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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ist. Jedes Jahr ist es so, als ob es erst vor kurzem passiert wäre. Als Joe mir erzählte, sein Onkel sei wieder in der Gegend, war es wie ein Boxhieb in den Magen. Mir ist plötzlich speiübel geworden. Dann bogen wir in die Zufahrt ein, und das Haus war beleuchtet. Ich hatte solche Angst, es könnte dunkel und leer sein, und dann habe ich die Tür aufgemacht, und du warst da, so schön und so froh, mich zu sehen. Ich hatte solche Angst, ich hätte dich vielleicht irgendwie verloren, während ich fort war.«
    Jenny kniete sich auf den Boden. Sie liebkoste seine Wange und Strich ihm eine Strähne aus der Stirn.
    »Du hast keine Ahnung, wie froh ich war, dich zu sehen.«
    Seine Lippen ließen sie nicht weiterreden.
    Als sie zu Bett gingen, griff Jenny nach einem ihrer neuen Nachthemden, hielt dann aber inne. Widerstrebend öffnete sie die Schublade, in der das seegrüne Nachthemd lag. Sie zog es an und hatte den Eindruck, daß es oben ein bißchen eng war. Gott sei Dank, das ist vielleicht die Lösung, dachte sie. Ich werde einfach aus dem verdammten Ding hinauswachsen.
    Später, kurz vor dem Einschlafen, wurde ihr auf einmal klar, was sie die ganze Zeit unbewußt gequält hatte, und sie fühlte, wie ihr Schweißperlen auf die Stirn traten: Erich schlief immer nur dann mit ihr, wenn sie dieses Nachthemd trug!
14
    Sie hörte, wie Erich vor Tagesanbruch durchs Zimmer lief. »Gehst du zur Hütte?« murmelte sie und versuchte, ihre Schlaftrunkenheit abzuschütteln.
    »Ja, Liebling.« Sein Flüstern war kaum vernehmlich.
    »Kommst du zum Mittagessen zurück?« Während sie langsam richtig wach wurde, fiel ihr ein, daß er davon geredet hatte, mehrere Tage hintereinander in der Hütte zu bleiben.
    »Ich weiß noch nicht.« Die Tür fiel leise hinter ihm ins Schloß. Nach dem Frühstück machte sie den gewohnten Morgenspaziergang mit den Mädchen. Die Ponys hatten die Hühner inzwischen als Hauptattraktion abgelöst, zumindest für Beth und Tina, die es auch diesmal kaum abwarten konnten, sie zu begrüßen, und vorausrannten.
    »Wartet, ihr zwei!« rief sie. »Paßt auf, ob Baron in seiner Box ist!«
    Joe war schon im Stall. »Guten Morgen, Mrs.
    Krueger.« Er strahlte über sein ganzes rundes Gesicht.
    Weiche blonde Locken quollen unter seiner Mütze hervor. »Hallo, Kinder!«

    Die Ponys waren schon versorgt worden, ihre dichten Mähnen und Schweife waren frisch gebürstet und glänzten. »Extra für euch gestriegelt«, sagte Joe. »Habt ihr ein paar Stücke Zucker mitgebracht?«
    Er hielt die Mädchen hoch, damit sie den Tieren den Zucker geben konnten. »Na? Soll ich euch wieder draufsetzen?«
    »Joe, bitte nicht«, sagte Jenny. »Mr. Krueger möchte dabeisein, wenn die Mädchen auf den Ponys sitzen.«
    »Ich will auf Tinker Bell sitzen!« krähte Tina.
    »Daddy läßt uns«, sagte Beth entschieden. »Mami, du bist gemein.«
    »Beth!«
    »Mami gemein«, sagte Tina. Ihre Lippen zuckten verräterisch.
    »Nicht weinen, Tina«, sagte Beth. Sie blickte zu Jenny hoch. »Mami, bitte.«
    Auch Joe sah sie an.
    »Nun…« Jenny zauderte, dachte an das Gesicht, das Erich gemacht hatte, als er sagte, Joe sei zu eigenmächtig. Sie konnte nicht riskieren, daß Erich ihr vorwarf, seine Wünsche bewußt zu mißachten.
    »Morgen«, sagte sie fest. »Ich werde mit Daddy reden.
    Und jetzt wollen wir sehen, was die Hühner machen.«
    »Ich will reiten!« schrie Tina. Ihre winzige Hand patschte gegen Jennys Bein. »Du böse Mami.«
    Jenny langte nach unten. Ehe sie sich bremsen konnte, hatte sie Tina einen heftigen Klaps auf den Po gegeben.
    »Und du bist ein sehr unartiges kleines Mädchen!«
    Tina lief heulend aus dem Stall. Beth folgte ihr. Jenny eilte den beiden nach: Sie gingen Hand in Hand zur Scheune. Als sie die kleinen Mädchen eingeholt hatte, hörte sie, wie Beth tröstend sagte: »Nicht traurig sein, Tina. Wir erzählen Daddy, wie böse Mami gewesen ist.«
    Auf einmal war Joe neben ihr. »Mrs. Krueger…«
    »Ja, Joe?« Sie wandte das Gesicht zur anderen Seite.
    Er brauchte nicht zu sehen, daß ihre Augen tränennaß waren. Sie wußte, wenn die beiden Erich darum baten, im Stall auf den Ponys sitzen zu dürfen, würde er es ihnen erlauben.
    »Mrs. Krueger, ich hab’ gerade an etwas gedacht. Wir haben einen kleinen Hund gekriegt. Wir wohnen nur einen halben Kilometer weiter an der Straße. Vielleicht möchten die Mädchen ihn sehen. Er heißt Randy.
    Vielleicht denken sie dann nicht mehr an die Ponys.«
    »Das ist eine gute

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