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Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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sich hin und erhob sich, und plötzlich bemerkte er
voller Überraschung, daß ihm jemand die Schuhe ausgezogen
und ordentlich neben das Bett gestellt hatte. Erstaunt runzelte er die
Stirn und setzte sich wieder, um die Schuhe anzuziehen. Sein Mantel und
Hut waren verschwunden; er suchte einige Zeit nach ihnen, bis er
schließlich zur Tür ging und diese vorsichtig öffnete.
Im Hause war alles ruhig. Er ging daher den Gang entlang und stieg die
rückwärtige Treppe hinab.
      Aus der Küche drang leise Musik heraus. Er
zögerte kurz an der Tür, öffnete diese jedoch dann und
trat ein. Die Musik kam aus einem Radio, das auf einem Regal in der
Ecke stand. Das Mädchen war am Gaskocher beschäftigt und
rührte irgend etwas in einem Tiegel an. Sie wandte sich schnell um
und sagte, ohne eine Spur von Lächeln zu zeigen: »Oh, Sie
sind schon wach.«
    Fallon nickte. »Warum haben Sie
mich schlafen lassen?« Achselzuckend entgegnete sie: »Sie
sahen aus, als ob Sie es nötig hätten.« Dann ging sie
zum Tisch und schöpfte Essen auf einen Teller. »Setzen Sie
sich und essen Sie etwas«, sagte sie dabei. Er bemerkte jetzt,
daß sie sich umgezogen hatte und einen Wollrock mit einem
grünen Pullover trug. In gewisser Weise sah sie reifer und
selbstbewußter aus.
      Fallon setzte sich und sagte dankend: »Ich
muß mich leider beeilen; um ein Uhr bin ich verabredet.«
      Während er aß, saß das Mädchen
an der gegenüberliegenden Seite des Tisches, hielt eine Tasse Tee
in der Hand und beobachtete ihn. Nach einer Weile sagte sie:
»Stuart hat einen Käufer für das Haus gefunden. Es wird
mir zwar nicht mehr viel einbringen – dazu ist es zu
baufällig –, aber immerhin besser als gar nichts.«
Fallon nickte zustimmend und fuhr fort zu essen. Aus irgendeinem Grunde
wußte er nichts zu antworten. Es lag eine merkwürdige
Spannung in der Luft, so, als ob jeden Moment etwas Entscheidendes
geschehen könnte. Und da beugte sich auch schon das Mädchen
zu ihm über den Tisch und fragte ihn eindringlich: »Sie sind
doch hier, um diesen Rogan zu befreien, stimmt's?«
      Er erstarrte, den Löffel halb zum Mund erhoben,
und sah sie forschend an. »Wer hat Ihnen das gesagt?«
      Befriedigt ließ sie sich wieder
zurückfallen. »Das konnte ich mir an den Fingern
abzählen. Es bedurfte etwas Außergewöhnlichen, um Sie
zurückzuholen. Ich hätte es gleich am Anfang wissen
müssen.«
    »Hat Stuart irgend etwas gesagt?« forschte Fallon.
      Sie schüttelte den Kopf. »Nichts
Besonderes. Er erwähnte Rogan nur beiläufig; meinte,
daß sie ihn bald nach Belfast bringen würden. Und dabei fiel
mir auf, daß zwischen dieser Tatsache und Ihrem Auftauchen eine
Verbindung bestehen muß.«
    Fallon schob den leeren Teller von sich
und sagte undurchdringlich: »Es hat sehr gut geschmeckt,
danke.« Sie beugte sich wieder über den Tisch, und in ihren
Augen begann Zorn zu funkeln. »Sie sind doch ein großer
Narr. Diesmal wird es Sie erwischen; Sie werden umkommen, und
wofür? Für einen kaltblutigen Mörder, der es verdient,
gehenkt zu werden.«
      Er schüttelte den Kopf und zuckte die Schultern.
»Manche Leute würden ihn einen tapferen Soldaten
nennen.«
      Sie lachte etwas schrill. »Reden Sie doch keinen
Unsinn. Er ist ein elender Terrorist, der Leute aus dem Hinterhalt
abknallt.«
      Er versuchte nicht, sie zu widerlegen, denn er
wußte, daß sie mindestens zur Hälfte recht hatte.
Einige Augenblicke lang sah er ihr in die funkelnden, zornigen Augen;
dann senkte er den Blick und begann, mit dem Messergriff Figuren auf
das Tischtuch zu malen. »Rogan hat eine Mutter«, entgegnete
er ihr schließlich. »Sie hat bereits ihren Mann und einen
Sohn verloren. Beide wurden für unsere Sache erschossen. Nun will
sie Rogan wenigstens behalten. Er ist ihr einziger Besitz, ihr letzter
Halt.«
      Anne stöhnte unwillkürlich und sprang dann
jäh auf. »Immer sind es die Frauen, die leiden«,
stieß sie heftig hervor. Einen Augenblick lang stand sie
bewegungslos, dann schüttelte sie langsam den Kopf.
»Trotzdem«, fuhr sie fort, »auch dieser Grund ist
nicht stark genug.«
      Fallon erhob sich vom Tisch und nahm Hut und Mantel
vom Kleiderhaken, wo das Mädchen sie zum Trocknen aufgehängt
hatte. »Ich muß jetzt gehen«, sagte er
zusammenhanglos.
      Sie kam langsam auf ihn zu, bis sich ihre Körper
fast berührten, und ihre Stimme war stahlhart, als sie sagte:
»Jene Frau ist nicht der wahre Grund, weshalb Sie herkamen, nicht
wahr?« Er

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