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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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rief das Hotel in Houston an. »Ich möchte eine Nachricht für Mr. Krueger hinterlassen. Würden Sie ihm bitte ausrichten, er möchte seine Frau anrufen, sobald er eingetroffen ist?«
    Texanisch herzhaft kam die Antwort des Mannes am Reservierungstresen: »Tut mir leid, aber da muß ein Irrtum vorliegen. Die Zimmer auf den Namen Krueger sind vor zwei Wochen abbestellt worden.«
    Um zwei Uhr kam Elsa herein. »Auf Wiedersehen, Mrs. Krueger.«
    Jenny saß im Wohnzimmer und betrachtete Carolines Porträt. »Auf Wiedersehen, Elsa«, sagte sie, ohne den Kopf zu wenden.
    Elsa ging nicht gleich. Ihre große Gestalt verharrte in der Türöffnung. »Tut mir leid, daß ich Sie verlasse.«
    »Mich verlassen?« Jäh aus ihrer Lethargie erwachend, sprang Jenny auf. »Was meinen Sie damit?«
    »Mr. Krueger hat gesagt, er würde mit den Mädchen verreisen. Er will mir Bescheid sagen, ob und wann ich wiederkommen soll.«
    »Wann hat er Ihnen das gesagt, Elsa?«
    »Heute morgen, als er in den Wagen stieg. Bleiben Sie ganz allein hier?«
    Das sonst so unerschütterlich dreinblickende Gesicht war sonderbar bewegt. Seit dem Tod des Babys hatte Jenny in Elsa ein Mitgefühl gespürt, das sie nicht erwartet hatte. »Ich denke, ja«, sagte sie leise.

    Als Elsa gegangen war, saß sie noch Stunden im Wohnzimmer und wartete. Wartete worauf? Das Telefon.
    Erich würde anrufen. Dessen war sie sicher.
    Wie sollte sie sich verhalten? Zugegeben, daß sie vorgehabt hatte, ihn zu verlassen? Er wußte es bereits.
    Ganz bestimmt. Sollte sie versprechen, bei ihm zu bleiben? Er würde ihr nicht glauben.
    Wohin hatte er die Mädchen gebracht?
    Es wurde dunkel im Zimmer. Es war an der Zeit, ein paar Lampen anzumachen. Aber sie hatte nicht die Kraft dazu. Der Mond ging auf. Sein Schein drang durch die Spitzengardinen und warf ein feines Netzmuster auf das Porträt.
    Schließlich ging sie in die Küche, machte Kaffee, setzte sich ans Telefon. Um neun Uhr fing es an zu klingeln. Ihre Hand zitterte so heftig, daß sie kaum abnehmen konnte. »Hallo.« Ihre Stimme war schwach, und sie fragte sich, ob sie am anderen Ende überhaupt zu hören war.
    »Mami!« Beth klang weit fort. »Warum hast du heute nicht mit uns kommen wollen? Du hast es doch versprochen.«
    »Maus, wo seid ihr?«
    Ein Geräusch, als ob jemand am anderen Ende den Hörer wegzog.
    Beths Stimme wurde lauter: »Ich will mit meiner Mami reden!«
    Tina unterbrach: »Mami, wir sind gar nicht mit dem Flugzeug geflogen, und du hast es versprochen!«
    »Tina, wo seid ihr?«
    »Hallo Liebling.« Erichs Stimme war betont fürsorglich. Tina und Beth schrien im Hintergrund.
    »Erich, wo seid ihr? Warum hast du das getan?«

    »Was getan, Liebling? Dich daran gehindert, mir meine Kinder wegzunehmen? Sie vor Gefahren bewahrt?«
    »Gefahren? Wovon sprichst du?«
    »Jenny, ich habe dir gesagt, ich würde dir helfen. Es war mein Ernst. Aber ich werde nie zulassen, daß du mich verläßt und meine Mädchen mitnimmst.«
    »Ich werde es nicht tun, Erich. Komm mit ihnen nach Haus.«
    »Das reicht nicht, Jenny. Geh zum Schreibtisch. Hol Schreibpapier und einen Füller. Ich warte solange.«
    Die Mädchen weinten immer noch. Aber sie konnte noch etwas anderes hören. Verkehrsgeräusche. Einen Lastwagenmotor. Er mußte von einer Telefonzelle an einem Highway aus anrufen. »Erich, wo seid ihr?«
    »Papier und einen Füller, hab’ ich gesagt. Ich werde diktieren. Du schreibst mit. Beeil dich!«
    Der edwardianische Sekretär war mit einem großen, goldenen Schlüssel verschlossen. Als sie versuchte, ihn zu drehen, zog sie ihn in ihrer Aufregung versehentlich heraus und ließ ihn fallen. Hastig bückte sie sich und hob ihn auf. Durch den plötzlichen Blutandrang zum Gehirn wurde ihr schwindelig. Als sie zum Telefon zurücklief, verlor sie das Gleichgewicht und mußte sich kurz an der Wand festhalten.
    »Ich bin wieder da, Erich.«
    »Es ist ein Brief an mich. Lieber Erich …«
    Sie klemmte den Hörer zwischen Schulter und Ohr und kritzelte die beiden Worte hin.
    Er redete sehr langsam:
    »Ich weiß, daß ich sehr krank bin. Ich weiß, daß ich fast jede Nacht schlafwandle. Ich glaube, ich tue schreckliche Dinge, an die ich mich anschließend nicht erinnern kann. Ich habe gelogen, als ich sagte, ich sei nicht zu Kevin ins Auto gestiegen. Ich hatte ihn gebeten, hierherzukommen, damit ich ihn überreden konnte, uns in Ruhe zu lassen. Aber ich wollte nicht so hart zuschlagen.«
    »Erich, das werde ich nicht schreiben. Es

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