Schrei in der Nacht
sie nur fortgehen könnte, Mädchen. Ihn sein eigenes Leben leben lassen.
Aber sie bekam ein Kind von ihm. Erich würde seinen Sohn lieben. Sie war sicher, daß es ein Junge sein würde.
»Nicht in dem Sinn, den Sie wahrscheinlich meinen«, antwortete sie.
»Stimmt es nicht, daß Sie Ihre Zuneigung zu ihm auf eine Weise bekundet haben, die eine Kellnerin und zwei weibliche Restaurantgäste schockiert hat?«
Einen Augenblick lang dachte Jenny, sie würde laut lachen. »Die Leute hier sind wohl sehr leicht schockiert.
Kevin hat mich geküßt, als ich ging. Ich habe ihn nicht geküßt.«
»Vielleicht sollte ich es anders ausdrücken, Mrs.
Krueger. Waren Sie nicht wütend, als Ihr geschiedener Mann hier auftauchte? War er nicht eine Bedrohung für Ihre Ehe?«
»Was meinen Sie damit?«
»Als Sie Mr. Krueger kennenlernten, haben Sie behauptet, Sie seien verwitwet. Mr. Krueger ist ein wohlhabender Mann. Er adoptierte Ihre Kinder.
MacPartland hätte Ihren hübschen Plan vermasseln können.«
Jenny sah Erich an. Sie wollte sagen, daß man nur einen Blick auf die Adoptionspapiere zu werfen brauchte, um zu sehen, daß Kevin sie unterschrieben hatte, daß Erich vor der Hochzeit von Kevin gewußt hatte. Aber warum? Dies war schon hart genug für Erich, auch ohne daß seine Freunde und Nachbarn erfuhren, daß er es gewesen war, der sie alle belogen hatte. Sie vermied eine klare Antwort.
»Mein Mann und ich waren uns vollkommen einig.
Wir wollten nicht, daß Kevin hierherkam, weil es die Kinder psychologisch zu sehr belastet hätte.«
»Aber die Kellnerin hat gehört, wie er zu Ihnen sagte, er würde nicht aufgeben, er würde die Adoption verhindern. Sie hat gehört, wie Sie sagten: ›Ich warne dich, Kevin.‹ Er war also eine Bedrohung für Ihre Ehe, stimmt das, Mrs. Krueger?«
Warum half Erich ihr nicht? Sie blickte ihn an und sah, wie sein Gesicht sich vor Zorn einen Ton dunkler färbte.
»Sheriff, ich denke, Sie sind nun weit genug gegangen«, sagte er fest. »Nichts könnte unsere Ehe je gefährden, schon gar nicht Kevin MacPartland, ob lebend oder tot.
Wir wissen alle, daß Rooney… hm, manchmal nicht ganz da ist. Meine Frau bestreitet, in das Auto gestiegen zu sein. Wollen Sie Anklage erheben lassen? Wenn nicht, fordere ich Sie hiermit auf, sie nicht weiter zu quälen.«
»Okay, Erich. Aber ich muß sie warnen. Es besteht die Möglichkeit, daß die Untersuchung wieder eröffnet wird.«
»Dem sehen wir gelassen entgegen.«
Bis zu einem gewissen Grad hatte er sie verteidigt.
Jenny merkte, daß sie über seine nüchterne Haltung überrascht war. Fand er sich etwa mit dem Skandal ab, in den sie ihn da hineinzog?
»Ich sage nicht, daß sie wieder eröffnet wird. Und ich bin nicht sicher, ob Rooneys Aussage etwas ändern würde oder nicht. Ehe Mrs. Krueger nicht anfängt, sich genau an die Geschehnisse zu erinnern, werden wir praktisch genau dort sein, wo wir bei der Verhandlung waren. Ich glaube übrigens nicht, daß irgendeiner von den Geschworenen insgeheim daran zweifelte, daß sie irgendwann in MacPartlands Auto gesessen hat.«
Erich begleitete den Sheriff zum Wagen. Sie blieben eine Weile dort stehen und redeten miteinander.
Mark blieb noch kurz bei ihr. »Jenny, ich würde gern einen Termin beim Arzt für Sie vereinbaren.«
Sein Gesicht war sehr besorgt. War es ihretwegen oder wegen Erich? »Bei einem Psychiater, nehme ich an?«
»Nein, bei einem guten altmodischen
Allgemeinmediziner. Ich kenne einen in Waverly. Sie sehen nicht gut aus. Diese Sache hat Sie sicher sehr belastet.«
»Ich denke, ich warte noch eine Weile, ehe ich zum Arzt gehe. Aber trotzdem vielen Dank.»
Sie mußte weg von diesem Haus. Die Mädchen spielten in ihrem Zimmer. Sie lief hinauf und holte sie.
»Wir wollen ein bißchen Spazierengehen.«
Draußen war es frühlingshaft. »Dürfen wir reiten?«
fragte Tina.
»Jetzt nicht«, sagte Beth. »Daddy hat gesagt; er reitet mit uns.«
»Ich will Tinker Bell Zucker geben!« rief Tina.
»Sicher, gehen wir zum Stall«, erlaubte Jenny. Eine Sekunde lang gab sie sich einem Tagtraum hin. Wäre es nicht herrlich, wenn Erich jetzt Baron sattelte und sie auf Feuermaid säße, wenn sie an einem so schönen Tag zusammen ausreiten könnten? Sie hatten es doch vorgehabt und sich darauf gefreut.
Joe arbeitete mit verdrossener Miene im Stall. Seit sie gemerkt hatte, daß Erich ihre Freundschaft mit ihm nicht billigte, daß er sogar eifersüchtig war, hatte sie sich bemüht, ihm aus dem
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