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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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weiß noch nicht, was ein Auto ist.«
    »Suchen Sie ihn doch«, sagte Jenny.
    »Mr. Krueger würde es nicht gerne sehen…«
    »Keine Angst, Joe. Das werde ich schon regeln. Die Mädchen wären schrecklich traurig, wenn Randy etwas passiert.«
    Sie sah ihm nach, während er den Feldweg hinunterlief, und sagte dann: »Kommt, ihr beide. Wir machen zuerst unseren Spaziergang. Ihr könnt die Ponys nachher besuchen.«
    Sie liefen voran über die Wiesen. Ihre Gummistiefel machten leise, quietschende Geräusche. Der Boden taute.
    Vielleicht gab es doch noch einen zeitigen Frühling dieses Jahr. Sie versuchte, sich die Weiden mit Luzerne und Gras vorzustellen, die vereinzelten kahlen Bäume mit dichten grünen Blättern.
    Sogar der Wind ging nicht mehr ganz so schneidend.
    Auf der großen Weide im Süden hatten die Rinder den Kopf gesenkt und schnupperten am Boden, als warteten sie schon auf die frischen Halme.
    Ich würde gern einen Garten anlegen, dachte Jenny.
    Ich habe keine Ahnung, wie es geht, aber ich könnte es lernen. Vielleicht fühlte sie sich nur deshalb so zerschlagen, weil sie nicht genug Bewegung hatte. Es waren bestimmt nicht nur die Nerven, denn wieder spürte sie jenes klamme Unbehagen. Wie versteinert blieb sie stehen. War es möglich? Großer Gott, war es möglich?
    Natürlich war es möglich.
    Genauso hatte sie sich gefühlt, als sie Beth erwartete.
    Sie war schwanger!
    Das erklärte, warum das Nachthemd auf einmal zu eng um die Brust gewesen war; es erklärte die leichte Benommenheit, das Unwohlsein; es erklärte sogar die depressiven Anwandlungen.
    Was für ein wunderbares Geburtstagsgeschenk, wenn sie Erich heute abend erzählte, daß sie wahrscheinlich schwanger war! Er wünschte sich einen Sohn, einen Erben für die Farm. Abends war doch sicher nicht dieselbe Bedienung im Restaurant wie zur Mittagszeit?
    Es würde schon gutgehen. Erichs Sohn.
    »Randy«, rief Tina. »Mami, guck mal, da ist Randy.«
    »O wie schön«, sagte Jenny. »Joe hat sich solche Sorgen gemacht.« Sie rief laut: »Randy, hierher.«
    Der junge Hund mußte über die Obstwiese gekommen sein. Er blieb stehen, wandte den Kopf und sah sie an.
    Beth und Tina liefen freudig schreiend zu ihm. Er kläffte begeistert, wedelte mit dem Schwanz und begann, zu der südlichen Wiese zu laufen. »Randy, bleib da«, rief sie, so laut sie konnte. Kläffend tollte der Hund weiter. Daß Erich ihn bloß nicht hört betete sie. Daß er bloß nicht zur Kuhweide läuft. Erich wäre außer sich vor Wut, falls der Hund die Kühe erschreckte. Fast ein Dutzend von ihnen waren hochträchtig.
    Aber Randy lief nicht zur Weide. Statt dessen änderte er die Richtung und fing an, an der östlichen Grenze des Besitzes entlangzurennen.
    Der Friedhof. Er lief genau dorthin. Jenny fiel ein, wie Joe darüber gescherzt hatte, daß Randy so gern in der Erde buddelte. »Als wollte er sich bis China durchgraben, Jenny. Sie sollten ihn mal dabei sehen.
    Sobald irgendein Fleck aufgetaut ist, bearbeitet er ihn schon.«
    Wenn der Hund jemals anfinge, auf den Gräbern zu scharren…
    Jenny überholte die Mädchen und rannte so schnell, wie sie auf dem rutschigen Boden nur konnte. »Randy«, rief sie wieder. »Randy, komm sofort hierher.«
    Und wenn Erich sie hörte? Schwer atmend lief sie um die Kiefern herum, die den Friedhof abschirmten, und erreichte die kleine Lichtung. Die Pforte stand offen, und Randy hopste zwischen den Grabsteinen herum. Sie blickte zu der Ecke mit Carolines Grab und sah, daß es mit frischen Rosen bedeckt war. Randy tollte hin und zertrat einige Blüten.
    Da sah sie von den Bäumen her ein metallisches Blitzen. Sie begriff sofort, was es war. »Nein, nein«, schrie sie. »Nicht schießen, Erich! Erschieß ihn nicht!«
    Erich trat aus dem Schutz der Bäume. Mit der Präzision einer Bewegung in Zeitlupe hob er das Gewehr.
    »Bitte nicht!« schrie sie.
    Der scharfe Knall der Waffe schreckte einen Schwarm Sperlinge aus den Kiefern. Mit aufgeregtem Geschilpe flatterten sie davon. Der Hund stürzte mit einem herzzerreißenden Jaulen hin und versank fast ganz in den Rosen. Jenny beobachtete mit ungläubigem Entsetzen, wie Erich den gutgeölten Verschluß betätigte und noch einmal auf das wimmernde Tier schoß. Als das Echo des Schusses verklang, wurde das Jaulen jäh leiser und verstummte dann.
18
    Die Stunden danach erschienen Jenny später wie ein Alptraum — verschwommen und schwer zu einem Bild zusammenzufügen. Sie erinnerte sich, wie sie halb von

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