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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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gekommen wärst, hätte ich es morgen einfach noch mal angezogen.« Sie beschloß, das Thema zu wechseln. »Nun erzähl endlich, wie es in Atlanta gegangen ist.«
    »Es war ziemlich unerträglich. Die Galerieleute haben die meiste Zeit versucht, mich zu überreden, ›Erinnerung an Caroline‹ zu verkaufen. Sie hatten ein paar sehr gute Offerten und schienen die Kommission gebrauchen zu können.«
    »In New York ist dasselbe passiert. Vielleicht solltest du es nicht mehr ausstellen.«
    »Vielleicht stelle ich es nur deshalb aus, weil es immer noch mein bestes Bild ist«, sagte er gleichmütig. Wollte er damit Kritik an ihrer Bemerkung andeuten?
    »Ich muß nach dem Essen sehen.« Ehe sie aufstand, beugte sie sich zu ihm und küßte ihn. »He«, flüsterte sie.
    »Ich liebe dich.«
    Während sie den Salat schwenkte und eine Sauce Hollandaise zubereitete, rief Erich Tina und Beth in die Küche. Eine Minute später hatte er sie beide auf dem Schoß und erzählte anschaulich vom Peachtree Hotel in Atlanta, wo die Fahrstühle ganz aus Glas waren und wie ein fliegender Teppich in einer gläsernen Röhre am Gebäude hochschwebten. Eines Tages würde er sie dorthin mitnehmen.
    »Mami auch?« fragte Tina.
    Jenny drehte sich amüsiert um, doch ihr Lächeln gefror, als Erich antwortete: »Wenn Mami mitkommen will, ja.«
    Sie hatte einen Braten gemacht. Erich aß gut, aber zwischendurch trommelte er immer wieder nervös mit den Fingern auf die Tischplatte, und egal, was sie sagte, seine Antworten kamen einsilbig. Schließlich gab sie es auf und fing an, mit den Kindern zu reden. »Habt ihr Daddy schon erzählt, daß ihr auf den Ponys gesessen habt?«
    Beth legte ihre Gabel hin und sah Erich an. »Es hat Spaß gemacht. Ich habe ›hü‹ gesagt, aber Maus hat sich nicht gerührt.«
    »Ich hab’ auch ›hü‹ gesagt«, fiel Tina ein.
    »Wo war das?« fragte Erich.
    »Im Stall«, antwortete Jenny schnell. »Sie waren in den Boxen, und Joe hat sie nur für einen Augenblick hinaufgesetzt.«
    »Joe ist zu eigenmächtig«, unterbrach er. »Ich möchte dabeisein, wenn die Mädchen auf die Ponys gesetzt werden. Ich möchte sichergehen, daß er gut aufpaßt. Wie soll ich sonst wissen, daß er nicht so unvorsichtig ist wie damals sein verdammter Onkel?«
    »Erich, das ist schon so lange her. Und Joe kann doch nichts dafür.«
    »Es ist noch gar nicht lange her, da habe ich den alten Trunkenbold in der Stadt gesehen. Und Joe hat gesagt, daß er wieder da ist.«
    War Erich deshalb so außer sich? »Beth, Tina, wenn ihr fertig seid, könnt ihr aufstehen und mit euren neuen Puppen spielen.« Als die beiden außer Hörweite waren, fuhr sie fort: »Ist Joes Onkel das Problem, oder stimmt sonst etwas nicht?«
    Er langte über den Tisch und verschränkte seine Finger mit ihren, inzwischen eine vertraute, liebevolle Geste.
    »Du hast richtig vermutet. Ich glaube nämlich, Joe ist wieder mit dem Wagen in der Gegend herumgefahren.
    Der Kilometerzähler zeigt gut sechzig Kilometer mehr als vor vier Tagen. Er bestreitet natürlich, daß er es war, aber er hat ihn schon im Herbst einmal ohne Erlaubnis benutzt. Er hat dich doch nirgends hingefahren, oder?«
    Sie ballte die Hand zur Faust. »Nein.«
    Sie mußte etwas über Kevin sagen. Sie konnte nicht zulassen, daß Erich glaubte, Joe habe ihn angelogen.
    »Erich, ich …«
    Er unterbrach sie. »Und es sind die verfluchten Galerien. Vier Tage lang mußte ich diesem Idioten in Atlanta alle paar Augenblicke sagen, daß ›Erinnerung an Caroline‹ nicht verkäuflich ist. Ich halte es nach wie vor für meine beste Arbeit, und ich möchte es weiterhin zeigen, aber …« Er verstummte. Als er weiterredete, war seine Stimme nicht mehr so erregt. »Ich werde von nun an mehr malen, Jen. Es macht dir doch nichts aus, oder?

    Es bedeutet allerdings, daß ich drei oder vier Tage hintereinander in der Hütte bleiben muß. Aber es ist notwendig.«
    Enttäuscht dachte Jenny daran, wie lang ihr die letzten Tage vorgekommen waren. Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. »Wenn es notwendig ist, kann man nichts machen.«
    Als sie die Mädchen zu Bett gebracht hatte und in die Bibliothek kam, sah sie, daß Erich Tränen in den Augen hatte.
    »Liebling, was ist denn?«
    Hastig wischte er sich mit dem Handrücken die Augen trocken. »Verzeih, Jenny. Ich war so schrecklich deprimiert. Du hast mir so sehr gefehlt. Und nächste Woche ist Mutters Todestag. Du kannst dir vorstellen, wie schwer diese Zeit immer für mich

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