerte sich noch gern an die Zeiten, als Sarah und Michelle kleiner waren und in sein Bett gekrochen kamen, um mit ihm zu kuscheln. Doch auch dies war Vergangenheit. Manchmal kam Michelle noch, um sich eine Kuscheleinheit abzuholen, aber Sarah war inzwischen zu alt, fand sie jedenfalls.
    Er verabschiedete sich von seinen Eltern und ging mit schnellen Schritten zu seinem Wagen. Er war gespannt, was Müller ihm zu sagen hatte.

Freitag, 20.00 Uhr
    Andrea Sievers und Elvira Klein trafen zeitgleich beim Portugiesen ein. Sie hatten am Fenster reserviert. Das Restaurant war noch spärlich besucht, nur etwa ein Viertel aller Tische war besetzt, was sicher auch noch mit den Schulferien zu tun hatte – sechs Wochen, in denen die Straßen leerer als sonst waren, die Staus entsprechend weniger, das Leben etwas ruhiger. Aus Lautsprechern erklang dezente Musik, der Kellner kam an den Tisch, brachte die Karte und fragte, was sie trinken wollten. Elvira Klein, die einen nur knapp bis zum Knie reichenden hellen Rock und eine modisch grüne Bluse anhatte, sah Andrea, die ein geblümtes luftiges Sommerkleid trug, fragend an.
    »Was nehmen wir? Du bist öfter hier als ich.« Sie hatte ihr Haar offen, was ihre Gesichtszüge weicher und femininer erscheinen ließ, und war dezent geschminkt.
    »Einen 97er Duas Quintas, bitte. Das heißt, zweimal.«
    »Wir haben leider keinen 97er mehr, aber ich kann Ihnen einen 2001er anbieten oder einen Quinta das Baceladas, ebenfalls ein exzellenter Wein.«
    Andrea sah den Kellner, den sie einigermaßen gut kannte, mit prüfendem Blick von unten herauf an. »Schauen Sie doch bitte mal in Ihrem hervorragend bestückten Weinkeller nach, ich wette, dort finden Sie noch eine Flasche vom 97er Jahrgang. Würden Sie das für uns tun?«, sagte sie mit säuselnder Stimme und unwiderstehlichem Augenaufschlag.
    Er machte eine leichte Verbeugung und erwiderte mitundurchdringlicher Miene: »Ich werde nachschauen, ob nicht vielleicht doch noch eine Flasche irgendwo versteckt ist.«
    »Ist der wirklich so gut?«
    »Besser. Ich hab zu Hause drei Flaschen davon, haben zwar ein Heidengeld gekostet, werden aber auch nur zu besonderen Anlässen getrunken.«
    Elvira Klein blätterte in der Speisekarte und sagte, ohne aufzuschauen: »Zum Beispiel mit Hauptkommissar Brandt?«
    »Unter anderem«, erwiderte Andrea und nahm sich ebenfalls die Karte vor. »Also, bringen wir das Wesentliche gleich hinter uns. Wie bist du draufgekommen, dass Peter und ich zusammen sind?«
    Elvira sah Andrea an und antwortete: »Inzwischen spricht doch jeder drüber …«
    »Das stimmt nicht, das wüsste ich. In der Rechtsmedizin weiß jedenfalls keiner davon. Also, woher weißt du’s?«
    Elvira lächelte mädchenhaft und etwas verlegen, wobei sie leicht errötete. »Ich habe kürzlich abends bei ihm angerufen und wollte ihn wegen eines Falls sprechen. Da hat mir eine seiner süßen Töchter so en passant mitgeteilt, dass er mit dir im Kino ist …«
    »Seine Töchter heißen übrigens Sarah und Michelle. Und woher weißt du, dass sie süß sind?«
    »Hab ich mir eben so gedacht.«
    »Aha. Und was hat sie gesagt? Oder andersrum, was hast du gefragt?« Andrea lächelte Elvira an und sah ihr in die Augen. Elvira hielt diesem Blick nicht lange stand und spielte mit der Serviette. Sie hatte ihre Fingernägel in einemunauffällig-auffälligen Rosé lackiert, ja, sie sah überhaupt aus, als würde sie sich nicht mit einer Freundin, sondern mit einem Mann treffen, um später entweder zu ihr oder zu ihm zu gehen. Nur, das hätte Elvira nie gemacht, dazu war sie viel zu zurückhaltend, das wusste Andrea.
    »Ich hab nur gesagt, dann ist er also mit deiner Mutter im Kino … Mein Gott, ich war neugierig, ob er jemanden hat.« Die Serviette war inzwischen ziemlich zerknautscht.
    »Du warst neugierig, ob er jemanden hat? Wieso das denn?«
    »Einfach so. Ich meine, ein alleinerziehender Vater mit zwei Töchtern, das ist doch eher

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