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Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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außer vielleicht, daß man ein leidlicher
Schütze ist.«
    »Und was ist, wenn jemand einen
Polizisten aus nächster Nähe von hinten niederknallt, wie es
Rogan tat? Was beweist das?«
      Seine Augen wurden schmal und hart. »Wer behauptet es, daß er so etwas tat?«
      »Ich habe es von Inspektor Stuart gehört.
Der zweite Polizist, der verwundet wurde, hatte es ihm berichtet. Rogan
hatte sie gestellt und die Hände hochnehmen lassen. Er befahl
ihnen, sich umzudrehen, und dann schoß er auf sie. Derjenige, der
überlebte, wurde am Rückgrat verletzt. Er wird zeitlebens im
Rollstuhl fahren müssen.«
      Fallon nahm die Zigarette aus dem Mund und
drückte sie sorgfältig im Aschenbecher aus. »Ich habe
plötzlich einen ekligen Geschmack im Munde…«
      Sie schüttelte ungeduldig den Kopf, streckte ihre
Hand herüber und legte sie ihm auf den Arm. »Um Himmels
willen, Martin, warum haben Sie sich in diese Angelegenheit
eingelassen? Warum denn nur?«
      Er stand auf und trat vom Tisch weg. »Sie haben
mich das gestern schon gefragt, und ich konnte Ihnen keine klare
Antwort geben. Auch heute kann ich das noch nicht. Einer der alten
Anführer hatte mich aufgesucht. Er drang in mich, die Befreiung
auszuführen. Ich lachte ihn aus, aber dann führte er Rogans
Mutter vor. Sie war seine Trumpfkarte, denn er wußte, daß
ich es nicht fertigbringen würde, ihrer Bitte zu
widerstehen.«
      »Ich habe Ihnen schon gesagt, daß auch sie kein zwingender Grand war«, setzte Anne ihm entgegen.
      Hilflos hob er die Schultern. »Ich
wünschte, Sie hätten sie gesehen: alt und niedergeschlagen
– und blind! Als ob sie nicht schon genug zu tragen hätte.
Das einzige, was sie noch hatte, war ihr Sohn. Ich konnte sie nicht
einfach davonschicken.«
    »Sie meinen, Sie hatten nicht den Mut dazu.«
    Er schritt nervös auf und ab und
schlug einige Male seine Faust in die Fläche der anderen Hand.
»Na schön, ich hatte nicht genug Mut. Sie können ihn ja
beweisen, wenn Sie einmal in einer ähnlichen Lage sind.« Er
drehte sich um und schaute sie voll innerer Verzweiflung an, dann
setzte er sich wieder, nahm eine ihrer Hände und preßte sie
fest.
      »Vielleicht habe ich nur nach einer
Entschuldigung gesucht. Ich hatte damals alles aufgegeben, weil ich
nicht mehr von der Richtigkeit unserer Sache überzeugt war. Ich
hielt plötzlich die Organisation und alles, wofür sie
kämpfte, für faul. Das ist der Grund, weshalb ich O'Hara
abblitzen ließ – und doch gab ich zu schnell nach, als die
Frau mich bat, ihr zu helfen. Vielleicht hatte ich nur nach einer guten
Entschuldigung gesucht.«
      Sie nickte. »Ihnen hat etwas gefehlt –
etwas, das Sie in Ihrer Hütte nicht finden konnten. Da glaubten
Sie, daß Sie es jenseits der Grenze finden würden.« In
ihrer Stimme schwang leises Mitgefühl.
      Er zog die Augenbrauen zusammen, seufzte erbittert und
erhob sich wieder. Ich weiß es nicht. Wirklich, ich weiß es
nicht.« Mit einem traurigen Lächeln trat er zum Fenster und
starrte hinaus in die Nacht und in den rinnenden Regen. Langsam, wie zu
sich selbst, sagte er vor sich hin: »Ich habe zu viele Jahre nur
der Gewalt gelebt. Mit dem Tun und dem Erleiden ist es etwas
Merkwürdiges, wie mit einer Droge: Wenn man einmal davon gekostet
hat, wirkt alles andere schal dagegen.«
      Traurig stand sie auf und begann, den Tisch
abzuräumen. »Tun und Erleiden – das genügt nicht!
Es muß noch etwas anderes geben, das die Leere in Ihnen
ausfüllen könnte.«
      Er wandte sich vom Fenster ab und lächelte
versonnen. »Fast fünf Jahre lang habe ich nach diesem
anderen gesucht. Ich hatte geglaubt, ein großer Schriftsteller zu
werden, aber ich bin nur ein drittklassiger Zeilenschinder. Dann habe
ich es mit dem Alkohol versucht, aber das ist natürlich auch keine
Lösung.«
    Sie schaute ihn aufmerksam an und sagte
mit fester Entschlossenheit: »Auf jeden Fall müssen Sie es
bald finden, sonst werden Sie sich selbst zerstören.«
      Er lachte mißtönend. »Vielleicht will
ich das gerade. Vielleicht will ich wirklich ein Märtyrer
werden.«
      Ein Schluchzen wollte aus ihr hervorbrechen; sie
preßte rasch eine Hand gegen ihren Mund und wandte sich ab. In
drei Schritten war er bei ihr und zog sie in seine Arme. Sie schluchzte
bitterlich, den Kopf in seinen Mantel gedrückt, doch dann machte
sie sich frei und meinte mit einem erzwungenen Lächeln:
»Also bitte, jetzt sollten Sie zufrieden sein! Sie haben es
erreicht, daß ich mich

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