Schrei in der Nacht
in seinen Zähnen zu stochern.
Auf seinen Stuhl zurückgelehnt, meinte er: »Wissen Sie, Mr.
Fallon, Sie haben diesmal in einem Wespennest gestochert!«
Fallon nahm sich eine Zigarette heraus und entgegnete
ruhig: »Nicht nur diesmal, sondern auch früher
schon…«
Der alte Mann nickte. »Das streite ich nicht ab, aber so wild wie diesmal waren Sie noch nie.«
Fallon beugte sich vor und kniff die
Augen zusammen. »Also los, Paddy, raus mit der Sprache. Was haben
Sie gehört?«
Conroy zog eine alte Tonpfeife hervor und begann sie
umständlich aus einem Tabaksbeutel zu stopfen. »Sie haben
diesmal Truppen aufgeboten, Mr. Fallon.« Er unterbrach sich, um
seine Pfeife anzuzünden, und als sie endlich zog, fuhr er fort:
»Wenn Sie etwa vorhaben, bei Donegall über die Grenze zu
gehen, dann schlagen Sie sich das aus dem Kopf. Zwischen unserer Stadt
und der Grenze liegen Soldaten, und die Polizei patrouilliert
ständig in diesen bewaffneten Wagen, die sie jetzt bekommen haben.
Das sind schreckliche Erfindungen, mit Funk ausgerüstet. Dagegen
hätten Sie keine Chance.«
Fallon nickte langsam, mit unbewegtem Gesicht. Unter
der ruhigen Oberfläche aber jagten sich seine Gedanken. Die Lage
war schlimm, viel schlimmer, als er es sich vorgestellt hatte. Doch
nach außen lächelte er und sagte: »Nur keine
Aufregung, Paddy. Ich hab' so meine Pläne.« Er beugte sich
vor, tippte Conroy an das Knie und setzte hinzu: »Mit Freunden,
denen er trauen kann, ist ein Mann nicht so schnell
verloren…!«
Conroy nickte heftig. »Das stimmt, Mr. Fallon,
das stimmt.« Dann unterbrach er sich und untersuchte seine
Pfeife. »Bloß die Sache mit dem Preis auf Ihren
Kopf…« Er schaute hastig auf: »Nicht etwa, daß
ich glaube, irgend jemand könne Sie verraten, Mr. Fallon; aber
fünftausend Pfund sind natürlich sehr viel Geld!«
Fallon nickte ruhig. »Das ist wahr. Aber
andererseits ist es nicht viel wert, wenn man es nicht ausgeben kann.
Und ich glaube nicht, daß die Organisation den Mann, der sich
dieses Geld verdiente, lange genug leben ließe, als daß er
es genießen könnte!«
Ein kurzes, lastendes Schweigen trat ein,
dann seufzte Conroy tief. »Auch das stimmt, Mr. Fallon.« Er
starrte einen Augenblick ziellos ins Weite, riß sich aber dann
zusammen und sagte gezwungen munter: »Lassen Sie uns lieber
wichtigere Dinge diskutieren, Mr. Fallon. Wie lange wollen Sie bei uns
bleiben?«
Ein warnendes Gefühl erwachte in Fallon, und er
entgegnete vorsichtig: »Ich weiß noch nicht genau; sicher
aber bis morgen abend.« In seiner Brieftasche hatte er noch
über hundert Pfund von dem Geld, das ihm O'Hara gegeben hatte. Er
zog die Scheine heraus, zählte zehn Pfund ab und steckte den Rest
mit gespielter Unachtsamkeit wieder zurück. Conroys Augen
leuchteten auf, als Fallon ihm das abgezählte Geld zuschob.
»Das ist eine kleine Anzahlung, Paddy. Natürlich bekommen
Sie später noch mehr.«
»Das war doch nicht notwendig, Mr.
Fallon«, stotterte Conroy, aber seine Hände waren schon
über den Tisch gestreckt und griffen gierig nach den zwei
Fünf-Pfund-Noten.
Die Küchentür öffnete sich, und Murphy
trat ein. »So, meine gute Tat für heute habe ich
vollbracht!« scherzte er. »Was geschieht jetzt?«
Conroy stemmte sich hoch. »Ich glaube, Sie sollten sich lieber
nach oben begeben, Mr. Fallon«, sagte er. »Es könnte
einer von den Nachbarn hereinkommen, und es wäre nicht gut
für Sie, hierzubleiben.«
Ein paar Augenblicke lang schaute Fallon forschend in
Conroys Augen, und dieser begann nervös zu lächeln.
»Also gut, Paddy«, meinte Fallon dann, »tun wir, was
Sie sagen!«
Conroy nickte. »Das ist am sichersten! Rose wird
Ihnen den Weg zeigen.« Er ließ sich wieder auf die Couch
fallen, und das Mädchen führte sie aus dem Zimmer hinaus.
Die beiden Männer folgten ihr über eine
knarrende, rohe Treppe empor zu einem engen Gang, von dem nur vier
Türen abgingen. Am Fuße des nächsten Treppenaufgangs
blieb Fallon stehen und fragte: »Was ist mit dem
Dachgeschoß los?«
Das Mädchen antwortete
kopfschüttelnd: »Die Treppen da hinauf sind morsch, Mr.
Fallon.« Sie wies verächtlich nach unten und fuhr fort:
»Er will sie immer mal in Ordnung bringen lassen, aber er kommt
nie dazu.« Dann öffnete sie die erste Tür, aber alle
prallten vor dem schlimmen Geruch zurück, der ihnen dort
entgegenschlug. Das Mädchen rümpfte die Nase und schloß
schnell wieder die Tür. »Das ist sein
Weitere Kostenlose Bücher