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Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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habe ich noch nie gehört…!«
    Fallon sprang auf und trat zum Fenster.
»Vielleicht ist sie schon tot. Ich habe sie seit zehn oder
zwölf Jahren nicht mehr gesehen.« Er drehte sich um und
sagte erklärend: »Sie hatte eine Wirtschaft mit ein paar
Morgen Land in den Sperrin-Bergen. Eine hübsche Gegend dort. Sie
wohnten in einem einsamen kleinen Tal, das kein Mensch weiter
kannte.« Die Erinnerung überkam ihn, und er mußte
lachen. »Wenn ich an das erste Mal denke, da ich dort war –
es ist jetzt vielleicht vierzehn oder fünfzehn Jahre her –,
da hatten wir in Deny ein Ding gedreht, und das ganze Land war gegen
uns aufgeboten. Damals hat sie mich für drei Wochen aufgenommen
und sich dadurch ganz schön gefährdet. Aber sie hat es
für Geld getan, nicht aus Patriotismus.«
    »Und Sie meinen, daß sie noch lebt?« fragte Murphy.
      »Wer weiß? Außerdem hatte sie zwei
Söhne, an die wir uns wenden könnten!« Fallon
überlegte kurz und setzte dann entschlossen hinzu: »Ich
glaube, es ist einen Versuch wert.« Dann ging er zum Bett und
gähnte. »Ich bin verteufelt müde. Dabei begreife ich
nicht, wovon.«
      Murphy nickte verständnisvoll. »Das kommt
von der Wunde, Mr. Fallon. Sie können bei solch einer schweren
Verwundung nicht erwarten, daß Sie in drei Tagen die Sache
überstanden haben!« Damit erhob er sich. »Schlafen Sie
sich ruhig aus; ich werde aufpassen. Beunruhigen Sie sich nicht. Beim
ersten Anzeichen von irgend etwas Verdächtigem werde ich Sie
sofort wecken!«
      Er verließ das Zimmer und schloß die
Tür leise hinter sich. Fallon legte sich auf das Bett zurück,
und die Augen sanken ihm zu. Das Kissen roch nach billigem Parfüm,
das Rose für aufreizend hielt. Er mußte an das Mädchen
denken und seufzte. Was für ein elendes Leben mußte sie
führen! Einen betrunkenen alten Schurken zum Vater und einen
Flohladen zur Heimat! Ihre einzige Zuflucht waren ihre Träume
voller Romantik und Abenteuer, die Kinobesuche und die billigen
Illustrierten. Und nun hatte er ihren Weg gekreuzt, ein Terrorist auf
der Flucht! Ein Mann, der Schlagzeilen machte! – Seufzend
versuchte er, den Druck auf der linken Brustseite etwas zu
lindern… Das einzige, was das Mädchen vom Leben zu erwarten
hatte, war ein Mann von der Sorte ihres Vaters: ein betrunkener, fauler
Bursche, der sie von morgens bis abends prügeln würde!
– Fallon mußte böse lächeln und dachte, daß
das Leben manchmal eine so faule Sache sei, daß es zum Himmel
stinke! Dann lenkte er entschlossen seine Gedanken von dem Mädchen
weg und richtete sie auf Anne; und schließlich sank er sacht und
angenehm in den Schlaf.
    Als er wieder erwachte, war es bereits
dunkel. Das Leuchtzifferblatt des billigen Weckers neben dem Bett
ließ ihn erkennen, daß es schon halb sieben war. Schnell
schwang er sich vom Bett und stand auf. Geräuschlos öffnete
er die Tür, trat aus dem Zimmer und ging zu Murphy. Als er dort
das Licht andrehte, erblickte er ihn friedlich schlafend, eine
Illustrierte auf der Brust. Einen Augenblick lang zögerte Fallon,
ob er den Jungen wecken solle, doch dann schloß er die Tür
wieder und ging zurück zum Zimmer des Mädchens. Kaum war er
wieder dort, als die Tür sich erneut öffnete und Rose selbst
mit einer Tasse Tee erschien. »Ich war vorhin schon einmal hier,
aber da schliefen Sie noch!« erklärte sie.
      Fallon setzte sich auf das Bett und nippte dankbar den
heißen Tee. Sie stand daneben und schaute ihm eifrig zu. Sie trug
jetzt einen alten samtenen Morgenmantel, der auf dem Fußboden
schleifte. Fallon stellte sich vor, daß ihr Vater dieses
Stück wahrscheinlich mit einer Ladung Altwaren gekauft hatte. Nach
einer Weile fragte er: »Wo ist Ihr Vater?«
      Ihr Gesichtsausdruck änderte sich jäh.
»Er trinkt schon den ganzen Nachmittag lang! Er sitzt in der
Küche und ist stockbetrunken.«
      Sie setzte sich neben Fallon auf das Bett, und der
auseinanderfallende Morgenmantel enthüllte ihre Beine.
Freimütig schlug sie sie übereinander, so daß oberhalb
ihrer Strümpfe ein Streifen rosigen Fleisches sichtbar wurde.
»Er macht mich noch ganz krank!« stöhnte sie.
      Fallon setzte vorsichtig seine Tasse nieder und
versuchte, den Blick von ihren Beinen fernzuhalten. »Ja, er ist
nicht gerade ein erhebender Anblick«, meinte er und wollte
aufstehen.
      Sie faßte ihn am Arm und hielt, ihn zurück.
»Aber mit mir ist es etwas anderes, nicht wahr, Mr.
Fallon?« Bevor er noch antworten konnte, warf sie ihm die

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