Schrei in der Nacht
ein. Murphy fuhr im Bett
hoch, vom Schlaf noch durcheinander, und mit einem Ausdruck von
schrecklicher Angst und Bestürzung auf dem Gesicht. »Um
Gottes willen, Mr. Fallon, was ist denn los?«
Für einen Moment glaubte Fallon, daß Rogan
in seinem Bett unter der Decke zusammengerollt schliefe. Doch dann trat
er rasch vor, zog die Decke weg und enthüllte zwei Kissen.
»So ein Hund!« entfuhr es ihm, »so ein
verrückter Hund! Das wird für uns alle das Ende
bedeuten!« Er drehte sich zu dem Jungen um und befahl:
»Nimm deine Kleider und komm herunter in die Küche!«
Dann ging er zur Tür und verließ den Raum.
Das Mädchen stand voller Furcht am Fuß der Treppe. »Ist alles in Ordnung?«
»Fast«, sagte Fallon voll bitterer Ironie.
»Rogan macht nur einen kleinen Spaziergang!« Er ging auf
die Außentür zu und sah in die Dunkelheit und in den
fallenden Regen hinaus.
»Aber warum?« fragte sie verblüfft.
»Das verstehe ich nicht. Wohin könnte er denn gegangen
sein?«
Fallon schüttelte den Kopf und schloß die
Tür wieder. »Ich würde sonst was dafür geben, das
zu wissen«, meinte er. »Aber alles, was ich weiß,
ist, daß er fort ist – irgendwohin – und daß
dies einen Zweck hat!« Er drehte sich um und ging wieder in die
Küche. Murphy kam die Treppe herunter und trat ebenfalls ein.
»Haben Sie eine Ahnung, Mr. Fallon, wohin er gegangen sein
kann?« fragte er kleinlaut.
Fallon schüttelte den Kopf. »Hast du ihn nicht aufstehen hören?«
Der Junge errötete und sah zu Boden. »Ich
habe geschlafen, ich habe nichts gehört! Ich habe nicht
aufgepaßt«, setzte er schuldbewußt hinzu.
Fallon schnaubte und klopfte ihm auf die
Schultern. »Unsinn! Du warst nicht beauftragt, auf ihn
aufzupassen, keineswegs.«
Das Mädchen reichte Murphy eine Tasse Tee.
»Hat er irgend etwas zu dir gesagt, bevor ihr zu Bett gingt
– ich meine, etwas Besonderes?« wollte sie wissen.
Der Junge runzelte die Stirn und schüttelte dann
den Kopf. »Nichts besonders Ungewöhnliches. Er verließ
eine Weile den Raum, und ich hörte ihn auf der Treppe mit Mr.
Fallon diskutieren. Als er wieder zurückkam, war er sehr
wütend. Er lieh sich von mir einen Bleistift und schrieb irgend
etwas auf ein Stück Papier.«
Fallon sah voller Interesse auf. »Konntest du
erkennen, was er schrieb? War es vielleicht eine Adresse?«
Murphy schüttelte wiederum den Kopf. »Ich weiß es nicht; ich weiß es wirklich nicht.«
Fallon erklärte dem Mädchen: »Ich
beobachtete ihn, wie er in dem Telefonbuch etwas suchte. Er sagte, er
suche nach der Adresse eines alten Freundes, meinte aber, dieser
wäre nicht mehr verzeichnet.« Dann drehte sich Fallon wieder
dem Jungen zu und fragte: »Hast du sonst noch etwas
bemerkt?«
Murphy mußte wieder den Kopf schütteln.
»Nichts Besonderes. Rogan fluchte ein paarmal über Sie,
bevor er sich schlafen legte. Ach, er fluchte auch noch einmal
über den Kriminalinspektor, und er sagte, er würde es dem
noch einbläuen.«
Fallon legte die Stirn in Falten und fragte
verständnislos: »Warum haßt er bloß Stuart so
fürchterlich?«
Anne lachte bitter. »Weil er gute Arbeit
leistete. Er hetzte Rogan und ließ ihm zwei Monate lang keinen
Moment Ruhe, bis er ihn erwischt hatte.«
Murphy nickte zustimmend. »Bedenken
Sie auch Rogans Stolz, Mr. Fallon. Wenn man ihm in die Quere kommt, ist
er schrecklich. Es heißt, daß er niemandem vergibt, der ihn
einmal beleidigt hat.«
Fallon fluchte und gab wütend dem Tisch einen
Tritt. »Es war ein schwarzer Tag für mich, als ich zum
erstenmal seinen Namen hörte.«
»Sollen wir ihm nachgehen, Mr. Fallon?« schlug Murphy vor.
Fallon lachte unbeherrscht. »Ihm nach? Wo ist er
denn hingegangen? Weißt du das vielleicht? Es wäre Wahnsinn,
so etwas zu tun.« Er zuckte die Schultern und ging auf die
Tür zu. »Nein, alles was wir können, ist warten. Wenn
er getürmt ist, weil er glaubt, er hätte für sich allein
eine bessere Chance, dann wird er nicht zurückkommen, und wir
wollen froh sein, daß wir ihn los sind. Wenn er sich aber
aufgemacht hat, um jemanden aufzusuchen, wird er von selbst rechtzeitig
zurückkehren. – Oder die Polizei erwischt ihn«,
fügte er noch schnell ergrimmt hinzu.
»Aber was ist, wenn die Polypen ihn
kriegen?« stotterte der Junge. »Ich traue ihm nicht. Er ist
ein Schuft, Mr. Fallon, und es sieht ihm ähnlich, uns die Polizei
auf den Hals zu hetzen.«
Fallon verzog
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